Kugelbombe Kugelbomben
Pressefoto Daniel Scharinger
Pressefoto Daniel Scharinger
Chronik

Härtere Strafen für illegale Böller gefordert

Wegen illegal gekaufter Böller hat es in der Silvesternacht zwei Tote, einen Schwerst- und viele Leichtverletzte gegeben. Ein Hotspot ist laut Polizei direkt an der Grenze in Tschechien. Pyrotechniker und Experten fordern nun Konsequenzen, etwa härtere Strafen.

Rucksäcke, Halstücher, färbige Autositzunterlagen oder diverse Lampen – das Sortiment im Asia Bazar – einer großen Markthalle unmittelbar nach dem Grenzübergang Kleinhaugsdorf (Bezirk Hollabrunn) in der Nähe der Excalibur-City – besteht ausschließlich aus Billigstprodukten „Made in Asia“. Bei einem Lokalaugenschein von noe.ORF.at ging es dieser Tage eher beschaulich zu.

Vereinzelt schlenderten Kundinnen und Kunden von Stand zu Stand. Deutsch oder Englisch sprach von den großteils asiatischen Händlern so gut wie niemand. Filmen oder Fotografieren waren in der Markthalle verboten. Nach Raketen und Böllern suchte man nun vergeblich, der Jahreswechsel sei schließlich vorbei, gaben die Verkäufer eher mit Händen und Füßen zu verstehen.

Silvester-Böller als Millionengeschäft

Im Dezember war das noch ganz anders, denn die Wochen vor dem Jahreswechsel sind für einige Händler ein Millionengeschäft, hört man in der Branche. Schon beim Eingang sowie auf den Parkplätzen daneben gab es praktisch alles, was das Pyrotechnikherz höherschlagen lässt. Und auch auf den Verkaufsständen in der Markthalle wurden Raketen und Böller angeboten – zwischen Handtaschen, Klobrillen und Weihnachtsdeko.

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ORF
Innerhalb des Asia Bazars ist Filmen oder Fotografieren verboten

Das lockt alle Jahre auch viele Besucherinnen und Besucher aus Österreich an. Ein Grund dafür ist laut Armin Kaltenegger vom Kuratorium für Verkehrssicherheit, dass in Tschechien auch pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F3 – anders als in Österreich – legal ver- bzw. gekauft werden dürfen. Die einzige Voraussetzung: ein Mindestalter von 21 Jahren. Strafbar macht man sich erst, wenn man die Artikel über die Grenze nach Österreich bringt.

Strenge Vorschriften

Für Raketen und Böller der Kategorie F4 gelten hingegen strenge Vorgaben. Wegen ihrer Gefährlichkeit dürfen diese Gegenstände etwa nur in speziellen Räumen verkauft werden. Sie müssen in speziell gesicherten Fahrzeugen transportiert und dürfen nicht in einfachen Lieferwägen gelagert werden. Kaufen dürfen sie wiederum nur fachkundige Personen, die ein Zertifikat der beruflichen Befähigung oder eine behördliche Lizenz haben.

Doch daran halten sich offenbar nicht alle Händler. Laut bisherigen Ermittlungen sollen auch jene Böller und Kugelbomben von hier stammen, die in der Silvesternacht in Ternitz (Bezirk Neunkirchen) und Lichtenau (Bezirk Krems) zu tödlichen bzw. lebensgefährlichen Verletzungen führten. In Ternitz hatten Jugendliche auf einem Feld eine Kugelbombe gezündet, die unmittelbar danach explodierte. Ein 18-Jähriger war sofort tot, ein zweiter starb eine Woche später.

16-Jähriger außer Lebensgefahr

Lebensgefährliche Verletzungen erlitt auch ein 16-Jähriger in Lichtenau, der einen Riesenböller zündete. Er wurde mit dem Hubschrauber ins Spital geflogen, tagelang kämpften die Ärzte um sein Leben. Mittlerweile sei er außer Lebensgefahr und auf dem Weg der Besserung, heißt es von der Polizei. Mit den Folgen des Unfalls muss der Jugendliche aber sein Leben lang zurechtkommen, so mussten ihm etwa Gliedmaßen amputiert werden.

