Kinder an Tisch
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Coronavirus

Studie: Folgen der CoV-Pandemie für Familien

Vor drei Jahren gab es in Niederösterreich die erste bestätigte CoV-Infektion – Maskenpflicht, Lockdowns und Abstandsregeln wurden Alltag. Wie sich die Maßnahmen auswirken, hat eine Soziologin in einer Studie erforscht. Sie hat 98 Familien in der Pandemie begleitet.

Mehr als 1,13 Millionen Infektionen in Niederösterreich und rund 5,9 Millionen Infektionen in ganz Österreich – so die aktuelle Bilanz nach drei Jahren CoV-Pandemie. Seit Februar 2020 ist viel passiert: Eine Serie an Lockdowns, die sich mit Phasen der Lockerungen abgewechselt haben, die Einführung und das Beenden einer CoV-Teststrategie, die Entwicklung der CoV-Impfung. Auch Hamsterkäufe im Supermarkt, Gesichtsvisiere und Abstandsregeln zogen in den Alltag ein.

Neben den Maßnahmen im öffentlichen Bereich hatte die Krise auch zahlreiche Auswirkungen im familiären Umfeld. Bereits in der ersten Woche des ersten Lockdowns im März 2020 startete die Familiensoziologin Ulrike Zartler dazu eine Studie. Mit ihrem Team von der Universität Wien begleitete sie 98 Familie durch die Pandemie. Dabei wurde untersucht, was die Pandemie mit der Gesellschaft, aber auch mit Einzelpersonen gemacht hat.

Es hat sich gezeigt: Die Pandemie hat tiefe Spuren in den Familien hinterlassen. „Wir haben Eltern, die jetzt noch sagen: Die Batterien sind leer. Es war eine sehr anstrengende Zeit“, so Zartler. Auch wenn langsam wieder die Normalität einkehre, viele könnten noch nicht ganz glauben, dass die Pandemie tatsächlich zu Ende gehe.

Talk mit Familiensoziologin Ulrike Zartler

Was hat die Pandemie mit uns als Gesellschaft und mit jedem Einzelnen gemacht?

Folgen für Familien werden erst jetzt sichtbar

Die vergangenen Jahre waren in Familien von unterschiedlichsten Emotionen geprägt. „Es war eigentlich fast eine Hochschaubahn der Gefühle mit großen Unterschieden. Am Beginn stand Angst und Unsicherheit im Vordergrund“, erklärt Zartler. Dem sei die Erschöpfung gefolgt. Im Winter 2020 habe die Resignation Einzug gehalten, gefolgt von Frust. Mittlerweile habe sich aber bei vielen Familien wieder eine Normalität eingestellt.

„Es ist ganz wichtig zu sehen, dass nicht alle Familien gleich gut durch die Pandemie gekommen sind“, betont die Soziologin. Vor allem für Alleinerziehende sei es besonders belastend gewesen, die Familie ökonomisch und emotional durch die Krise zu bringen. Viele Folgen der Pandemie für Familien würden laut Zartler erst jetzt sichtbar werden. Deshalb brauche es niederschwellige Unterstützungsangebote sowohl für Kinder als auch für Eltern.

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++ THEMENBILD: CORONAVIRUS  – MASKENPFLICHT IN …FFENTLICHEN EINRICHTUNGEN UND GESCH€FTEN
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Mit der Coronaviruskrise zog auch der Babyelefant in unseren Alltag ein
Toilettenpapier hamstern
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Hamsterkäufe in Supermärkten waren keine Seltenheit
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Viele Menschen waren mit einem Gesichtsschild unterwegs – diese wurden ob ihres mangelnden Schutzes bald stark kritisiert
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Verstärkte Hygienemaßnahmen wurden in allen Bereichen eingeführt

Der 25. Februar 2020 und was danach passiert

In den vergangenen drei Jahren ist in Österreich viel passiert und es war nicht immer leicht, den Überblick zu behalten: Ihren Anfang nahm die Pandemie bereits Ende 2019 in der chinesische Millionenstadt Wuhan. Ende Februar traten schließlich in ganz Europa Verdachts- und bestätigte Fälle auf. Die ersten beiden bestätigten Infektionen in Österreich gab es am 25. Februar 2020 in Tirol. Am 28. Februar folgt die erste Coronavirus-Infektion in Niederösterreich. Damals wurde ein Schüler am Erzbischöflichen Gymnasium Hollabrunn positiv getestet.

Am 16. März 2020 begann österreichweit eine Serie an Lockdowns und diversen Maßnahmen, die sich mit Phasen der Lockerungen abgewechselten. Noch im selben Jahr, am 27. Dezember 2020, wurden die ersten Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher gegen das Coronavirus geimpft. Nach einem Ansturm in der ersten Jahreshälfte 2021 ging das Interesse an der Schutzimpfung schließlich wieder zurück. Aufgrund der mangelnden Durchimpfungsrate und der Delta-Variante folgten weitere Lockdowns.

