Kultur

Gobelsburg: Weinkeller mit Kreuzgang

Das Weingut Schloss Gobelsburg ist seit 1171 mit dem Zisterzienserstift Zwettl in Verbindung. Das zeigt sich auch in der Architektur des erweiterten Weinkellers, der die zisterziensische Bautradition mit neuer architektonischer Interpretation verbindet.

Da im Weingut Schloss Gobelsburg die Weine sehr lange reifen, wurde die Lagerfläche vor einigen Jahren zu klein, und so entschloss sich der Pächter Michael Moosbrugger im Einvernehmen mit dem Abt des Stiftes Zwettl, Johannes Maria Szypulski, den Keller ganz in der Bauphilosophie der Zisterzienser zu erweitern. „Die zisterziensische Architektur ist sehr charakteristisch für das Kloster, denn alle Klöster sind nach dem Schema errichtet: Man hat einen zentralen Innenhof, um den sich ein Kreuzgang spannt und um diesen Kreuzgang sind alle Funktionsräume angeordnet. Das haben wir hier nachempfunden. Auch bei uns sind nun alle anderen Teile an den zentralen Kreuzgang angedockt.“

Im Zuge der 850-Jahr-Feier der klösterlichen Weinproduktion ist 2021 ein Buch erschienen, in dem Abt Johannes erzählt: „Ich schmunzle oft, dass ich der Abt mit zwei Kreuzgängen bin. Der Kreuzgang im Weinkeller ist einzigartig, selbst die Proportionen und Maße des Stiftskreuzganges wurden übernommen.“

Die Ausführung ging an den Badener Architekten Roland Nemetz. Damit der Keller wieder weitere Jahrhunderte bestehen kann, wurde alles massiv in Ziegel und Stein gebaut, denn ein Kloster denkt in Jahrhunderten. Im Zentrum des Quadrats des Keller-Kreuzganges befindet sich eine ovale Steinschale, auch im Boden sind elliptische Linien eingelassen. Sie symbolisieren, dass das bauliche Vorbild aus einem anderen Weltverständnis kreiert wurde. Wir befinden uns im heliozentrischen Weltbild, für das die Ellipse der Planetenbahnen als Symbol steht, erklärte Michael Moosbrugger.

Die Verbindung Schloss und Stift

Das prachtvolle barocke Aussehen von Schloss Gobelsburg – dessen Ansicht in moderner Auslegung auch die Etiketten der Weinflaschen ziert, täuscht über das wahre Alter des Weingutes hinweg. Im Weinkeller wird dies deutlich. Hier sind historische Keramiken ausgestellt, Fundstücke aus der Umgebung, die auf eine Siedlungsgeschichte bis ins 16. Jahrhundert vor Christi Geburt zurückgehen. Man dürfe daher auch davon ausgehen, dass in diesem Gebiet bereits die Römer Wein angepflanzt haben, wenn nicht sogar bereits früher Kulturen, erläutert Michael Moosbrugger, der Pächter des Stiftsweinguts Gobelsburg.

Im elften Jahrhundert wurde Gobelsburg das Stammhaus der Kuenringer, die wichtige Ämter zur Zeit der Babenberger-Herrscher bekleideten. „Die Kuenringer kamen ursprünglich aus Deutschland, die ersten Vertreter in Österreich tragen auch den Beinamen ‚von Gobatsburg‘. Sie waren für 350 Jahre im Donauraum ansässig und waren bestimmend für die Entwicklung des Waldviertels und des Donauraums“, führt Moosbrugger weiter aus.

Hadmar I. legte 1137 den Grundstein für das Zisterzienserstift Zwettl. Die Kuenringer überließen den Zwettler Mönchen daraufhin 1171 erste Weinbaugebiete in Gobelsburg. Im 18.Jahrhundert ging das Schloss in den Besitz der Zisterzienser über, die das Haus im Barockstil erneuern ließen und den Keller ausbauten.

Das Haus der rollenden Fässer

Eine weitere Besonderheit des Weingutes sind die rollenden Fässer. Als Ende der 1990er-Jahre eine österreichweite Erneuerung, eine Technisierung im Weinbau, mit computergesteuerter, temperatur-kontrollierter Gärung in Stahltanks, einsetzte, ging man in Gobelsburg einen anderen Weg. Man stellte die großen und alten Holzfässer auf Rollen.

„Die Temperatur wird in Stahltanks sozusagen zum Wein gebracht, in Gobelsburg wird der Wein zur Temperatur gebracht“, erzählt Michael Moosbrugger mit verschmitztem Lächeln. „Die Fässer gehen hier auf Reise, während der Erntezeit kommen sie in einen warmen Bereich, wo die Weine ihre Vergärung durchmachen. Über Weihnachten und Neujahr kommen sie ins Freie, wo sie die Weinsteinstabilisierung vollziehen. Danach kommen sie in den Reifekeller, wo sie bis zur Abfüllung verbleiben.“

All das kann man in Keller-Führungen sehen, die immer freitags und samstags am Nachmittag durchgeführt werden, wenn der laufende Betrieb dadurch nicht gestört wird.