Markus Freistätter im Interview mit Eva Steinkellner-Klein
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„Ganz Persönlich“

Markus Freistätter: „Ellbogen-Technik bringt nichts“

„Schnell ermittelt“, „Vienna Blood“, „Soko Donau“ und auch eine Romy-Nominierung: Der junge Schauspieler Markus Freistätter hat schon viel erreicht. Im Interview spricht er über ökonomische Zwänge, die Romy, Respekt, aber auch über Misserfolge.

noe.orf.at: Sie sind nicht nur Schauspieler, Sie geben auch Schauspielunterricht und arbeiten als Regieassistent. Wofür schlägt Ihr Herz?

Markus Freistätter: Meine größte Leidenschaft ist einfach das Schauspiel: Kunst und Kultur in allen Facetten – ob das auf der Bühne ist, vor der Kamera, die Organisation dahinter. Es ist einfach die breite Palette. Ich liebe es, eine Geschichte zu erzählen, diese auf die Leinwand zu bringen, dem Publikum näherzubringen, nachzuerzählen, was eine Figur empfindet. Das ist es, was ich liebe.

noe.orf.at: Kollegen und Freunde beschreiben Sie als unkompliziert und nett. Kann man sich „Nett-Sein“ in Ihrer Branche eigentlich leisten?

Freistätter: Mit wem haben Sie denn gesprochen? Das würde mich interessieren (lacht). Kann man es sich leisten, nicht nett zu sein? Ich wurde sicherlich so erzogen, dass man respektvoll miteinander umgeht und so handhabe ich das auch im Beruf. Je mehr Respekt vor der Arbeit und meinem Gegenüber, desto mehr können wir gemeinsam erschaffen.

noe.orf.at: Die Branche ist sicherlich hart. Man hat ja auch einen gewissen finanziellen Druck. Wie empfinden Sie das?

Freistätter: Das stimmt, die Branche ist hart. Es gibt viele, die den Beruf ausüben können, die Talent haben und die gut sind. Der Markt ist groß, das stimmt. Aber Ellbogen-Technik bringt gar nichts. Solche Gedanken, dass ich mich irgendwo durchsetzen muss, nehme ich ja auch mit nach Hause und das tut mir nicht gut. Ich arbeite gerne kunterbunt und verschieden. Ich habe mir so meine Palette geschaffen und kann mich da austoben. Das heißt, es geht mir gut.

Markus Freistätter im Interview mit Eva Steinkellner-Klein
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noe.orf.at: Sie waren gleich mit Ihrer ersten großen Hauptrolle in dem Kinofilm „Erik und Erika“ für eine Romy nominiert. Was hat denn dieser Film mit Ihrer Karriere und mit Ihrem Leben gemacht?

Freistätter: Man wird breiter gesehen, man wird ernster genommen, auch von Kolleginnen und Kollegen. Das hat viel verändert. Das heißt nicht, dass man mich nicht vorher ernst genommen hätte, aber es ermöglicht viel.

noe.orf.at: Haben Sie auch mehr Rollen angeboten bekommen?

Freistätter: Ja, auch das hat sich verändert. Aber ich würde lügen, wenn ich sage, es gibt jetzt ein Angebot nach dem anderen. Das ist in den seltensten Fällen so. Bei vielen Kolleginnen und Kollegen ist es ganz normal, dass wir auch eine Zeit lang weniger Angebote haben.

noe.orf.at.: Sie verkörpern in dem Film den Skifahrer Erik Schinegger, der als Frau geboren wurde. Manche Schauspieler sagen, es falle ihnen schwer, Rollen abzulegen. Wie geht es Ihnen damit?

Freistätter: Da muss man vorsichtig sein, denn ich ahne schon, welche Frage als nächstes kommt. Ich durfte auch schon Nationalsozialisten spielen, deswegen ist die Frage schwierig. Ich glaube, man nimmt von fast jeder Rolle ein bisschen etwas mit. Jede Rolle verändert einen. Der Arbeitsprozess ist sehr intensiv, wenn man 30 Drehtage an einem Film arbeitet. Man ist sehr in dieser Welt drin und da muss man gut mit sich im Klaren sein, gut vom Privaten abtrennen, aber trotzdem so wahrhaftig wie möglich spielen.

noe.orf.at: War es schon immer klar für Sie, dass Sie Schauspieler werden wollen?

