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ORF/Novak
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Politik

ÖVP und SPÖ: Dicke Luft nach Verhandlungen

In den Verhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ über eine mögliche Zusammenarbeit nach der Landtagswahl ist es am Dienstag um Budgetfragen gegangen. Die Stimmung scheint angespannt. Die ÖVP vermisste „Ernsthaftigkeit“, die SPÖ „Bewusstsein“.

Die ÖVP vermisse die „Ernsthaftigkeit der SPÖ bei den Verhandlungen“, erklärte der designierte Klubchef und ÖVP-Chefverhandler Jochen Danninger im Anschluss an die Gespräche am Dienstag. Diese seien in einer „entscheidenden Phase“ angelangt, meinte er in einer schriftlichen Stellungnahme und auch im Interview mit noe.ORF.at. Kritik übte er daran, dass der Richtungsstreit in der Bundes-SPÖ aus seiner Sicht „immer stärker auch nach Niederösterreich hereingetragen“ werde, indem man „ganz bewusst unverrückbar Hürden aufbaue, um es sich dann in der Opposition einzurichten“.

Man hoffe weiter, „dass sich die konstruktiven Kräfte der niederösterreichischen Sozialdemokratie durchsetzen“, so Danninger, der den sozialdemokratischen Forderungen wenig abgewinnen kann. „Denn zur Umsetzung des SPÖ-Forderungspapiers wäre es notwendig, dass die ÖVP wesentliche Grundprinzipien aufgibt“, hielt er fest und sprach sich konkret etwa gegen Forderungen wie eine Baulandabgabe und eine flächendeckende Lkw-Maut auf Landesstraßen aus.

Baulandabgabe und Lkw-Maut sind „No-Gos“ für die ÖVP

„Eine Abgabe für Bauland, nur weil es noch nicht bebaut ist, wird es mit uns nicht geben“, sagte Danninger. Zudem werde die Volkspartei „alle Angriffe auf den Wirtschaftsstandort ablehnen wie die von der SPÖ vorgeschlagene flächendeckende Lkw-Maut auf Landesstraßen“. Diese Forderung wäre laut ÖVP „die standortschädlichste Mautregelung in ganz Österreich“ und „ein massiver Angriff auf den ländlichen Raum“.

Jochen Danninger im Interview
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Er vermisse die „Ernsthaftigkeit der SPÖ bei den Verhandlungen“, sagte der designierte Klubchef und ÖVP-Chefverhandler Jochen Danninger am Dienstag

Darüber hinaus hob er hervor: „Alle Maßnahmen, auf die wir uns einigen, müssen finanzierbar sein.“ Als Beispiel nannte er die von den Sozialdemokraten als Bedingung genannte Ausweitung des Pilotprojekts „Arbeitsplatzgarantie Marienthal“ des Arbeitsmarktservice (AMS) auf ganz Niederösterreich. Laut SPÖ-Angaben würde das im Endausbau 440 Millionen Euro kosten, derzeit betrage das gesamte Budget des AMS NÖ 220 Millionen Euro.

„Bei einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen erhöhen sich die Kosten aber schnell ins Unermessliche“, warnte Danninger. Auch inhaltlich sei das Projekt „schwer zu vermitteln: Während die Betriebe überall händeringend um Arbeitskräfte kämpfen, will die SPÖ künstlich steuergeldfinanzierte Jobs schaffen, anstatt die beinahe 18.000 echten offenen Stellen in den Betrieben zu besetzen.“ Danninger appellierte an die SPÖ, „mit uns ernsthafte Gespräche zu führen. Denn wir wollen weiterhin mit allen in der Landesregierung vertretenen Parteien zusammenarbeiten.“

SPÖ: ÖVP fehlt Bewusstsein, dass sich etwas ändern muss

Der ÖVP fehle das „Bewusstsein, dass sich etwas ändern muss", meinte wiederum die SPÖ im Anschluss an die Gesprächsrunde in einer schriftlichen Aussendung. „Wir haben unser Positionspapier sofort nach der Wahl an die ÖVP übergeben. Leider gibt es innerhalb der ÖVP NÖ noch wenig Bewusstsein, dass sie über konkrete Verbesserungen für die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher verhandeln muss“, meinte der designierte SPÖ-Klubobmann Hannes Weninger in dieser: „Wir können jedoch beruhigen: Eine gelebte Demokratie tut nicht weh!“

Hannes Weninger im Interview
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Der ÖVP fehle das „Bewusstsein, dass sich etwas ändern muss", meinte der designierte SPÖ-Klubobmann Hannes Weninger

In Zeiten der Teuerung und der sozialen Krise braucht es „spürbare Entlastungen für die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher“, forderte Weninger. Man habe deshalb fünf konkrete Forderungen vorgelegt: „den Gratiskindergarten, einen Heizpreisdeckel, die Anstellung pflegender Angehöriger, eine Jobgarantie und ein Investitionspaket für den ländlichen Raum sowie ein umfassendes Demokratiepaket“. Diese Entlastung sei „dringend notwendig, das haben sich die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher verdient“.

