Caroline Athanasiadis in „Die Tafelrunde“ im ORF
ORF/Regine Schöttl
ORF/Regine Schöttl
„Ganz persönlich“

„Man muss nicht alles selber schaffen“

Die Kabarettistin Caroline Athanasiadis ist unter die Buchautoren gegangen und erzählt über ihr Leben als berufstätige Mutter. Ein Gespräch über das schlechte Gewissen, Liebesbriefe und wie „Dancing Stars“ ihr Leben verändert hat.

Caroline Athanasiadis ist Sängerin, Tänzerin, Kabarettistin und Moderatorin, etwa der ORF Quizshow „Smart 10“. Aktuell steht sie mit ihrem Programm „Souvlaki Walzer“ auf der Bühne. Kürzlich ist ihr Buch „Heute habe ich nichts zu tun, außer…“ erschienen. Die 43-Jährige hat griechische Wurzeln und lebt mit ihren zwei Söhnen und ihrem Ehemann in Wien-Liesing.

noe.ORF.at: Sie stehen mit einem neuen Kabarettprogramm auf der Bühne, Ihr erstes Buch ist soeben erschienen. Es ist einiges los bei Ihnen. Sind Sie ein Workaholic?

Caroline Athanasiadis: Ja, ich arbeite gerne, aber für mich ist Arbeit nichts Schlimmes, sondern ich liebe meine Arbeit. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals nicht an die Bühne gedacht habe. Das war einfach schon immer in mir drinnen. Nach meiner ersten Tanzaufführung hat meine Mutter zu meinem Vater gesagt: ‚Ich glaube, die bleibt da oben.‘

noe.ORF.at: Sie haben ja klein angefangen …

Athanasiadis: … Ich habe auch klein aufgehört (lacht), ich bin nicht gewachsen in der Zwischenzeit.

noe.ORF.at: Sie haben keine Bühne, keine Veranstaltung, kein Fest ausgelassen, um aufzutreten. Jetzt sind Ihre Vorstellungen ausverkauft und Sie sind erfolgreich. Woher haben Sie die Zuversicht genommen, dass sich die Schinderei lohnen wird?

Athanasiadis: Das weiß ich nicht. Für mich gab es keinen Plan B. Wenn man etwas wirklich will, dann zieht man das durch und nimmt auch Rückschläge in Kauf. Ich hatte immer die Überzeugung, dass ich Leute unterhalten kann, dass ich Leute mit Singen glücklich machen kann.

noe.ORF.at: Ihr neues Kabarettprogramm heißt „Souvlaki Walzer“. Wie passt das zusammen?

Athanasiadis: Es ist so, dass natürlich zwei Seelen in meiner Brust schlagen. Ich bin Griechin und Wienerin und ich möchte, dass beides vorhanden ist. Das habe ich im Titel auch versucht zu vereinigen. Die Mischung machts, das macht mich aus.

Caroline Athanasiadis
Felicitas Matern
Griechin und Wienerin: „In meiner Brust schlagen zwei Seelen. Die Mischung macht mich aus.“

noe.ORF.at: Was ist griechisch an Ihnen?

Athanasiadis: Mein Temperament, meine Lautstärke und meine Schnelligkeit. Das ist definitiv griechisch. Und das Wienerische: ich bin sehr direkt, ich kann auch sehr grantig sein. Aber der Wiener ist so unverblümt. Ich sage immer was ich denke – das ist wienerisch, das ist im Griechischen nicht so.

noe.ORF.at: Was finden Sie eigentlich lustig?

Athanasiadis: Ganz viel. Ich bin jemand, der es lustig findet, wenn was passiert, wenn jemand hinfällt, aber natürlich nur dann, wenn man sich nicht wehtut. Slapstick finde ich lustig. Oder meine Kinder, wenn sie Dinge falsch sagen oder so altklug daherreden. Da könnte ich mich wirklich abhauen. Bei meinen Kindern muss ich mich beherrschen, aber innerlich sterbe ich vor Lachen.

noe.ORF.at: Apropos Kinder: Ihr neues Buch heißt „Heute habe ich nichts zu tun, außer …“. Ich glaube, das kennen wir alle sehr gut, insbesondere wir Frauen kennen das wohl besonders gut. Beschreibt das Ihr Leben?

