Verkehr

Lobautunnel: NÖ pocht auf Umsetzung

Der Stopp des Straßenprojekts ist laut Anwaltskanzlei des Landes gesetzeswidrig. Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) fordert eine rasche Errichtung zur Entlastung der Bevölkerung. Das Umweltministerium dementiert, derzeit werden Alternativen geprüft.

Das Land Niederösterreich hat die Einstellung der „Strategischen Prüfung Verkehr“ zur Wiener Außenring-Schnellstraße (S1) mit dem Lobautunnel beantragt. Der Bund müsse demzufolge „notwendige Bundesstraßenprojekte zur Entlastung der Bevölkerung umsetzen“, forderte Mobilitätslandesrat Schleritzko.

Das Klimaschutzministerium hatte mit Schreiben vom 28. September den Prozess für die S1 (Abschnitt Süßenbrunn bis Schwechat mit Lobauquerung) gestartet und unter anderem das Bundesland Niederösterreich zur Abgabe einer Stellungnahme bis 24. November ersucht.

Juristische Analyse: Verfahren gesetzeswidrig

Das Land beauftragte die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH (fwp), den Prozess zu prüfen. Der juristischen Analyse zufolge ist das Verfahren u. a. deshalb gesetzeswidrig, weil es „in deklarierter Weise nicht ergebnisoffen geführt wird“, hieß es. Gewessler will das Projekt aus dem Gesetz streichen, die „Strategische Prüfung“ ist Voraussetzung dafür.

Das Klimaschutzministerium spricht in einer Stellungnahme an noe.ORF.at von einem Verfahren, das „genau den gesetzlichen Vorgaben des SP-V-Gesetzes“ entspreche. Als nächsten Schritt werde man einen Umweltbericht erstellen, die Stellungnahme des Landes werde geprüft und fließe gegebenenfalls in die weitere Bearbeitung mit ein.

Ministerium: S8 sei schwer umsetzbar

„Das Projekt der S1 ist seit mehr als 20 Jahren im geltenden Bundesstraßengesetz enthalten, wurde jahrelang geprüft und muss nun vom Bund zur Entlastung vom Durchzugsverkehr so rasch wie möglich umgesetzt werden“, teilte Schleritzko mit. Genauso erwarte sich die Bevölkerung des Marchfeldes vom Bund eine rasche Errichtung der Marchfeld-Schnellstraße (S8).

Die S8 sei aufgrund gerichtlicher Entscheidungen aus heutiger Sicht schwer umsetzbar, heißt es wiederum seitens des Ministeriums. „Hier wurden wir durch das Gericht zurück an den Start geworfen.“ Es sei fraglich, ob die S8 gesetzlich bewilligungsfähig ist, da entlang der Strecke ein Vogelschutzgebiet liege und die Brutplätze des Triels. Man sei auf der Suche nach Alternativen, das Land Niederösterreich sei laut Ministerium allerdings nicht bereit dazu, in diesem Punkt zusammenzuarbeiten.

Land will Verfahren zur Gänze streichen

Das Land Niederösterreich hat in seiner Stellungnahme an das Ministerium beantragt, das Verfahren im Hinblick auf eine vorgeschlagene Netzänderung gemäß Paragraf 4 des Bundesgesetzes über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich (SP-V-Gesetz) „als zur Gänze gesetzeswidrig einzustellen“.

„Ferner soll es durch das Verfahren laut fwp zu einem willkürlichen individualgesetzlichen Außerkraftsetzen eines rechtskräftigen Bescheides (= die erteilte UVP-Genehmigung für das Projekt S1) kommen“, hieß es. Der Prozess würde laut Aussendung die Leitlinien für die Transeuropäischen Verkehrsnetze untergraben.

FPÖ kritisiert: „Reine Showpolitik“

Der Verkehrssprecher der FPÖ Niederösterreich, die sich für den Bau des Lobautunnels und der S1 ausspricht, warf der ÖVP „reine Showpolitik“ vor: Dieter Dorner vermutete in einer Aussendung einen Zusammenhang mit dem Landtagswahlkampf. Besser wäre es gewesen, auf die Einhaltung des geltenden Bundesstraßengesetzes zu bestehen, so der Mandatar.

Die Bundes-ÖVP habe zugestimmt oder zumindest geduldet, dass Gewessler „wichtige Infrastrukturprojekte aus ideologischen Gründen absagt“. Es bedeute auch, dass sowohl Schleritzko als auch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) „zu schwach“ seien, „um sich gegen eine wild gewordene grüne Verkehrsministerin durchzusetzen“.

Kritik hagelte es auch von Grünen-Landessprecherin Helga Krismer: „Die ÖVP soll prüfen und fordern, was sie möchte. Fakt ist, die ÖVP Niederösterreich beweist wieder mit ihrem Verhalten, dass sie am Asphalt klebt und eine fossile Partei ist, die aus der Zeit gefallen ist."