Laut Bundesheersprecher Michael Bauer soll der Rekrut kurz vor der für 7.00 Uhr geplanten Wachablöse seine Kameraden im Wachlokal mit dem Sturmgewehr bedroht haben. Ein Vorgesetzter, der Offizier vom Tag, habe deeskalierend einschreiten wollen. Dabei sei es zu einem Gerangel gekommen, bei dem laut Bundesheer auch drei Schüsse fielen. Einer davon endete für den Rekruten tödlich.
Auch bei der Staatsanwaltschaft geht man mittlerweile davon aus, dass der Offizier in Notwehr gehandelt hatte. Noch zu Mittag hatte es von der Polizei geheißen, dass man in alle Richtungen ermittle – auch wegen Mordes. Am Abend teilte Erich Habitzl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, dann mit: „Momentan wird von einer Notwehrsituation ausgegangen. Es besteht kein dringender Tatverdacht wegen Mordes.“
Rekrut soll Offizier attackiert haben
Wie Aussagen des mutmaßlichen Schützen und von drei Zeugen sowie die Tatortgegebenheiten ergeben hätten, soll der 20-Jährige seinem Vorgesetzten mehrfach mit einem Sturmgewehr auf den Kopf geschlagen haben, so Habitzl gegenüber der APA. Der 54-jährige Unteroffizier erlitt eine stark blutende Wunde am Kopf. Während des Angriffs soll der Burgenländer seine Waffe gezogen und den Grundwehrdiener getötet haben.
Schüsse in Kaserne: Soldat tot
In der Flugfeldkaserne in Wiener Neustadt wurde am Freitag ein Wachsoldat getötet. Ein Vorgesetzter soll ihn erschossen haben, nachdem der 20-jährige Rekrut ihn und einige Kameraden mit einer Waffe bedroht hatte. Die Ermittlungen der Polizei laufen.
Der Unteroffizier erlitt eine Platzwunde und wurde laut Polizei im Spital ambulant behandelt. Der 54-Jährige wurde zunächst festgenommen, aber nach Befragungen wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Ermittlungen des Landeskriminalamtes Niederösterreich gehen weiter. Noch am Freitag wurden Spuren gesichert und Einvernahmen durchgeführt.
Der Auslöser des Vorfalls sei laut Habitzl weiterhin Gegenstand von Ermittlungen. Laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt sollen ein bis drei Schüsse abgegeben worden sein. Näheres soll ein Schussgutachten des Bundeskriminalamtes klären. Abzuwarten sei auch das Obduktionsergebnis. Geprüft werde außerdem, ob eine Tatrekonstruktion gemacht wird.
Heer will binnen 48 Stunden erste Ergebnisse vorlegen
Der Vorgesetzte sei „ein sehr, sehr erfahrener Unteroffizier, der schon sehr lange beim Bundesheer ist“, sagte Bauer gegenüber noe.ORF.at. Die Beteiligten werden laut einer Aussendung des Bundesheeres durch den Heerespsychologischen Dienst betreut. Seitens des Bundesheeres wurde eine Untersuchungskommission eingesetzt. Sie soll u. a. klären, wie es zu dem Schusswechsel gekommen ist. Ein Erstbericht soll nach 48 Stunden vorliegen.
Vor der Kaserne in Wiener Neustadt waren am Freitagvormittag mehrere Fahrzeuge von Polizei und Militärpolizei zu sehen. Die Spurensicherung war im Eingangsbereich und beim Wachlokal im Gange. Der Zaun vor dem Wachlokal wurde mit Tarnnetzen verhängt.
20-Jähriger seit Mitte Oktober in der Kaserne tätig
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums war der getötete Soldat am 5. September eingerückt und seit Mitte Oktober als Wachsoldat in der Flugfeldkaserne in Wiener Neustadt tätig. Aufgabe der Wachsoldaten sei es, die Zufahrt zum Kasernengelände zu bewachen. Die Wache bestehe aus zwei Grundwehrdienern sowie einem vorgesetzten Berufssoldaten, dem Offizier vom Tag. Zum Zeitpunkt des Vorfalls am Freitag hätten sich die Wachsoldaten und der Offizier vom Tag im Wachlokal bei der Wachablöse befunden.
Der verletzte Unteroffizier sei im Krankenhaus versorgt worden, habe aber keine Schussverletzung, hielt das Verteidigungsministerium fest. Der Mann sei seit 1987 beim Bundesheer und seit 2007 in der Flugfeldkaserne tätig und gelte „als einsatzerfahrener Soldat mit diversen In- und Auslandseinsätzen“. Er sei unbescholten und würde regelmäßig – ein- bis zweimal im Monat – den Dienst als Offizier vom Tag versehen.
Tödliche Hundeattacke im November 2019
Es war der zweite tödliche Vorfall in der Flugfeldkaserne innerhalb weniger Jahre. Im November 2019 war die Kaserne Schauplatz einer tödlichen Hundeattacke gewesen. Ein Soldat war von Belgischen Schäferhunden angefallen und getötet worden. Der 31-Jährige wurde leblos in einer Zwingeranlage aufgefunden.
Der Mann war unter anderem für Auslauf und Fütterung mehrerer Tiere zuständig gewesen. Ein Ermittlungsverfahren gegen den zuständigen Hundeführer und gegen nicht konkret ausgeforschte Verantwortliche des Bundesheers wurde Ende 2020 eingestellt – mehr dazu in Toter Soldat: Ermittlungen eingestellt (noe.ORF.at; 30.12.2020).