Nachdem der ORF-Redaktionsrat am Montagvormittag die Suspendierung Zieglers gefordert hatte, setzte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann zunächst eine Evaluierungskommission ein, die die Vorwürfe, die aktuell gegen den früheren Chefredakteur und nunmehrigen Landesdirektor Ziegler erhoben werden, prüfen soll. Am späten Montagnachmittag folgte eine weitere Stellungnahme, die einen vorübergehenden, teilweisen Rückzug Zieglers ankündigte.
„Landesdirektor Robert Ziegler hat mich heute gebeten, seine Zuständigkeiten hinsichtlich der aktuellen Berichterstattung, insbesondere der Berichterstattung zur Landtagswahl am 29. Jänner 2023, bis zum Vorliegen des Berichts der Evaluierungskommission jemand anderem zu übertragen", teilte Weißmann in einer schriftlichen Stellungnahme mit. Diesen Vorschlag habe er angenommen.
Ingrid Thurnher übernimmt Zuständigkeit
De facto bedeutet das einen teilweisen und vorübergehenden Rückzug Zieglers aus der Gesamtverantwortung, indem er seine Zuständigkeiten hinsichtlich der aktuellen Berichterstattung abgibt. Bis zum Vorliegen des Berichts soll laut Weißmann Hörfunkdirektorin Thurnher diese Verantwortung übernehmen. „Mit diesem Schritt ist sichergestellt, dass die Redakteurinnen und Redakteure des ORF Niederösterreich unter der Leitung von Chefredakteur Benedikt Fuchs unbelastet ihrer journalistischen Arbeit nachkommen können“, so Weißmann.
Nicht nur der Redakteursrat hatte seit Bekanntwerden der Vorwürfe die Suspendierung Zieglers gefordert, auch seitens der Politik gab es noch am Wochenende bereits mehrere Rücktrittsaufforderungen – mehr dazu in Kommission soll Vorwürfe gegen Ziegler klären (noe.ORF.at; 19.12.2022).
Die Redaktionssprecher des ORF Niederösterreich hatten am Montag festgehalten, „dass die Vorwürfe gegen Landesdirektor Robert Ziegler umfassend aufgeklärt werden müssen. Über eine Suspendierung entscheidet Generaldirektor Roland Weißmann. Wir gehen davon aus, dass Generaldirektor Weißmann zum Wohle der Redaktion des ORF Niederösterreich handelt.“
„Der vorläufige Rückzug von Ziegler ist das Mindeste", reagierte der Landesparteivorsitzende der SPÖ Niederösterreich und Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl auf die neuesten Entwicklungen. „Die Politik muss schlicht und einfach raus aus dem ORF, weshalb die Anhörungs- und Mitbestimmungsrechte der Landeshauptleute aus dem ORF-Gesetz gestrichen werden müssen! Und auch die Bundesländer sollen künftig keine Vertreter mehr in den Stiftungsrat entsenden können", so Schnabl.
Kommission nimmt noch diese Woche Arbeit auf
Die eingesetzte Kommission, die nun die Vorwürfe klären soll, wird vom ehemaligen ORF-Informationsdirektor und steirischen Landesdirektor, Gerhard Draxler, geleitet. Mit an Bord sind auch Martin Schauer, emeritierter Universitätsprofessor für Zivilrecht, Edgar Weinzettl, Direktor des ORF-Landesstudios Wien, Pia Scheck-Kollmann, ORF-Compliance-Beauftragte, und die ORF-Personaljuristin Elma Osmanovic. Sie sollen noch diese Woche ihre Arbeit aufnehmen.
Laut internen Chats und E-Mails aus dem ORF-Landesstudio Niederösterreich, die am Freitagabend publik wurden, soll sich Ziegler immer wieder für TV-Präsenz von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) eingesetzt und eine Art Message-Control zugunsten der Volkspartei betrieben haben. Er selbst spricht von „diffusen und nicht nachvollziehbaren Vorwürfen“. Er habe sechs Jahre lang „nach bestem Wissen und Gewissen“ die Redaktion des Landesstudios Niederösterreich geleitet.