Chronik

Musikschulen: Entlassener Lehrer klagt Gemeinde

In der Causa rund um schwere Vorwürfe gegen Musikschuldirektoren und -lehrer in Niederösterreich meldet sich nun einer der Beschuldigten zu Wort. Er spricht von Mobbing gegen seine Person und hat Klage gegen seine Entlassung eingereicht.

Sein Mandant, ein „langjähriger Musikschullehrer“, sei bestens in seinem Beruf integriert gewesen, habe seinen Beruf geliebt und diesen immer ordnungsmäßig „übererfüllt“, sagt der Anwalt des im Dezember entlassenen Lehrers, Johannes Bügler, gegenüber noe.ORF.at. Die Entlassung war durch den Bürgermeister der Gemeinde erfolgt, nachdem mehrere Eltern Vorwürfe gegen den Mann erhoben hatten. „Gründe für die Entlassung wurden ihm keine genannt“, berichtet der Anwalt.

Weil er die Vorwürfe gegen seine Person nicht kenne, könne sein Mandant auch nicht Stellung dazu nehmen, so Bügler. Der Lehrer ficht die Entlassung aber mit einer Klage gegen die Gemeinde an. „Diese Klage habe ich bereits bei Gericht eingebracht“, sagt der Anwalt des Mannes.

Lehrer vermutet eine Person hinter Vorwürfen

Der entlassene Lehrer spricht auch von Mobbing gegen seine Person. Wer hinter den Vorwürfen stecke, die zu seiner Entlassung führten, sei für ihn relativ klar, so Bügler: „Mein Mandant vermutet, dass hier eine bestimmte Person, die auch in dem Betrieb tätig ist, gegen ihn interveniert. Das tut diese Person schon lange. In diesem Sinne führt mein Mandant auch schon seit längerer Zeit ein entsprechendes Protokoll, ein Stalking-Protokoll.“ Eine Antwort der Gemeinde auf die Klage stehe noch aus.

Die betroffene Gemeinde wird durch Anwalt Klaus Perl vertreten. Der Bürgermeister habe mit der Entlassung „am 23. Dezember 2022, einen Tag nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Zuge eines Elterngespräches, reagiert und dienstrechtliche Maßnahmen gesetzt. Im Zentrum des Interesses steht das Wohl der rund 300 Schüler:innen und der Ruf der Musikschule“, sagt dieser in einem schriftlichen Statement. Nähere Informationen zum Sachverhalt könne er nicht geben, solange das arbeitsrechtliche Verfahren noch laufe.

37 Beschwerden bei Ombudsstelle

Bei der im Dezember eigens eingerichteten Ombudsstelle für Musikschulen seien unterdessen schon 37 Beschwerden eingelangt, teilt die Ombudsfrau und Niederösterreichs Gleichbehandlungsbeauftragte Christine Rosenbach im Gespräch mit noe.ORF.at mit. Am Montag waren es noch 31 gewesen – mehr dazu in Musikschulen: 31 Beschwerden (noe.ORF.at; 10.1.2023). Die meisten davon seien von Lehrerinnen eingebracht worden, sagt Rosenbach. Sie rechnet noch mit weiteren Beschwerden.

In den meisten Fällen handle es sich um „Vorwürfe zur Belästigung, sexuellen Belästigung, von Lehrerinnen, Schülerinnen, auch Müttern zum Teil. Aber der Bogen geht bis zu Fragen und Problemen, Beschwerden dienstrechtlicher Natur.“ Etwa von Dienstverträgen, die nicht schriftlich ausgestellt worden seien, und der willkürlichen Vergabe von Stunden an Lehrerinnen und Lehrer.

Rosenbach vermutet, dass die meisten der Betroffenen aus Angst wegen des wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses geschwiegen hatten. Die Lehrerinnen und Lehrer seien von den Stunden an den Musikschulen abhängig und hätten um ihre Existenz gefürchtet. Dass nun auf einmal so viele Vorwürfe erhoben werden, liege wohl am Dominoeffekt: „Da ist eine aufgestanden, hat das publik gemacht und daraufhin haben dann andere gesagt: Okay, mir ist sowas Ähnliches passiert oder das Gleiche passiert, ich sag’ es auch“, so die Ombudsfrau.