Wirtschaft

Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit greift

Die Arbeitslosigkeit geht in Niederösterreich seit 21 Monaten in Folge zurück. Im Jahr 2022 konnten besonders viele Langzeitarbeitslose wieder ins Berufsleben einsteigen – also Menschen, die mindestens ein Jahr lang arbeitslos waren.

Der gebürtige Rumäne Sorin Deac arbeitet seit Februar dieses Jahres als Staplerfahrer bei der Firma Egger Getränke im St. Pöltner Stadtteil Unterradlberg. Bevor er diesen Job bekommen hat, hatte er immer wieder gesundheitliche Probleme und war fünf Jahre lang arbeitslos.

„Ich habe geglaubt, ich finde keine Arbeit mehr. Mit 53 Jahren Bewerbungen zu schreiben ist sehr schwer. Ich bekam immer Absagen“, erzählt der zehnfache Familienvater gegenüber noe.ORF.at – und das obwohl er jahrlange Berufserfahrung als Staplerfahrer hatte.

Geringere Chancen auf Vorstellungsgespräch

Ein Schicksal, mit dem Herr Deac nicht alleine ist. „Wir wissen aus Studien, dass jemand, der länger als neun Monate arbeitslos ist, eine um 30 Prozent geringere Chance hat, überhaupt zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden“, sagt Arbeiterkammer-Niederösterreich-Präsident Markus Wieser.

Dennoch ist der Trend am Arbeitsmarkt momentan ein sehr positiver. Seit mittlerweile 21 Monaten in Folge geht die Arbeitslosigkeit in Niederösterreich zurück. Und es zeigt sich vor allem, „dass in Niederösterreich die Langzeitarbeitslosigkeit drei Mal so schnell reduziert wird wie in den anderen Bundesländern“, so der für den Arbeitsmarkt zuständige Landesrat Martin Eichtinger (ÖVP).

Dass man viele Arbeitslose in Beschäftigung bringen könne, habe mit dem Wirtschaftsaufschwung der vergangenen Monate zu tun, meint AMS-Niederösterreich-Landesgeschäftsführer Sven Hergovich. Allerdings gebe es den Konjunkturaufschwung in allen anderen Bundesländern auch, aber nur in Niederösterreich sei man so erfolgreich bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, betont Hergovich.

Staplerfahrer Egger Getränke
ORF/Tobias Hollerer
Sorin Deac konnte wieder erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert werden

AMS-Betreuungsangebot deutlich ausgebaut

Diese „außergewöhnliche Situation“ führt er auch darauf zurück, dass die Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten des AMS Niederösterreich massiv verstärkt wurden. „In Zahlen heißt das, dass eine Betreuerin früher 300 Arbeitslose betreuen musste. Jetzt sind es im Schnitt rund 220 Arbeitsuchende pro Betreuerin“, rechnet Hergovich vor. Insgesamt wurden 34,5 neue Vollzeitstellen für den Beratungsbereich geschaffen, denn „ausreichend Beratungszeit ist wichtig, um Menschen, die schon ein Jahr oder länger arbeitslos sind, intensiv unterstützen zu können“, so Hergovich.

Außerdem bekommen Betriebe, die bereit sind, Langzeitarbeitslose einzustellen, eine Lohnkostenförderung – das war zu Beginn auch bei Herrn Deac vier Monate lang der Fall. 2023 stehen für die Lohnkostenförderung 40,4 Millionen Euro zur Verfügung. So könne man als Unternehmen die Kosten abdecken, die entstehen, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise eine längere Einarbeitungsphase brauchen oder nachgeschult werden müssen, sagt die Personalchefin bei Egger Getränke, Doris Höchtl.

Experten erwarten „Delle“ am Arbeitsmarkt

Solche Initiativen seien eine Win-win-Situation – für die Arbeitsuchenden, aber auch für die Betriebe, meint Wirtschaftskammer-Niederösterreich-Präsident Wolfgang Ecker – gerade in Zeiten, in denen vielerorts händeringend nach Personal gesucht wird. Eine gute Nachricht sei zudem, dass die Lehrlingszahlen steigen würden, aber „es gibt natürlich Luft nach oben“.

Weil die Wirtschaft insgesamt derzeit schwächelt, zeigt ein Blick in die Zukunft laut Experten jedenfalls, dass die Arbeitslosigkeit wieder zunehmen wird. Stefan Ederer, Ökonom beim Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO, spricht von einer „Delle am Arbeitsmarkt“. „Laut unseren Prognosen wird die Arbeitslosenquote ab dem zweiten Halbjahr 2023 und dann auch im übernächsten Jahr aber wieder weiter zurückgehen“, so Ederer. Und das große Ziel von Land, AMS und den Sozialpartnern ist auch im neuen Jahr, dass möglichst viele Menschen wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden können – wie das auch bei Sorin Deac der Fall ist.