Das Haus von Josef F. heute
ORF/Doris Henninger
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Chronik

15 Jahre nach Inzestfall ist Tatort saniert

Josef Fritzl hielt seine Tochter 24 Jahre in seinem Keller in Amstetten gefangen und zeugte mit ihr sieben Kinder. Er wurde zu lebenslanger Haft verurteilt – das Haus, in dem sich die Gräueltaten abspielten, an einen Unternehmer verkauft und saniert.

Ein neuer Fassadenanstrich in lachsrosa, sanierte Wohnungen, eine hübsch adaptierte Dachterrasse. 2023 sieht das ehemalige Haus von Josef Fritzl in Amstetten optisch kaum noch so aus wie 2008, als der Inzestfall, der die ganze Welt erschütterte, ans Tageslicht kam.

2016 kaufte Unternehmer Herbert Houska das Objekt. Warum man so ein Haus überhaupt haben will? „Es haben sich weder die Behörden noch die Politik getraut, dieses Thema wollte keiner angreifen“, erklärt Houska den Hauskauf. Im Nachhinein habe er besonders von den Nachbarn viele Gratulationen bekommen. Sie hätten gesagt, „Gott sei Dank machst du das, wir sind so froh, dass dieser ‚Sarkophag‘ weg ist“, erzählt der Amstettner. Houska steckte viel Geld in die Sanierung. Neun Wohnungen wurden in den vergangenen Jahren hergerichtet, die Dachterrasse erneuert. Das Verlies war allerdings schon viele Jahre zuvor mit Beton verfüllt worden.

Ganz unproblematisch dürfte diese Verfüllung nicht abgelaufen sein, erzählt der heutige Eigentümer des Hauses. „Leider ist durch diese Verfüllung mehr Schaden entstanden, denn der Beton ist nicht immer nur in die richtigen Kanäle gelangt. Das hat sehr viel Arbeit nach sich gezogen. Wir haben die ganzen Hauskanäle bis zur Straße aufgestemmt, weil der Beton in die falsche Richtung geronnen ist.“

Josef Fritzls Hobby- und Bastelräume sind noch da

Das Verlies ist also nicht mehr zu sehen, aber die anderen Kellerräume, die Josef Fritzl damals als Hobby- und Bastelbereich genutzt hat und zu denen nur er Zugang hatte, sind noch da. Houska hat sie so gut wie leergeräumt. Über eine gewöhnliche Kellertreppe kommt man nach unten. Nur wenige Meter von der Treppe entfernt gelangt man durch eine Metalltür in den ersten Kellerraum. Daneben befindet sich eine kleine Toilette. Die komplette Holzverkleidung an Wand und Decke stamme noch von Josef Fritzl, auch der große Drucker, der in einer Ecke steht, habe ihm gehört, erzählt Houska.

Der Keller von Josef F. heute
ORF/Doris Henninger
Diesen Raum dürfte Josef Fritzl als Hobby- und Bastelbereich genutzt haben. Das Verlies, das sich nebenan befand, ist heute nicht mehr zu sehen.

In den Nebenraum, die frühere Garage, gelangt man durch eine Schiebetür aus Holz. An der Wand hängt noch jener Sicherungskasten, der das Verlies mit Strom versorgt haben dürfte, darüber hängen Kabel. Eine Elektroinstallation führt an der Decke entlang in die angrenzende Wand – dorthin, wo sich einst das Verlies befand.

„Alle Kabel können wir nicht mehr nachvollziehen“, sagt Houska, „wir gehen aber davon aus, dass einige ins Verlies gegangen sind, aber das kann man im Nachhinein nicht mehr genau feststellen.“ Das Garagentor wurde entfernt, die Wand zugemacht, um Schaulustige abzuhalten. Mit Rigipsplatten wurde der einstige Zugang zum Verlies unsichtbar gemacht.

Das ORF-NÖ-Team im Keller von Josef F.
ORF/Doris Henninger
Der ORF Niederösterreich zeigt erstmals TV-Aufnahmen aus dem Keller von Josef Fritzl

Eigentümer von Fritzls Hausrat

Als Houska das Haus vor etwa sechs Jahren übernahm, war es im Wesentlichen in jenem Zustand, in dem es Fritzl zum Zeitpunkt seiner Verhaftung hinterlassen hatte. Gewisse Räume seien meterhoch mit leeren Flaschen und Dosen angefüllt gewesen. In einer Wohnung habe man Bekleidung und Schulsachen der Familie gefunden. Diese Dinge habe man dann entsorgt, erzählt der Eigentümer. In Houskas Besitz sind durch den Kauf der Immobilie auch viele von Fritzls persönlichen Gegenständen gelangt.

„Rechtlich gehören alle diese Sachen mir. Ich habe ein paar Sachen von ihm, etwa das Konzessionsdekret, ein Wunschkennzeichen und den Führerschein, der offensichtlich nie benutzt oder hergezeigt wurde. Ich darf ihn logischerweise auch nicht benutzen“, sagt Houska, der auch Fritzls Auto mit dem Hauskauf übernommen hat. „Das war ein alter Mercedes. Überraschenderweise ist er nach acht Jahren noch angesprungen, aber alles andere war natürlich schon verrostet. Ein Freund von mir hat das Auto verwertet und entsorgt.“

Heute ist am einstigen Tatort des Inzestfalls Ruhe eingekehrt. Die meisten Mieter kennen die Geschichte des Hauses nicht. Von der Opfer-Familie habe sich auch niemand in den letzten Jahren gemeldet, um vielleicht noch einmal ins Haus zurückzukehren oder um persönliche Dinge abzuholen, erzählt uns der Eigentümer. Langsam wird das Interesse an dem Fall weniger, aber begreifbar ist der Inzestfall wohl auch nach 15 Jahren nicht.