Einsatzkräfte am Unglücksort
Einsatzdoku / Lechner / Sämann
In Ternitz sind zwei Jugendliche durch illegale Kugelbomben getötet worden

Für Ärger sorgen illegale Raketen aber auch bei den Pyrotechnik-Händlern in Österreich. „Wir als Branche haben ein Riesenproblem“, klagt Sprecher Rudolf Jost, „weil alle in einen Topf geworfen werden.“ Diese Raketen seien zu laut, zu gefährlich und umweltschädlich und deshalb aus gutem Grund verboten. „Wir haben heuer 70 Schwerverletzte durch illegale Böller gehabt, damit muss einfach einmal Schluss sein.“

204 anonyme Kontrollen

Die in Tschechien für Kontrollen zuständige Behörde betont in einer Stellungnahme: „Am Ende des Jahres konzentrieren wir unsere ganze Kraft auf Pyrotechnik-Inspektionen, da gibt es kein anderes Marktsegment, das die Tschechische Handelsinspektion häufiger kontrolliert.“ Zwischen 1. November und Anfang Jänner habe es in Tschechien 204 anonyme Kontrollen gegeben, dabei seien 79 Gesetzesverstöße festgestellt worden. Wie viele davon im Umfeld der Excalibur-City stattfanden, könne man noch nicht sagen.

Schwerpunktaktionen der Polizei gibt es auch in Niederösterreich. Von Mitte Dezember bis Silvester wurden etwa allein am Grenzübergang Kleinhaugsdorf (Bezirk Hollabrunn) 13.000 illegale Raketen und Böller beschlagnahmt. Dass man für Feuerwerke der Klassen F3 und F4 einen Pyrotechnikausweis benötigt, wissen viele Menschen, die in Tschechien einkaufen, nicht. So wurden am Grenzübergang an nur einem Tag 132 Anzeigen nach dem Pyrotechnikgesetz ausgestellt.

Fahrzeugkontrolle am Grenzübergang Kleinhaugsdorf
ORF
In den Wochen vor Silvester kontrolliert die Polizei schwerpunktmäßig am Grenzübergang

Frühere Kontrollen gefordert

Der Sprecher der Pyrotechniker sieht trotzdem Handlungsbedarf. Erstens brauche es strengere Strafen, fordert Jost, sowohl für Käufer als auch Verkäufer. Zum Zweiten müssten auch die Kontrollen früher beginnen: „Ich plädiere dafür, dass die Kontrollen schon im Oktober starten. Auch wenn es für die Polizei schwierig ist, aber die Konsumenten wissen, wann die Kontrollen stattfinden, und kaufen dann kurz davor.“

Zum Dritten sieht Jost auch die Behörden in Tschechien, speziell die Regierung, in der Pflicht, „um dort schon einmal den illegalen Verkauf einzudämmen“. Denn je weniger dort verkauft wird, desto weniger könne auch nach Österreich geschmuggelt werden. Die Bundesregierung hat dazu zwar keine gesetzlichen Möglichkeiten, könne das Problem aber zumindest auf politischer Ebene ansprechen. Bilaterale Gespräche gab es dazu laut Innenministerium bisher nicht.

KFV: „Regeln nicht ohne Grund“

Die Kontrollen der Polizei kann man aber nicht unbegrenzt erhöhen, ergänzt Armin Kaltenegger vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV). Deshalb müsse auch das Bewusstsein wieder mehr geschärft werden. Hier seien sowohl Behörden als auch Eltern gefordert zu vermitteln, „dass es Regeln gibt und die nicht ohne Grund“. Dafür sei etwa ein langsames Heranführen an den Umgang mit legalen Böllern zielführender als ein komplettes Verbot, rät der Experte Eltern.

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Solche Kugelbomben der Kategorie F4 sind in Österreich ausschließlich für Pyrotechniker erlaubt

Damit könne man auch das Interesse an illegalen Artikeln reduzieren, glaubt Kaltenegger, der auch gezielte Aktionen für sinnvoll hält. Denn die Zielgruppe sei in diesem Bereich gut bekannt: „Es handelt sich ausschließlich um Männer zwischen zehn und 24 Jahren, die erreiche ich über Social Media und ich kann die Botschaften auch zielgruppengerecht formulieren.“

So eine Bewusstseinsarbeit dauert aber. Deshalb ist es laut Kaltenegger notwendig, damit so schnell wie möglich zu beginnen. Denn eines steht dem Experten zufolge fest: „Alle, wirklich alle schweren Unfälle sind auch heuer mit illegalen Raketen und Böllern passiert.“