Das Forderungspapier habe es von Anfang an gegeben, betonte Weninger auch im Interview mit noe.ORF.at. Die Kernpunkte würden jetzt Punkt um Punkt verhandelt. „Ich hoffe, dass die ÖVP von ihrem Weiter-wie-bisher bald auf dem Verhandlungstisch zu konkreten Gesprächen bereit ist“, so Weninger. In Hinblick auf den Vorwurf, dass die Forderungen zu teuer sein, meinte er: „Sie kommen einerseits mit ‚zu teuer‘, andererseits mit ‚das wollen wir politisch nicht‘. Das ist aber die Grundthese in einer Verhandlungsrunde, dass man formuliert, was wollen wir gemeinsam für Niederösterreich.“

Auf dieses „Kleinklein“ wolle er sich „in der Öffentlichkeit nicht einlassen“, meinte Danninger darauf angesprochen. „Ich bleibe dabei, Verhandlungen muss man am Verhandlungstisch führen und nicht in der Öffentlichkeit“, so der designierte Klubobmann im Gespräch mit noe.ORF.at.

Angespannte Stimmung, aber auch Optimismus

Der Ton zwischen ÖVP und SPÖ wurde zuletzt rauer, vor allem seit der designierte SPÖ-Landesvorsitzende Sven Hergovich am Freitag in einer Pressekonferenz sechs Bedingungen für eine mögliche Zusammenarbeit stellte – mehr dazu in SPÖ stellt ÖVP Bedingungen für Zusammenarbeit (noe.ORF.at; 3.3.2023).

Der 34-Jährige forderte kostenlose Ganztagsbetreuung im Kindergarten, die Ausweitung des Pilotprojekts zur Jobgarantie für Langzeitarbeitslose, einen Heizpreisstopp für Haushalte, ein Anstellungsmodell für pflegende Angehörige sowie eine Strukturoffensive für vernachlässigte Regionen. Weiters verlangte Hergovich ein Demokratiepaket samt Personal- und Budgethoheit für die jeweiligen Regierungsmitglieder in deren Zuständigkeitsbereich. Die von der SPÖ geschätzten 392 Millionen Euro an Kosten für diese Maßnahmen sind aus Sicht der ÖVP „um rund 300 Millionen Euro unterdotiert“.

Ein Weiter-so-wie-bisher werde es nach dem Wahlergebnis jedenfalls nicht geben, betonte Weninger am Dienstag, der grundsätzlich jedoch von „gut laufenden“ und „produktiven“ Gesprächen berichtete. Auf die Frage, ob eine mögliche Einigung in Sicht sei, zeigte er sich optimistisch: „Ich hoffe, dass es vielleicht noch diese Woche zum Durchbruch kommt.“ „Wenn sich in der SPÖ die konstruktiven Kräfte durchsetzen, dann wird ein Ergebnis jedenfalls im Bereich des Möglichen sein“, meinte Danninger auf dieselbe Frage.

Laufende Gespräche auch mit der FPÖ

Auch wenn es „vertiefende“ Gespräche bisher nur zwischen ÖVP und SPÖ gab, befinde man sich auch mit der FPÖ „im laufenden Gespräch“, hieß es von der Volkspartei am Dienstag. Die Frage, ob eine Zusammenarbeit mit der FPÖ tatsächlich Thema oder ein Druckmittel sei, beantwortete Danninger nur ausweichend: „Wir haben immer gesagt, dass wir Verhandlungen mit allen Parteien führen. Und das tun wir auch weiterhin.“

Mit NEOS soll eine weitere Unterredung vor der konstituierenden Sitzung stattfinden. Die Grünen kündigten nach einem Termin vor einer Woche an, dass ein neuerliches Zusammentreffen erst nach Abschluss eines schwarz-roten Übereinkommens sinnvoll sei. Die konstituierende Landtagssitzung findet jedenfalls am 23. März statt.