Athanasiadis: Ja, wenn man zu Hause ist, selbst wenn man einen Tag frei hat, dann gibt es immer etwas, was man macht. Man sitzt dann nicht nur am Sofa, sondern man denkt sich: „Aber jetzt mache ich gleich die Wäsche, dann könnte ich noch einkaufen und dann kochen". Es gibt 100.000 Sachen, die einem dann einfallen.

noe.ORF.at: Können Sie eigentlich auch mal faul sein?

Athanasiadis: Ja, das kann ich sehr gut! Ich bin von Grund auf sehr faul und deshalb bin ich schnell, damit ich die Sachen ganz schnell hinter mich bringe, damit ich dann wieder faul sein kann. Ja, das glaubt man mir nicht. Aber im Grunde liebe ich es.

Caroline Athanasiadis
ORF
„Ich bin von Grund auf sehr faul und deshalb bin ich schnell, damit ich die Sachen ganz schnell hinter mich bringe“

noe.ORF.at: In Ihrem Buch schreiben Sie auch viel über das schlechte Gewissen und warum man das nicht haben sollte. Gelingt Ihnen das?

Athanasiadis: Wer hat das nicht, ein schlechtes Gewissen? Das ist ja eine Qualität, um die ich die Männer sehr beneide: Männer können viel zielstrebiger abschalten und viel mehr ausblenden. Das meine ich jetzt wirklich ernst und das finde ich wirklich gut. Das können wir Frauen oft nicht, wir sind einfach viel zerstreuter. Aber dieses schlechte Gewissen, wenn man arbeiten geht und das Kind daheimlässt, das wird ja auch von der Gesellschaft aufoktroyiert, das muss man schon klar sagen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Kinder nicht das Gefühl haben, dass die Mama sie im Stich gelassen hat. Sondern sie machen die Erfahrung, dass es einen Vater gibt oder Großeltern oder vielleicht andere Leute, die auch aufpassen, die auch das Kind umsorgen können und auf die man sich auch verlassen kann. Das unterschätzt man. Man denkt, man ist unersetzlich und man muss alles selber machen, alles selber schaffen. Aber das muss man nicht. Und das war auch ein Grund, warum ich dieses Buch geschrieben habe, um den Frauen und den alleinerziehenden und arbeitenden Müttern zu zeigen, dass man es nicht allein schaffen muss.

noe.ORF.at: Wie steht es um die Gleichberechtigung bei uns?

Athanasiadis: Es hat sich etwas bewegt, aber es ist die Spitze des Eisberges. Man muss dazu sagen, dass Österreich ein tolles Land ist, man kann frei leben. Ich kann mich entscheiden, ob ich einen Minirock anziehen oder ein Kopftuch aufsetzen will. Das ist toll, aber es gibt sehr viele Dinge, wo Gleichberechtigung einfach noch nicht vorhanden ist, wie zum Beispiel gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das gibt es einfach nicht. Frauen sind in hohem Maße von Altersarmut betroffen. Oder wenn Frauen gezwungen werden, zu Hause zu bleiben, weil der Kindergarten um 12.00 Uhr zusperrt. Wie sollen die Frauen arbeiten, wenn es keine Kinderbetreuung gibt? Wir sind also noch weit von einer Gleichberechtigung entfernt.

noe.ORF.at: Ihr Buch ist an vielen Stellen sehr persönlich, etwa wenn Sie Ihrem Sohn einen Liebesbrief schreiben. Warum geben Sie so viel von sich preis?

