Deutschförderklassen Wiener Neustadt
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Deutschförderklasse soll verbessert werden

Seit Jahren wird immer wieder Kritik an den Deutschförderklassen laut. Auch eine Studie der Uni Wien ortete zuletzt Verbesserungspotenzial. Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) hat bei einem Besuch der Volksschule Otto Glöckel in Wiener Neustadt Verbesserungen angekündigt.

Erster Stock links, letzter Klassenraum am Ende des Ganges: Hier lernen die zwölf außerordentlichen Schülerinnen und Schüler der Volksschule Otto Glöckel in Wiener Neustadt Deutsch. In der ersten Reihe, gleich beim Lehrertisch, sitzen Yasmin und ihre Freundin Leyla. Sie kann schon ihren Namen buchstabieren. Was sie an ihrer Klasse möge? „Meine Freunde, meine Frau Lehrerin, alles.“ Die Mädchen kichern.

Am anderen Ende des Schultrakts sitzt Ariane Schwarz in ihrem Büro. Heute ist kein Tag wie jeder andere für die Schuldirektorin: In wenigen Minuten wird der österreichische Bildungsminister eintreffen und die Deutschförderklasse besichtigen. Denn die Volksschule Otto Glöckel gilt als Vorzeigestandort, hier wurde auch das Pilotprojekt für die Deutschförderklassen durchgeführt.

89,7 Prozent Migrationshintergrund, fast 100 Prozent Erfolg

Die Otto Glöckel-Schule hat einen Migrationsanteil von 89,7 Prozent. Viele Eltern hätten zwar die Staatsbürgerschaft, würden zu Hause aber kein Deutsch sprechen, sagt Schwarz. Die meisten Kinder könnten schon nach einem Jahr von der Deutschförderklasse in den regulären Unterricht wechseln – für Schwarz ein Erfolg. Das ist nicht allein dem großen Einsatz der speziell geschulten Lehrerin geschuldet.

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Direktorin Ariane Schwarz führt Bildungsminister Martin Polaschek und Bürgermeister Klaus Schneeberger (ÖVP) durch ihre Schule

Alle Kinder in der Deutschförderklasse sind in derselben Schulstufe, sie können also nach demselben Lehrplan unterrichtet werden. „Die Lehrerin kann sich wirklich darauf konzentrieren, dass die Kinder in allen Gegenständen Fortschritte machen“, sagt Schwarz gegenüber noe.ORF.at. Das sei nicht überall so.

Ein weiterer Vorteil: Die Gruppe ist mit zwölf Kindern relativ klein. In anderen Schulen sind die Klassen doppelt so groß, mit Kindern von der ersten bis zur vierten Schulstufe. „Bei uns geht es nicht darum, die Kinder irgendwie unter einen Hut zu bringen. Wir haben wirklich die Möglichkeit, die Kinder zu unterstützen und zu fördern.“

Viel Kritik an den Deutschförderklassen

Dass nicht alle Schulleiterinnen und Lehrer so zufrieden mit dem Modell der Deutschförderklassen sind, hat jüngst eine Studie der Universität Wien im Auftrag des Bildungsministeriums gezeigt. 693 Befragte aus 93 Schulen in ganz Österreich zeigen auf, wo die Schwachstellen des Modells liegen. Zum Beispiel bei dem MIKA-D genannten Test, mit dem die Deutschkenntnisse überprüft werden sollen. Wichtig sei dabei, wieviel sie verstehen und wie gut sie sich ausdrücken können. Derzeit liege der Fokus auf der Grammatik.

Ein weiterer wichtiger Punkt sei, dass nur Lehrpersonen in der Deutschförderung unterrichten sollten, die eine entsprechende Ausbildung haben, sagt Studienleiterin Christiane Spiel. Sie ist Professorin für Bildungspsychologie an der Universität Wien. Außerdem dürfe die Förderung nicht automatisch nach zwei Jahren aufhören. „Am größten war der Wunsch nach mehr Autonomie und mehr Flexibilisierung bei der Entscheidung über die Art der Förderung und darüber, ob die Kinder schon aufsteigen können“, sagt Spiel.

Überarbeiteter Deutschtest und mehr kompetente Lehrer

In der Volksschule ist inzwischen Bildungsminister Martin Polaschek eingetroffen, gemeinsam mit Bürgermeister Klaus Schneeberger. Für ein Statement vor den anwesenden Journalisten wurden auf dem Gang Stehtische aufgebaut, im Hintergrund hängen bunte Bastelarbeiten der Kinder. Polaschek sagt, wie wichtig das Erlernen der deutschen Sprache für die Kinder sei und spricht davon, dass die Deutschförderklassen ein Erfolg seien. Mit Zahlen könne er das nicht belegen. Das Beispiel Volksschule Otto Glöckel muss genügen.

Auf Nachfrage von noe.ORF.at kündigt Polaschek an, einige der Empfehlungen der Studie umzusetzen. Dass die Deutschförderung auch nach dem Wechsel in den Regelunterricht fortgesetzt werden soll, sei bereits beschlossene Sache. Nun wolle man auch den Deutschtest MIKA-D überarbeiten. „Das werden wir natürlich in Angriff nehmen“, so Polaschek. Er räumt auch ein, „dass wir deutlich mehr Personen brauchen mit den entsprechenden Kompetenzen, um in solchen Klassen zu unterrichten. Es braucht mehr Angebote für interessierte Personen. Das nehmen wir natürlich sehr ernst und auch hier überlegen wir uns bereits entsprechende Maßnahmen.“

Nur in einem Punkt wollte sich der Minister an diesem Montagvormittag in Wiener Neustadt nicht festlegen: mehr Autonomie für die Lehrerinnen und Lehrer. Man setze sich aber intensiv mit dem Thema auseinander, so Polaschek.