Leere Piste bei Vorbereitungen auf Skiweltcup am Semmering
ORF/Klaus Fischer
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Sport

Semmering-Weltcup schürt große Hoffnungen

Trotz der jüngsten Warmwetter-Periode soll der Frauen-Ski-Weltcup am Semmering ab Dienstag programmgemäß über die Bühne gehen. Bei drei statt zwei Rennen hoffen die ÖSV-Technikerinnen auf eine Trendumkehr nach dem holprigem Saisonstart.

Das Wetter ist derzeit zwar nicht gerade winterlich und doch sollte dem Ski-Weltcup am Semmering nichts im Weg stehen. Trotz der deutlichen Plusgrade zehrt die Rennpiste am Hirschenkogel nämlich von einem guten Schnee-Grundstock, den man dank einiger kalter Tage im Vorfeld legen konnte. Bereits in der Vorwoche konnte deshalb grünes Licht gegeben werden – Grünes Licht für Semmering-Weltcup-Rennen (noe.ORF.at; 19.12.2022).

Je nach weiterer Wetterentwicklung muss die Piste entweder gefräst oder in letzter Konsequenz gesalzen werden, um eine harte Unterlage zu garantieren, erklärt Franz Steiner, der Chef des Organisationskomitees. Auch Rennleiter Anton Zuser zeigte sich am Montag im Gespräch mit noe.ORF.at zuversichtlich, dass die Piste alle drei Rennen und damit sechs Durchgänge aushalten wird.

Man habe eine „gute Auflage“ und die Wettervorhersage würde nun auch wieder etwas kältere Temperaturen für die nächsten Tage prognostizieren: „Jetzt braucht die Piste Ruhe, dann machen wir den Feinschliff mit Wasser und in der Nacht soll es zum Glück kälter werden als in den vergangenen Tagen.“ FIS-Renndirektor Markus Mayr beurteilt die Pistenverhältnisse ähnlich. Die Strecke hätte die vergangenen warmen Tage „gut“ überstanden. "Die Vorbereitung war sehr gut und wir haben eine kompakte Schneedecke geschaffen, davon profitieren wir jetzt. Das Wichtigste ist, dass alle drei Rennen fair über die Bühne gehen können.“

Erinnerung an „Geisterrennen“ und Sturm vor zwei Jahren

„Es wird ein dreitägiges Rennspektakel mit tollem Rahmenprogramm“, ist Steiner überzeugt. „Wir freuen uns auf ein Wiedersehen mit den Skifans.“ Mit den Rennen kehren heuer nämlich auch wieder die Fans zurück auf den Semmering. Vor zwei Jahren waren es CoV-bedingt „Geisterrennen“, die ausgetragen werden mussten. Auch das Wetter spielte damals nicht ganz mit: 2020 wurde der Riesentorlauf wegen Windböen nach dem ersten Durchgang mit Petra Vlhova als Führender abgebrochen.

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Stürmische Szenen am Semmering
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2020 wurde der Riesentorlauf wegen Windböen nach dem ersten Durchgang abgebrochen
Stürmische Szenen am Semmering
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Stürmische Szenen am Semmering
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Stürmische Szenen am Semmering
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Den Slalom gewann damals die Schweizerin Michelle Gisin vor Katharina Liensberger und Mikaela Shiffrin, die bereits auf vier Siege am Semmering zurückblicken kann. 2016 hatte der US-Star bei ebenfalls zwei Riesentorläufen und einem Slalom sogar den „Hattrick“ geschafft.

Der Rennplan am Semmering:

  • Dienstag, 27.12., 10.00 Uhr: Riesenslalom, 1. Durchgang
  • Dienstag, 27.12., 13.00 Uhr: Riesenslalom, 2. Durchgang
  • Mittwoch, 28.12., 10.00 Uhr: Riesenslalom, 1. Durchgang
  • Mittwoch, 28.12., 13.00 Uhr: Riesenslalom, 2. Durchgang
  • Donnerstag, 29.12., 15.00 Uhr: Slalom, 1. Durchgang
  • Donnerstag, 29.12., 18.30 Uhr: Slalom, 2. Durchgang

Alle Rennen werden live auf ORF1 übertragen.

„Hattrick“ am Semmering dank Sölden-Absage

Auch heuer stehen am „Zauberberg“ wieder drei Bewerbe auf dem Programm. Grund dafür ist die Absage des Sölden-Riesentorlaufs zu Beginn der Saison. Dieser wird am 27. Dezember auf dem Semmering nachgetragen. Am 28. Dezember findet ein weiterer Riesentorlauf statt, ehe das Weltcup-Spektakel am 29. Dezember mit dem Nachtslalom abgeschlossen wird. Tageskarten sind für alle drei Tage noch erhältlich.

