Hand bedient Taschenrechner, der auf Schreibtisch liegt
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Wirtschaft

Mehr Privatkonkurse für heuer erwartet

Um sechs Prozent mehr Menschen sind im Vorjahr bei der niederösterreichischen Schuldnerberatung beraten worden. Die Zahl der Privatkonkurse hat das Vor-CoV-Niveau erreicht, teuerungsbedingt dürfte es heuer wieder einen Anstieg geben.

Im Jahr 2022 hat die Schuldnerberatung Niederösterreich 3.733 Menschen beraten, ein Anstieg von 5,6 Prozent. Abgesehen von der anhaltenden Teuerung sind die Hauptursachen, warum sich Menschen an die Schuldnerberatung wenden, Arbeitslosigkeit oder Einkommensverschlechterung, zu viele Einkäufe mit Ratenzahlungen und Scheidungen.

Bei der Überschuldung gibt es eine hohe Dunkelziffer. Viele würden ihre finanziellen Probleme noch vor sich herschieben, meint der Geschäftsführer der Schuldnerberatung Niederösterreich, Michael Lackenberger. Er befürchtet für heuer einen deutlich höheren Anstieg bei Beratungsgesprächen und Privatkonkursanträgen.

Grund dafür seien vor allem die anhaltend hohen Energiepreise, so Lackenberger: „Die hohen Energie- und Heizkosten sind bei fast jeder Beratung ein Thema, dass man die Heizungsrechnungen nicht mehr bezahlen kann. Ich rechne damit, dass jetzt im April, wenn von den Energieanbietern die nächsten Jahresabrechnungen kommen, auf jeden Fall wieder ein Ansturm kommen wird.“

Anstieg von Armut durch Teuerung

Die hohe Inflation setzt den Menschen in Österreich immer mehr zu. Bei einer Großumfrage der Statistik Austria geben acht von zehn Befragten an, dass sie einen deutlichen Verlust beim Lebensunterhalt verspüren. 81 Prozent der Menschen sagen, sie rechnen in diesem Jahr mit einer Verschlechterung ihrer Wirtschaftslage. Auch die Schuldenberatung verzeichnet einen markanten Anstieg an Klientinnen und Klienten.

Jugendliche: Ratenkäufe im Internet als Schuldenfalle

Fast sechs Prozent der Schuldnerberatungen betreffen Jugendliche, immer mehr verschulden sich bei Ratenkäufen im Internet. Die Finanzkompetenz junger Menschen soll nun gestärkt werden, auch mit Projekten in Schulen, betonte Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP): „Ich freue mich deshalb, dass wir im April in Niederösterreich mit dem Pilotprojekt ‚Finanzführerschein‘ starten.“

An den drei Polytechnischen Schulen in Böheimkirchen (Bezirk St. Pölten), Mank/Melk und St. Valentin (Bezirk Amstetten) werden fünf Module zu unterschiedlichsten Themen gestartet, die dazu führen sollen, „dass junge Menschen ganz kompetent und in kritischer Auseinandersetzung ihre finanzielle Zukunft managen können“, so Teschl-Hofmeister.

Schuldnerberatung „keine Schande“

Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) unterstrich die Bedeutung der Präventionsarbeit und die Hilfe zur Selbsthilfe, damit „Menschen mit ihrem Einkommen auskommen“. Bei finanziellen Problemen solle man sich möglichst früh Rat holen: „Gerade jetzt, wo durch Teuerung und Energiekrise so viele gravierende Änderungen die Menschen treffen, ist es keine Schande, sich an die Schuldnerberatung zu wenden, um seine Finanzen gut zu ordnen und nicht in die Schuldenfalle zu tappen“, so Königsberger-Ludwig.

Eine Klienten-Zufriedenheitsbefragung habe gezeigt, dass 81 Prozent der Befragten angaben, mit der Beratung der niederösterreichischen Schuldnerberatung sehr zufrieden zu sein, betonte Lackenberger bei der Präsentation der Jahresbilanz 2022. Die Schuldnerberatung Niederösterreich hat Geschäftsstellen in St. Pölten, Amstetten, Hollabrunn, Wiener Neustadt und Zwettl, die Beratungen sind kostenlos.