Marzek Werk Dnipro Ukraine
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Ukraine-Krieg

Marzek: Produktion 100 Kilometer vor der Front

Das ukrainische Werk des Verpackungsherstellers Marzek aus Traiskirchen (Bezirk Baden) läuft seit zehn Monaten in unmittelbarer Frontnähe. Bis jetzt ist es von Artilleriebeschuss verschont worden, die Firma trauert jedoch um einen gefallenen Kollegen.

Das Summen der Druckmaschinen für die Etiketten klingt in Traiskirchen genauso wie im zentralukrainischen Dnipro. Doch sonst haben beide Produktionsstandorte des Etiketten- und Verpackungsherstellers Marzek derzeit wenig gemeinsam. Denn das Werk in Dnipro liegt nur rund 100 Kilometer nördlich des umkämpften Atomkraftwerks Saporischschja.

„Es gibt regelmäßig Fliegeralarm, die Leute müssen dann sofort die Arbeit abbrechen und in die Schutzräume gehen“, schildert Geschäftsführer Michael Wareka zu Hause im knapp 1.400 Kilometer entfernten Konzernstandort in Traiskirchen. Noch ist das ukrainische Werk von Artillerieeinschlägen verschont geblieben. „Offensichtlich hat die Stadt Dnipro eine sehr gute Luftabwehr, sodass wenige Raketen und Drohnen ihre Ziele erreichen“, sagt Wareka. Lediglich einmal beschädigte eine Druckwelle einer Detonation die Fenster des Werks.

Marzek Werk Dnipro Ukraine
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Das Werk möchte Geschäftsführer Wareka um jeden Preis offen halten

Joghurtbecher und Gewürzsackerl für den Krieg

Produziert werden in dem Werk Folien und Verpackungen für Lebensmittel sowie Hygieneartikel für den ukrainischen Markt, etwa Joghurtbecher, Seifenverpackungen oder Gewürzbeutel. Weil diese Produkte im Krieg wie im Frieden nachgefragt werden, muss das Werk möglichst durchgehend betrieben werden.

Zu kämpfen haben die 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei vor allem mit den ständigen Stromausfällen wegen des russischen Beschusses auf ukrainische Energieinfrastruktur. Die Maschinen würden dann so schnell wie möglich heruntergefahren, dann werde gewartet bis der Strom zurückkommt. Er sei dankbar für das hohe Maß an Flexibilität seiner Mitarbeiter, betont Wareka.

Produktion in die Nacht verlegt

Sobald das Werk wieder Strom habe, informieren sich die Mitarbeiter über Social-Media-Gruppen gegenseitig und kämen zurück ins Werk. Bestellt hat die Firma nun auch einen Generator. Dieser kann allerdings nur geringfügig Abhilfe schaffen: Seine Energieversorgung reicht lediglich für Büros und Server, nicht für die Produktion.

Ein Großteil der Produktion finde nun außerdem in der Nacht statt, schildert Geschäftsführer Wareka. So könne der Strom tagsüber für den zivilen Bedarf genutzt werden, im Krieg zählt das als Maßnahme zum „Stromsparen“.

Ein Mitarbeiter gefallen

Zwei Mitarbeiter seien derzeit zur Armee eingezogen, zum Glück aktuell nicht im Frontdienst, ist Wareka erleichtert. Denn die Firma trauert um einen Mitarbeiter, der im April gefallen ist. „Er hinterlässt einen Sohn, eine Ehefrau und eine Mutter“, berichtet Wareka. Die Firma unterstützt die Hinterbliebenen seither mit Geld und Sachleistungen, unter anderem mit Brennholz für den Winter. Doch die Trauer unter den Kollegen macht sprachlos, in Dnipro gleichermaßen wie in Traiskirchen.

Das Werk will Wareka nach allen Möglichkeiten offen halten. „Es war offen, es ist offen und es wird offen bleiben“, heißt es. Der Zusammenhalt sei überwältigend, erzählt der Chef: „Ich glaube, es ist der Zusammenhalt, den sie dort haben, der ihnen die Kraft gibt, das Ganze zu machen.“