Um die Impfrate zu heben, wurde vom Bund eine Impfpflicht beschlossen – diese trat mit 5. Februar 2022 in Kraft, wurde aber nie schlagend. Bereits im März wurde sie ausgesetzt und im Sommer 2022 endgültig zurückgenommen. Mit 1. August wurde schließlich das Ende der Coronavirus-Quarantäne besiegelt. Seither gilt die Maskenpflicht nur mehr in bestimmten Bereichen, bei Erkrankung gibt es Verkehrsbeschränkungen.

Nowotny: „Wir waren gar nicht so schlecht“

Drei Jahre nach Beginn der Pandemie will auch die Regierung die Vorgehensweise während der Pandemie analysieren. Dabei sollen viele Expertinnen und Experten, die in diversen Beratungsstäben zur Verfügung gestanden sind, einbezogen werden. Die angekündigte Aufarbeitung wird auch von Norbert Nowotny, Human- und Veterinärvirologe an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, begrüßt. „Im Nachhinein ist man immer klüger. Wir Österreicher neigen dazu, alles schlecht zu reden. Aber wir waren gar nicht so schlecht." Im europaweiten Vergleich würde Österreich beim Pandemiemanagement im oberen Mittelfeld liegen.

CoV-Schutzimpfung in NÖ

  • 59,72% Durchimpfungsrate
  • 1.023.291 Personen mit Grundimmunisierung
  • 350.733 Personen mit Auffrischungsimpfung

Stand: 28.2.2023

Insbesondere am Anfang habe man rasch gehandelt und wichtige Maßnahmen umgesetzt, so Nowotny. Auch die Einführung der FFP2-Masken sei sehr effizient gewesen. Bei der Teststrategie hingegen sieht er Verbesserungspotential: „Wir haben wahrscheinlich ein bisschen zu viel getestet, man hätte das besser einsetzen können“. Auch beim Impfpflicht-Gesetz sei einiges schief gelaufen, sagt Nowotny, der aber auch darauf verweist, dass das Gesetz noch zu Zeiten der Delta-Variante beschlossen worden sei, die eher zu einem schweren Verlauf geführt habe als die folgende Omikron-Variante.

Er habe schon im Februar 2022 darauf hingewiesen, dass es die Impfpflicht nicht mehr brauche, so der Virologe. Auch in der Kommunikation gebe es Verbesserungsmöglichkeiten: „Seitens der Politik, aber – da müssen wir uns auch selber an der Nase nehmen – wahrscheinlich hätten es auch wir besser machen können“, so der Experte.

Lehren aus der Pandemie

Drei Jahre nach der Pandemie will die Regierung nun die Vorgehensweise während der Pandemie analysieren, auch mit den vielen Expertinnen und Experten, die in diversen Beratungsstäben zur Verfügung gestanden sind.

Nach drei Jahren ein „saisonales Virus“

Ob gut oder schlecht gelaufen, einige Lehren könnten in jedem Fall aus der Krise gezogen werden. „Die Maske ist eine gute Sache, denn sie schützt nicht nur vor Corona, sondern vor allen Atemwegsinfektionen“, so Nowotny. Spätestens im nächsten Herbst und Winter wird die Maske deshalb wieder sehr nützlich sein. Auch Hygienemaßnahmen wie vermehrtes Händewaschen seien hilfreich.

Mittlerweile ist bereits die neue Coronavirusvariante XBB.1.5 im Vormarsch. Sie soll die bisher ansteckendste sein, der Experte bleibt dennoch entspannt: Zwar würde XXB.1.5 bald auch in Österreich dominieren, die wärmeren Temperaturen würden jedoch zur Eindämmung beitragen. Aktuell wäre noch eine kleine Infektionswelle zu beobachten, aber „wir sind bereits jetzt in einem endemischen Zustand“, sagt Nowotny. Mittlerweile handle es sich um ein saisonales Virus.

CoV in NÖ in Zahlen

  • 1.135.696 Infektionen
  • 4.400 Tote
  • 41.117.966 Tests

Stand: 28.2.2023

Pandemie offiziell noch nicht vorbei

Das Ende des Krisenmodus ist inzwischen zumindest angekündigt. Bis Ende Juni will das Gesundheitsministerium stufenweise in den Normalbetrieb übergehen. Sämtliche Krisenmaßnahmen sollen bis dahin enden. Impfungen, Tests und Medikamente sollen dann in die regulären Strukturen des Gesundheitssystems integriert werden.

Offiziell ist die Pandemie jedoch noch nicht vorbei. Laut Weltgesundheits-Organisation bleibt es vorerst noch eine „gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite“. Weltweit sind mehr als 6,5 Millionen Menschen an den Folgen des Coronavirus verstorben.