Umwelt & Klima

Neue Siedlungsgrenzen schützen 500.000 ha Boden

Um den Bodenverbrauch zu bremsen, hat man vor einem Jahr begonnen, eine neue, regionale Raumordnung zu erarbeiten. Inhaltlich ist der Prozess nun abgeschlossen. 500.000 Hektar Fläche sollen dadurch zusätzlich gegen Verbauung geschützt werden.

Bodenverbrauch

Unter Bodenverbrauch versteht man den Verlust an Grünflächen durch Bebauung und Versiegelung. Dadurch geht der Boden als Wasser- und Co2-Speicher sowie als Lebensraum für Pflanzen und Tiere verloren.

Vor etwas mehr als einem Jahr wurde angekündigt, dass die Idee des „Grünen Rings um Wien“ auf ganz Niederösterreich ausgerollt werden soll. Ungeordneter Verbauung und Zersiedelung sollte damit ein Riegel vorgeschoben werden – mehr dazu in Großprojekt: Wo darf was gebaut werden (noe.ORF.at; 20.10.2021).

Niederösterreich wurde dafür in 20 Regionen eingeteilt, erklärte Werner Pracherstorfer, Leiter der Abteilung Raumordnung und Gesamtverkehrsangelegenheiten beim Land Niederösterreich, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. „Wir hatten etwa 100 Sitzungen der Kommunikationsgruppe, 40 Regionsforen mit Gemeindevertretern und Vertretern aus den einzelnen Planungsregionen, und wir hatten mit allen 573 Gemeinden individuelle Planungsbesprechungen“, verdeutlichte Pracherstorfer den Aufwand des vergangenen Jahres. Auch Planungsbüros und Fachleute wurden in den Prozess einbezogen. Die Verantwortlichen sprechen vom „größten Regionalplanungsprojekt in der Geschichte Niederösterreichs und auch Österreichs“.

Raumordnungsplan
ORF/Birgit Zrost
Die Siedlungsgrenzen sind buchstäblich „rote Linien“, über die künftig nicht mehr gewidmet und gebaut werden darf

Nun seien diese „regionalen Leitplanungen“ inhaltlich abgeschlossen. Dabei wurden u. a. 1.780 Siedlungsgrenzen definiert, also „rote Linien“, über die nicht mehr gewidmet und gebaut werden dürfe. „Insgesamt werden rund 500.000 Hektar neu gegen Verbauung geschützt“, so Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP), „konkret mit 249.000 Hektar erhaltenswerten Landschaftsteilen, 228.000 Hektar agrarischen Schwerpunkträumen und 20.800 Hektar regionalen Grünzonen.“

Energieeffiziente Entwicklung der Ortskerne

Die Weiterentwicklung der Gemeinden soll sich damit auch wieder mehr in Richtung der Ortskerne verlagern. Um das möglichst umweltfreundlich zu gestalten, hat Gernot Stöglehner, Universitätsprofessor an der Universität für Bodenkultur, im Auftrag des Landes und gefördert vom Klimaschutzministerium, mit seinem Team „energieeffiziente Standorträume“ in allen 573 Gemeinden Niederösterreichs herausgearbeitet. Hier geht es um Energiepotenziale, ideale Standorte für neue Heizwerke und PV-Anlagen sowie die Frage, wo eine Siedlung geplant werden soll, damit wenig Verkehr entsteht.

Pernkopf mit Experten bei PK
ORF/Birgit Zrost
Gernot Stöglehner, Stephan Pernkopf und Werner Pracherstorfer (v. l.) präsentierten die Ergebnisse der Leitplanungen

„Diese Standorträume werden mit einem Planungsleitfaden und auch mit Informationsveranstaltungen für Gemeinden begleitet“, führte Stöglehner aus, „auf die Art und Weise haben wir eine Grundlage geschaffen, dass man in der örtlichen Raumplanung Klimaschutz und Energiewende besser berücksichtigen kann.“

„Lang gehegte Forderung umgesetzt“

Stöglehner, der sich als Institutsleiter intensiv mit Raum- und Umweltplanung beschäftigt, bewertet auch das Vorhaben zur regionalen Raumplanung im Gespräch mit noe.ORF.at grundsätzlich positiv: „Das ist eine lang gehegte fachliche Forderung, die regionale Planungsebene zu stärken und hier für die Gemeinden auch verbindliche Vorgaben in Bezug auf auch flächensparende Bebauung zu machen.“

Aber wurde diese Forderung zu spät umgesetzt? „Es hat alles seine Zeit“, meinte der Experte, „man hat sich in Niederösterreich in der Vergangenheit auf die Räume konzentriert, wo der Siedlungsdruck besonders groß ist, und hat das jetzt auf das gesamte Landesgebiet ausgerollt.“

Das Problem sei, dass es „dort, wo die Gemeinden alleine verantwortlich waren“, nicht immer funktioniert habe, „und wenn jetzt das Land verbindliche Vorgaben macht, dann sind die Gemeinden daran gebunden und können sich nur innerhalb dieser Grenzen und dieser Rahmenbedingungen weiterentwickeln. Und das ist gut so.“ Bis Ende 2023 sollen die Planungen in Form einer Verordnung des Landes umgesetzt werden, hieß es bei der Pressekonferenz.