Präsentation eines ferngesteuerten Autos in St. Pölten
ORF/Felix Novak
ORF/Felix Novak
Verkehr

Wie ferngesteuerte Autos Dörfer bewegen sollen

Ferngesteuerte Car-Sharing-Autos will eine Firma aus Estland nach Niederösterreich bringen. Das Konzept soll Lücken des bisherigen Angebots schließen und für kleinere Dörfer Vorteile bringen. Beim Land zeigt man sich aufgeschlossen, aber abwartend.

Ein bisschen erinnert die Technologie bei der Präsentation im St. Pöltner Landhausviertel an das Auto „KITT“ in der 80er-Jahre-Serie „Knight Rider“. Man ruft das Auto aus der Entfernung – und es kommt wie von Zauberhand. Einsteigen, auf manuelle Steuerung umstellen, losfahren.

Im Unterschied zu David Hasselhoffs Serienauto aus den 1980ern fährt dieses Elektroauto allerdings nicht von selbst, es wird vielmehr aus der Ferne gesteuert. Konkret aus einem weißen Lieferwagen, der bei der Präsentation der estnischen Firma „Elmo Remote“ am Dienstag etwas abseits abgestellt ist. Darin befinden sich ein vollständiges Cockpit samt Lenkrad, Pedalen, großem Bildschirm und Autositz – und ein Fahrer, der das alles bedienen kann.

„Wir haben die Fernsteuerung entwickelt, um unseren Kunden Car-Sharing-Autos bis zur Haustüre zu liefern“, erklärt Priit Haljak, Chief Technology Officer der Firma, gegenüber noe.ORF.at. „Wir möchten, dass es so einfach ist, wie wenn man sich ein Taxi bestellt. Man wählt das Auto über eine App aus und dann wird es aus der Ferne gesteuert zu Ihnen gefahren.“

Fotostrecke mit 5 Bildern

Präsentation eines ferngesteuerten Autos in St. Pölten
ORF/Felix Novak
Im Inneren des Transporters ist das Cockpit nachgebildet – mit dem ferngesteuerten Auto verbunden ist es über Kameras und einen Bildschirm
Präsentation eines ferngesteuerten Autos in St. Pölten
ORF/Felix Novak
Die Fernsteuerung auf vier Rädern steht bei der Präsentation im St. Pöltner Regierungsviertel direkt neben dem ferngesteuerten Auto
Präsentation eines ferngesteuerten Autos in St. Pölten
ORF/Felix Novak
Am Auto montierte Antennen übermitteln die notwendigen Daten per Mobilfunk
Präsentation eines ferngesteuerten Autos in St. Pölten
ORF/Felix Novak
Priit Haljak, Chief Technology Officer bei Elmo Remote, erklärt in St. Pölten die Vorteile des Konzepts
Präsentation eines ferngesteuerten Autos in St. Pölten
ORF/Felix Novak
Herzstück der Firma ist diese kleine Box, die aus herkömmlichen Pkws Fahrzeuge macht, die aus der Ferne steuerbar sind

Eigenes Auto bisher oft alternativlos

Auf den ersten Blick erscheint das vielleicht eigenartig, doch gerade für ländliche Gegenden soll das Konzept Vorteile bringen. Dort gibt es bisher zwar in einzelnen Gemeinden Autos, die man sich ausleihen kann, größere Car-Sharing-Angebote sucht man aber vergeblich. Zu groß sind die Distanzen – und niemand würde zu Fuß in den Nachbarort gehen, nur um zum nächstgelegenen Leihauto zu gelangen.

Diese Lücke sollen die ferngesteuerten Autos schließen. „Menschen, die außerhalb von Regionen mit ausgebautem öffentlichem Verkehr leben, sind normalerweise auf ihr eigenes Auto angewiesen, oft hat sogar jedes Familienmitglied ein eigenes Auto“, sagt Haljak. Das neue Konzept könne das ändern – und es sei deutlich effizienter als bestehende Angebote.

Estland erlaubt Testphase

Auf Estlands Straßen sind die ferngesteuerten Autos schon seit gut einem Jahr im Einsatz, wenn auch in einer Testphase noch mit einem Mitarbeiter am Steuer, der im Notfall eingreifen könnte. Hierzulande wäre auch das aktuell noch nicht erlaubt, die Präsentation findet deshalb in einem abgesperrten Bereich statt.

Zweite Voraussetzung für die Technologie ist eine Versorgung mit mobilem Internet. Ziel ist eine dauerhafte Verbindung mit dem neuesten 5G-Mobilfunkstandard, doch gerade in ländlichen Regionen ist das aktuell Zukunftsmusik. Deshalb greift „Elmo“ derzeit noch auf den älteren 4G-Standard zurück – der allerdings in Niederösterreich auch noch nicht überall empfangbar ist.

Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) räumt im Interview mit noe.ORF.at ein, dass es in diesem Bereich noch „Herausforderungen“ gibt, „aber dem stellen wir uns natürlich auch in Zukunft“. Einen künftigen Einsatz von ferngesteuerten Autos in Niederösterreich kann sich Schleritzko grundsätzlich vorstellen, konkret werden will er aber noch nicht: „Es braucht die Voraussetzungen dafür, bei der Legistik, auch Sicherheitsbedenken müssen ausgeräumt sein.“

Man wolle sich aber intensiv mit derartigen Konzepten auseinandersetzen, so der Landesrat: „Natürlich ist es denkbar, dass man in Zukunft auf solche Technologien zugreift. Man wird sehen, was die Zeit bringt.“

Neue Verordnung erleichtert Pilotprojekte

Ähnlich beurteilt man die Situation im Verkehrsministerium von Ministerin Leonore Gewessler (Grüne). „Grundsätzlich begrüßen wir innovative Ansätze, die über die Digitalisierung in der Mobilität einen Beitrag zum Klimaschutz leisten“, heißt es dort. Das ferngesteuerte Fahren sei stark mit dem Thema der Automatisierung, also der selbstfahrenden Autos, verknüpft. Man habe erst im Vorjahr eine neue Verordnung herausgegeben, mit der automatisierte Mobilitätslösungen leichter getestet werden könnten. Bei derartigen Tests habe die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer aber oberste Priorität.

Problemlos möglich wäre eine Pilotphase für „Elmo“ in Österreich trotzdem nicht: „Hierbei sind eine Vielzahl an technischen sowie rechtlichen Herausforderungen noch zu klären, vor allem hinsichtlich Daten- und Verbindungssicherheit (z.B. was passiert bei Ausbleiben der Funkverbindung bzw. die Verbindung reißt bei einem „rein“ ferngesteuerten Fahrzeug ab)“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme gegenüber noe.ORF.at.

„Elmo“: Technologie ist ausgereift

„Im Bereich von selbstfahrenden Autos ist in den vergangenen Jahren schon viel gearbeitet worden“, sagt dazu „Elmo“-CTO Haljak. Dafür sei die Technologie allerdings gegenwärtig noch nicht ausgereift – im Gegensatz zu ferngesteuerten Autos. „Deshalb glaube ich, dass es für die Behörden jetzt an der Zeit ist, diese Lücke zu schließen.“ Die rechtlichen Bedingungen müssten bald geklärt werden, dann könnten die aus der Ferne gelenkten Autos schon bald auch auf Österreichs Straßen unterwegs sein.