Athanasiadis: Ich merke schon, dass die Leute interessiert sind. Sobald man an die Öffentlichkeit kommt, möchten sie wissen: Wie lebt der? Was macht der? Was hat sie gerne? Und wie schaut der Alltag aus? Aber ich schleppe meine Kinder nicht an die Öffentlichkeit, man kennt sie nicht. Man weiß, dass es sie gibt. Ich habe dieses Buch auch geschrieben, weil es ums Mutter-Sein geht. Ich wollte meinem Kind diesen Brief mitgeben und das kann jeder wissen, was ich meinen Kindern mitgebe, was meine Werte sind. Natürlich ist das sehr persönlich. Ich habe daher auch für beide Söhne individuelle Briefe geschrieben.

noe.ORF.at: Sie sind seit letztem Jahr verheiratet. Ihr beiden Söhne sind von zwei verschiedenen Vätern, Sie haben also eine Patchwork-Familie. Wie klappt das?

Athanasiadis: Mal besser, mal schlechter. Der Vater von Lukas, meinem Erstgeborenen, ist immer da, wenn ich ihn gebraucht habe. Das war nie ein Problem. Dann kam der zweite Mann und das zweite Kind. Das ist schon schwer, das ist aber immer und in jeder Familie schwierig. Wer sagt, das geht problemlos, dem glaube ich nicht. Es ist einfach ein komisches Gefühl, wenn da plötzlich jemand anderes da ist. Aber mein Mann hat nie versucht, den Vater für Lukas zu ersetzen. Er war einfach da. Er ist genauso eine Respektperson und eben ein Bonuspapa.

Caroline Athanasiadis
ORF
Caroline Athanasiadis im Gespräch mit Eva Steinkellner-Klein (l.): „Wir sind noch weit von einer Gleichberechtigung entfernt“

noe.ORF.at: Sie sind kürzlich an den Stadtrand von Wien gezogen, nach Wien-Liesing. Sie haben Ihre Kindheit teilweise in Gablitz verbracht, weil dort Ihre Großeltern ein Haus hatten. Hat das Land immer eine Rolle gespielt?

Athanasiadis: Ja, wenn mir jemand vor fünf Jahren gesagt hätte, dass ich nicht mehr in der Stadt wohnen werde, hätte ich es nicht geglaubt. Ich war immer gern in der Stadt, wo alles in der Nähe ist – die Bars, das Kino, die Restaurants. Ich bin überall innerhalb von zehn Minuten. Aber es ist auch mühsam, wenn man rausgeht und immer jemanden trifft. Das liegt nicht nur an meiner Fernsehpräsenz, man kennt sich einfach. Wien ist ein Dorf. Mittlerweile bin ich froh, dass ich meine Ruhe habe und abschalten kann. Das geht einfach am Stadtrand oder am Land.

noe.ORF.at: Anfang März startet eine neue „Dancing Stars“-Staffel. Sie haben 2021 gewonnen. Was hat der Sieg mit Ihrem Leben gemacht? Hat sich etwas verändert?

Athanasiadis: Abgesehen davon, dass ich jetzt natürlich mehr gesehen werde, dass mich mehr Leute kennen, hat es mein Leben insofern verändert, als ich gelernt habe, loszulassen. Und zwar sowohl auf der Bühne als auch im Privatleben. Ich habe einfach viele Dinge früher an mich gerissen, was wir Frauen auch gerne machen. Ich musste loslassen, weil ich zeit- und kräftemäßig nicht konnte. Das heißt, ich habe zu Hause meinem Mann die Dinge überlassen und sie haben gut funktioniert ohne mich. Das musste ich erst lernen, denn ich stehe allein auf der Bühne und habe mein Leben lang allein gekämpft. Da hat sich innerlich etwas für mein weiteres Leben getan. Das war sehr, sehr angenehm zu wissen, man muss nicht immer alles alleine schaffen.

noe.ORF.at: Wie schaut Ihre berufliche Zukunft aus? Was möchten Sie noch machen?

Athanasiadis: Es gibt einiges, was ich noch machen will. Mein großer Traum ist es, einmal eine Disney-Figur zu synchronisieren. Ich bin ein absoluter Fan. Am liebsten eine lustige Rolle. Und ich möchte langfristig hinter die Bühne. Das heißt, ich möchte anderen Künstlern ermöglichen, auf die Bühne zu kommen. Regie ist auch etwas, was mir liegt und was ich gerne machen würde.

noe.ORF.at: Vielen Dank für das Gespräch.