Freistätter: Ich war schon immer im Theater, das hat mich schon immer fasziniert. Ich wollte eigentlich Lehrer für Deutsch und Geschichte werden, aber ich habe mich gefragt: Will ich das wirklich ewig machen? An der HTL hatten wir ein Theaterprojekt und ein Regisseur hat damals zu mir gesagt: ‚Du weißt schon, dass das ein Beruf ist?‘, und dann habe ich erst verstanden, dass das ein Beruf ist, den man lernen kann und mit dem man Geld verdienen kann. Ab dem Moment war alles klar, ab dann wusste ich: Schauspiel!

noe.orf.at: Kommen wir noch einmal auf die Romy zurück: Sie haben das Vorschlagsrecht für die Kategorie „Nachwuchs-Schauspieler und Schauspielerinnen“. Wie steht es um den österreichischen Nachwuchs?

Freistätter: Großartig! Ich freue mich, dass ich das jetzt schon zum dritten Mal machen darf. Ich schaue mir sehr, sehr viele Filme an und weiß sehr genau, was gedreht wird und was gezeigt wird. Es gibt wenige Dinge, die ich nicht mitbekomme.

noe.orf.at: Im April werden die Romys vergeben: Wer ist der Favorit?

Freistätter (lacht): Da werden Sie von mir nichts hören.

noe.orf.at.: Mit Ihrer Kollegin Veronika Polly geben Sie in St. Pölten Schauspielunterricht für Kinder und Jugendliche. Wieso ist Ihnen das so wichtig?

Freistätter: Ich glaube, im Alter zwischen zwölf und 19, wenn man in der Schule ist, beschäftigt man sich wenig mit sich, mit seinem Körper, wie man dasteht, was man präsentiert. Es ist einfach toll für uns, den Jugendlichen hier etwas mitzugeben, sodass sie sich austauschen und verstehen, was es bedeutet, wenn man sich länger in die Augen sieht, dass man im Film eben über die Augen eine Geschichte erzählt – und wie man damit umgeht. Jedes Jahr gibt es auch eine Produktion hier in Sankt Pölten und das macht echt Spaß.

noe.orf.at: Wann stehen Sie selbst wieder auf der Bühne oder vor der Kamera?

Freistätter: Ich darf jetzt im Sommer wieder in Niederösterreich Theater spielen – bei den Festspielen Berndorf. Ich freue mich drauf, weil man jeden Abend das Stück ganz neu erzählt, weil die Reaktion des Publikums miteinfließt. Das ist etwas völlig Anderes als beim Film, wo die Geschichte verschachtelt erzählt wird. Da wird heute etwas gedreht, was im Film morgen vorkommt und gestern eine Szene, die am Schluss spielt. Das ist eine ganz andere Art der Arbeit. Ich mag wirklich beides und gerne auch abwechselnd. Ich glaube, mir wäre langweilig, wenn ich ein Jahr lang nur das eine oder nur das andere machen würde.

noe.orf.at: Bis jetzt ist in Ihrer Karriere als Schauspieler sehr viel gut gegangen. Wie gehen Sie aber mit Kritik und mit Rückschlägen um?

Freistätter: Ist immer alles gut gegangen? In der Öffentlichkeit sieht man nur die Dinge, die geklappt haben. Es klappt nicht immer alles. Und wenn etwas klappt, steht oft ein langer Weg dahinter, bis es dann funktioniert. Aber grundsätzlich finde ich respektvolle Kritik sehr wichtig. Ich will nicht nur hören, dass alles super ist. Nein, man soll mir im gegenseitigen Austausch auch sagen, was einen stört und was einem nicht gefallen hat.

noe.orf.at: Aber wenn eine Kritik beispielsweise in der Zeitung steht, dann findet kein Austausch statt. Wie geht es Ihnen damit?

Freistätter: Dann hat es halt jemandem nicht gefallen. Ich habe mein Bestes gegeben in der Situation, und es muss ja nicht immer jedem gefallen. Das gehört dazu. Das ist dann die dicke Haut, die es braucht.