Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen
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Politik

Babler: Flüchtlingsverteilung ist „zahnlos“

Dass das Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen aus allen Nähten platzt, ist mittlerweile bekannt. Seit Monaten macht Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) darauf aufmerksam – bisher erfolglos. Nun forderte er für die Flüchtlingsverteilung eine neue gesetzliche Basis.

Das Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen (Bezirk Baden) platzt aus allen Nähten – nach wie vor werden dort wesentlich mehr Flüchtlinge betreut als Platz haben. Generell mangelt es derzeit an ausreichend Betreuungsplätzen in den Bundesländern. Zuletzt saßen auch viele Asylsuchende in Zelten an der steirisch-slowenischen Grenze fest, weil es für sie keine entsprechenden Unterkünfte gab.

Auf die Missstände in der Unterbringung und Betreuung Geflüchteter macht Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) seit Monaten aufmerksam. Geändert habe sich seither nichts, kritisierte er Donnerstagabend im Interview in der „ZIB 2“. Die derzeit geltende 15-a-Vereinbarung, in der die Verteilung der Flüchtlinge in Österreich zwischen Bund und Ländern geregelt ist, bezeichnete Babler als „zahnlos“.

Er fordere daher seit längerem, „dass es eine ordentliche Aufteilung und ein Betreuungsgesetz in Österreich mit Verbindlichkeiten, mit Rechten und mit Pflichten der Bundesländer braucht“. Gleichzeitig müsse eine „gute, qualitätsvolle Betreuung für die Flüchtlinge“ sichergestellt werden.

Schwankende Flüchtlingszahlen

Babler zufolge gehe es derzeit um etwa 4.000 Menschen ohne geeignete Unterbringung in der Grundversorgung -also für jene Zeit, in der geklärt wird, ob die Betroffenen beispielsweise einen Asylgrund haben und in Österreich bleiben können. In seinen Augen sei es nicht erklärbar, warum sich diese Plätze österreichweit nicht organisieren lassen, denn alleine in Traiskirchen seien heute etwa 2.000 Menschen untergebracht.

Die Zahl der Menschen in Grundversorgung unterliegt großen Schwankungen. Nach der großen Flüchtlingsbewegung im Jahr 2015 wurde im Februar 2016 mit ca. 86.000 Menschen in Grundversorgung ein Höhepunkt verzeichnet, danach gingen die Zahlen zurück. Anfang dieses Jahres befanden sich etwa 30.000 Menschen in Grundversorgung, aktuell meldet das Innenministerium ca. 93.000 Menschen. Von diesen entfallen etwa 40 Prozent auf Asylwerberinnen und Asylwerber. Bei den restlichen 60 Prozent handelt es sich um Ukrainerinnen und Ukrainer, die als Vertriebene ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht in Österreich haben.

Babler fordert Durchgriffsrecht des Bundes

Babler forderte in der „ZIB 2“ ein Durchgriffsrecht des Bundes, ähnlich wie nach der Flüchtlingsbewegung 2015. Nur so ließen sich die Bundesländer in die Pflicht nehmen, die nötigen Plätze auch tatsächlich zu schaffen.

Bürgermeister von Traiskirchen zu Asylstreit

Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) spricht unter anderem über die aktuelle Situation im Asylquartier im Ort und übt Kritik am Innenministerium.

„Temporär braucht es natürlich Durchgriffsrechte, weil jetzt schon Leute in Österreich sind, die wirklich schlecht behandelt werden und das wollen wir unseren eigenen Kindern nicht erklären, was da passiert ist. Aber es muss temporär sein, um die Situation zu verändern.“ Bei der Einsetzung von Durchgriffsrechten müsse man bei aller Notwendigkeit auch „vorsichtig“ sein, so Babler. Er betonte, dass die 15-a-Vereinbarung „eigentlich seit 15 Jahren nie funktioniert“ und forderte rasche Lösungen vonseiten des Innenministeriums, denn „verantwortlich für die Flüchtlingspolitik und für die Aufnahme ist der Bund“.

Eskalation sei „politisch gewünscht“

Die Situation sei Babler zufolge jedenfalls weder neu noch überraschend. Im Februar habe er zum ersten Mal Kontakt zum Innenministerium gesucht, um darauf hinzuweisen, dass sowohl die Kapazitäten als auch die Qualität in der Flüchtlingsbetreuung und -unterbringung verbessert werden müssten. Er kritisierte, dass das Migrationsthema politisch instrumentalisiert würde. Die Kritik richtet sich an die ÖVP-Innenminister der vergangenen Monate und Jahre – zunächst Karl Nehammer, heute Bundeskanzler, und anschließend Gerhard Karner.

Schon vor Monaten habe es vonseiten des Innenministeriums geheißen, „ja, das lösen wir. Noch zwei, drei Wochen und dann haben wir das alles gut im Griff. Und in Wahrheit ist der Eindruck immer weiter verstärkt worden, der mich zu meiner These gebracht hat, dass das irgendwie politisch eskaliert werden soll. Wie man heute sieht, ist das ja ein gewünschtes Thema, um vielleicht von anderen Themen abzulenken, die vielleicht nicht so gut sind, und die der ÖVP nicht gut zu Gesicht stehen“, so Bablers Kritik.