Gericht

2,5 Jahre Haft nach Anschlag auf FPÖ-Stelle

Im Prozess um den Brandanschlag auf die Landesgeschäftsstelle der FPÖ Niederösterreich 2019 ist ein 29-Jähriger wegen versuchter Brandstiftung zu 2,5 Jahren Haft verurteilt worden. Der Angeklagte hatte sich in St. Pölten zuvor nicht schuldig bekannt.

In Zusammenhang mit dem Vorfall in St. Pölten in den frühen Morgenstunden des 12. August 2019 wurde dem 29-Jährigen versuchte Brandstiftung vorgeworfen. Der Asylwerber und seine Komplizen hatten laut Staatsanwalt am Areal der FPÖ-Landesgeschäftsstelle mit Steinen Fenster einer Lagerhalle eingeschlagen und anschließend versucht, Molotowcocktails in das Objekt zu werfen.

Der 29-Jährige wurde am Montag wegen versuchter Brandstiftung schuldig, vom Vorwurf der terroristischen Vereinigung allerdings freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es liege eine „geschlossene Indizienkette“ vor, sagte der Richter: „Es gibt keine andere Möglichkeit – Sie waren dort, mit den anderen Personen.“ Mildernd habe sich der ordentliche Lebenswandel, das Verbleiben im Versuchsstadium und die längere Verfahrensdauer ausgewirkt. Es habe keine erschwerenden Umstände gegeben, heißt es vom Landesgericht.

Eine eindeutige DNA-Spur auf einer in der Nähe des Tatorts gefundenen und als Molotowcocktail präparierten Bierflasche brachte die Ermittler auf den irakischen Staatsbürger. Die Tat war auch von einer Überwachungskamera aufgezeichnet worden – „mit nicht besonders guter“ Bildqualität, wie der Staatsanwalt einräumte. Die Körpergröße von einem der gefilmten Täter treffe aber auf den Iraker zu.

Kein Alibi, aber DNA auf Bierflasche

Der Angeklagte bestritt das. Er will sich rund um den Zeitpunkt des Brandanschlags gar nicht in St. Pölten, sondern wegen Renovierungsarbeiten in einem Friseurgeschäft eines Bekannten in Villach befunden haben. Bestätigt wurde diese Version in der Schöffenverhandlung vom Bruder des Beschuldigten. Der Geschäftsinhaber selbst konnte sich nicht exakt daran erinnern, dass der 29-Jährige bereits am 12. August anwesend war. Handystandortdaten zu einem Kärnten-Aufenthalt liegen nicht vor.

Den DNA-Fund auf der Bierflasche konnte sich der Beschuldigte mit Verweis darauf, keinen Alkohol zu konsumieren, nicht erklären. Das Gebäude der FPÖ-Landesgeschäftsstelle kenne er nicht. Auch hinsichtlich der österreichischen Innenpolitik will der Iraker nicht bewandert sein.

Der 29-Jährige soll gemeinsam mit drei Komplizen agiert haben. Einer der drei möglichen Komplizen fasste im Oktober 2020 am Landesgericht St. Pölten dreieinhalb Jahre Haft aus, zudem wurde eine zuvor bedingt verhängte Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten widerrufen – mehr dazu in Brandanschlag: Dreieinhalb Jahre Haft (noe.ORF.at; 5.10.2020).

Der mittlerweile 24-jährige afghanische Staatsbürger wurde am Montag als Zeuge einvernommen. Er bleibt weiterhin dabei, mit dem Brandanschlag nichts zu tun zu haben. Den nunmehr angeklagten Iraker kennt er eigenen Angaben zufolge nicht. Weitere Verdächtige im Fall der Landesgeschäftsstelle wurden laut Staatsanwaltschaft bisher nicht gefunden.

Auch Vorwürfe im Zusammenhang mit Terrorismus

Angelastet wurden dem 29-Jährigen zudem die Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation. Er soll sich bis zu seiner Festnahme am 11. November 2021 an der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beteiligt haben. Der seit Längerem in St. Pölten ansässige Mann soll sich in der niederösterreichischen Landeshauptstadt auch mit mittlerweile verurteilten IS-Sympathisanten getroffen haben, so der Staatsanwalt. Eine Nähe zu der Terrormiliz stellte der 29-Jährige in der Schöffenverhandlung jedoch in Abrede. Den IS erachte er als „eine Verbrecherbande“.

Der Iraker dürfte zudem auf Facebook Mitglied von einschlägigen Gruppen gewesen sein. In sozialen Netzwerken soll sich der Mann der Anklage zufolge bereit erklärt haben, einen improvisierten Sprengsatz zu bauen und für einen Terroranschlag in Österreich zur Verfügung zu stehen. Aufgeflogen ist dieser Aspekt der Causa infolge einer Meldung eines ausländischen Geheimdienstes.

Bei den Terrorvorwürfen bleiben für den Vorsitzenden Kontakte mit verurteilten IS-Personen, einschlägige Bilder, die aber nicht weiterverbreitet wurden und der Abrieb von Zündhölzern. „Das reicht gerade noch nicht aus“, hier sei „die Suppe ein bisschen zu dünn“.

Zehn Jahre Haft waren möglich

Der Verdächtige habe Material für eine Bombe beschafft und „Unternehmungen gemacht, mit dem Bau anzufangen“, sagte der Vertreter der Anklagebehörde. Sichergestellt wurden neben Blockbatterien, einem Kanister und Kabeln u. a. abgeriebene Köpfe von rund 2.000 Zündhölzern. „Dazu muss man sechs Stunden durchgehend Zündhölzer abschaben. Mir ist das in meiner Tätigkeit noch nie untergekommen“, konstatierte der vorsitzende Richter. Der Iraker verwies darauf, besagte Zündholzreste beim Kochen von Kaffee auf einem Grillteller verwendet zu haben. Eine fertige Sprengvorrichtung wurde von den Ermittlern nicht entdeckt.

„Es gibt keine handfesten Beweise“, sagte der Verteidiger bei seinem Eröffnungsvortrag. Der Jurist ortete „ein reines Indizienverfahren“ bzw. ein „Gedankenkonstrukt“. „Wir sind hier heute in einem Indizienprozess“, räumte der Staatsanwalt im Rahmen seines Schlussvortrags ein. Dennoch forderte er einen Schuldspruch – möglich waren bis zu zehn Jahre Haft.

Die niederösterreichischen Freiheitlichen hoben in einer Reaktion auf den Schuldspruch die „hervorragende Arbeit der Strafverfolgung“ hervor: „Damit wurde erst der Grundstein für das heutige nicht rechtskräftige Urteil gelegt.“ Der Brandanschlag auf die Zentrale sei „ein Paradebeispiel für das Asylchaos in unserem Land.“ Sicherheit und Ordnung seien die Antwort auf „rohe Gewalt“, so ein Sprecher.