Zuschauerprognosen wollte Franz Steiner im Vorfeld der Rennen keine abgeben. Er spricht allerdings von regem Zuspruch und einem VIP-Bereich, der längst ausverkauft ist – und das obwohl die beste Werbung in Form von rot-weiß-roten Top-Ergebnissen heuer bisher ausgeblieben ist, wie Steiner sagt: „Ich sage immer, pro Stockerlplatz im Vorfeld sind es ein paar hundert Leute mehr. Leider hat das heuer noch nicht so funktioniert. Aber ich rechne fest damit, dass es bei uns mit einem Podestplatz klappt.“

Hoffen auf Trendumkehr

Nach einem etwas holprigen Saisonstart hoffen die ÖSV-Frauen auch auf eine Trendumkehr am Semmering. „Heimrennen sind immer etwas Besonderes und mit einem zweiten Platz beim letzten Slalom am Zauberberg vor zwei Jahren habe ich tolle Erinnerungen an die Rennpiste“, betont etwa Katharina Liensberger, die sich nach dem Riesentorläufen am Dienstag und Mittwoch wohl im abschließenden Nachtslalom am Donnerstag die besten Chancen ausrechnet. „Ich hoffe natürlich, schnelles Skifahren zeigen zu können, und freue mich riesig, mit hoffentlich vielen Zuschauern wieder vor Ort den Zauberberg mit meiner Begeisterung als Skirennläuferin ‚verzaubern‘ zu können“, so Liensberger.

ÖSV-Aufgebot am Semmering

Nina Astner, Stephanie Brunner, Franziska Gritsch, Ricarda Haaser, Katharina Huber, Elisabeth Kappaurer, Katharina Liensberger, Elisa Mörzinger, Julia Scheib, Ramona Siebenhofer und Katharina Truppe

Erwartungen an den Semmering hat auch Ramona Siebenhofer: „Wenn ich ein sehr gutes Rennen habe, bin ich in den Top zehn“, sagt sie. „Wenn ein Rennen kommt, bei dem mir der Hang gut liegt und die Kurssetzung entgegenkommt, dann kann es in die Top fünf gehen.“ Der Hang am Semmering könnte ihr mit seiner einzigartigen Charakteristik liegen, meinte die Speed-Erprobte, die zuletzt jedoch kränkelte. „In diesem Schlauch oben kann man keinen runden Lauf setzen, da geht es doch eher dahin. Dort oben muss ich mir die Zeit holen.“

Im ÖSV-Aufgebot für die Riesentorläufe steht mit Julia Scheib auch eine Rückkehrerin. Die 24-jährige Steirerin hatte sich im Februar 2021 im Europacup-Riesentorlauf in Berchtesgaden durch einen Sturz einen vorderen Kreuzbandriss und einen Außenmeniskuseinriss im linken Knie zugezogen und die gesamte letzte Saison verpasst. Fehlen wird diesmal hingegen Lokalmatadorin Katharina Gallhuber. Sie hatte sich im August beim Training in Argentinien Kreuzband- und Meniskusrisse zugezogen – mehr dazu in Gallhuber nach schwerer Verletzung operiert(noe.ORF.at; 21.8.2022).

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Leere Piste bei Vorbereitungen auf Skiweltcup am Semmering
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Trotz zuletzt warmer Temperaturen sollte der Schnee drei Rennen lang halten, zeigte man sich am Montag im Organisationsteam überzeugt
Leere Tribüne bei Vorbereitungen auf Skiweltcup am Semmering
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Der VIP-Bereich ist bereits seit langem ausverkauft, herkömmliche Tagestickets sind noch erhältlich
Leere Piste bei Vorbereitungen auf Skiweltcup am Semmering
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Hier werden ab Dienstag wohl hunderte Menschen die Piste säumen. Zuschauerprognosen wollte Franz Steiner, der Chef des Organisationskomitees, allerdings keine abgeben.

Bisher nur vier Top-Ten-Platzierungen

In der aktuellen Saison gab es für die ÖSV-Frauen in sechs Technik-Rennen gesamt nur vier Top-Ten-Platzierungen, darunter einen Podestplatz als Ausreißer nach oben und zuletzt den vorläufigen Tiefschlag in Sestriere mit Katharina Truppe auf Platz 14 als Beste im Slalom. „Es rennt nicht so der Schmäh, wie es sonst oft der Fall ist“, bemerkte Ramona Siebenhofer zuletzt gegenüber der Austria Presse Agentur (APA). „Es ist schon seit dem Finale im letzten März eine Umbruchstimmung, weil sich sehr viel getan hat, was das Betreuerteam angeht.“

Karlheinz „Charly“ Pichler ist einer der Neuen. Der frühere Trainer von Tina Weirather beispielsweise meint in seiner Ursachenforschung: „Wir schwächeln derzeit speziell daran, im Schwungansatz den Speed mitzunehmen, weil zu viel Bewegung nach oben und hinten geht.“ Die verpuffende Energie ist für ihn gerade auf wechselnden Schneeverhältnissen buchstäblich eine Frage der Haltung. „Wir müssen ganz klar daran arbeiten, dass die Athletinnen das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und den Willen haben, bei jeder Art von Piste auch das Risiko einzugehen und trotzdem ruhig bleiben – mit Hektik geht gar nichts.“

Von allgemeinem Krisengerede hält Pichler nichts. „Katharina Liensberger wurde in Killington Fünfte – da sind wir von einer Krise weit weg.“ Ein Argument, das im Verband wohl stets zurecht angeführt wird, ist die „World Cup Starting List“ WCSL, ein Abbild der Kräfteverhältnisse – und damit auch Kaderstärke – auf Saisonbasis. Und die schildert Truppe, Österreichs Nummer eins, als elftbeste Riesentorläuferin der Welt aus. Es folgen Siebenhofer (15), Liensberger (16) und Ricarda Haaser (18). „An dem muss man auch die Erwartungen knüpfen. Ich kann nicht erwarten, dass jemand, der die letzte Saison als 18. beendet hat, mit Saisonbeginn aufs Stockerl hüpft“, betont Trainer-Routinier Pichler.