Gesundheit

Schleppender PVZ-Ausbau soll beschleunigt werden

14 Primärversorgungszentren sollte es eigentlich bis Ende 2021 in Niederösterreich geben. Den schleppenden Ausbau soll nun eine Gesetzesnovelle ändern. noe.ORF.at hat nachgefragt, wo die Hürden liegen und wie man diese beseitigen will.

Der Ausbau der Primärversorgungszentren (PVZ) schreitet nur langsam voran. Um ein solches eröffnen zu können, müssen sich mindestens drei Kassenärzte sowie diplomiertes Krankenpflegepersonal zusammenschließen und zu deutlich längeren Öffnungszeiten die Ordinationen offen halten. Aktuell ist das nur in St. Pölten, Böheimkirchen (Bezirk St. Pölten), Schwechat (Bezirk Bruck an der Leitha), im Melker Alpenvorland, im Schwarzatal sowie in Purgstall (Bezirk Scheibbs) der Fall. Fünf weitere Zentren sind in Planung oder kurz vor der Eröffnung. Dabei sollten es eigentlich schon mindestens 14 sein.

Jene, die in der Vergangenheit bereits ein PVZ eröffneten, sprechen von mindestens eineinhalb Jahren, die es braucht, um ein solches Zentrum zu gründen. Die größte Herausforderung sei gewesen, Mitstreiter zu finden, die ein PVZ mitgründen wollen, berichtet etwa Rafael Pichler vom PVZ St. Pölten im Interview mit noe.ORF.at. Außerdem gebe es ein großes unternehmerisches Risiko, so Philipp Schramhauser, der als Manager schon einige PVZ mit aufbaute und nach wie vor begleitet.

„Es muss die Kassenstellen geben, dann muss sich ein Team finden. Und das Team muss auf der persönlichen Ebene zusammenarbeiten können und überlegen, welche Gesellschaftsform sie für die Zusammenarbeit wählen“, berichtet Schramhauser. Auch Immobilien müssen gefunden und ausgebaut werden, Verträge mit der Gesundheitskasse, den Sozialversicherungen, dem Land und der Ärztekammer geschlossen werden. „Dieser Prozess dauert einfach“, so Schramhauser. Letztendlich sei die Gründung eines PVZ eine Unternehmensgründung mit hohen Ausgaben, für die es aber auch EU-Förderungen gebe.

Gesetzes-Novelle soll Ausbau beschleunigen

Das Gesundheitsministerium will den Ausbau der PVZ nun mit einer Gesetzes-Novelle beschleunigen: Land und Krankenkasse sollen Primärversorgungszentren – auch ohne Zustimmung der Ärztekammer – ausschreiben dürfen, sobald in einer Versorgungsregion zwei Stellen von Allgemeinmedizinern oder Kinderärzten sechs Monate lang nicht besetzt werden können. Bis 2025 soll die Zahl der Primärversorgungszentren so österreichweit verdreifacht werden – mehr dazu in Regierung will Ausbau beschleunigen (noe.ORF.at; 2.3.2023).

PVZ St. Pölten Baustelle
ORF/Tobias Mayr
In St. Pölten wird das bestehende Primärversorgungszentrum derzeit ausgebaut

Neben Allgemeinmedizinern können sich den Plänen zufolge künftig auch Kinderärzte für Primärversorgungszentren bewerben. Außerdem sollen sich auch Ärztinnen und Ärzte ohne Kassenvertrag an der Gründung beteiligen können. Möglich wäre dann etwa, dass statt bisher drei praktischen Kassenärzten und einer Pflegekraft künftig ein Kassenarzt, ein Wahlarzt und eine Pflegekraft ein Zentrum gründen können. Die Novelle geht nun in Begutachtung und soll noch heuer beschlossen werden.

Jene, die ein Primärversorgungszentrum leiten, wie Rafael Pichler plädieren außerdem für ein weniger starres System die Kassenstellen betreffend. So solle sich etwa der Stellenplan nicht an der zu versorgenden Einwohnerzahl orientieren, sondern daran, wie viele Patientinnen und Patienten derzeit keine ärztliche Versorgung finden, weil es einen Aufnahme-Stopp bei den Kassenärzten gibt.

Ärztekammer sieht finanzielles Risiko als Bremse

Der neue Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer Niederösterreich, Max Wudy, ortet im „NÖ heute“-Interview die Gründe für die langsame Entwicklung der PVZ im hohen finanziellen Risiko sowie in der Komplexität der Gründung. „Wenn die PVZ sinnvoll sind, reinpassen und das Konzept stimmt, haben wir überhaupt nichts gegen ein PVZ“, so Wudy. Aktuell führe man mit 17 Standorten und Ärztinnen und Ärzten Detailgespräche.

Kurienobmann Max Wudy zu Primärversorgungszentren

Der neue Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Max Wudy, spricht darüber, wieso der Ausbau von Primärversorgungszentren nur langsam vorangeht und wie wichtig diese derzeit seien.

Um mehr Ärztinnen und Ärzte für den niedergelassenen Bereich zu gewinnen, habe die Ärztekammer zuletzt begonnen, Lehrpraxen zu fördern und für länger verwaiste Praxen Anschubfinanzierungen zu leisten. Außerdem soll ein Mentoring-Programm etabliert werden: „Das heißt, dass ältere, erfahrene Kollegen jüngere bei der Bewerbung und Planung der Ordination begleiten, damit Fehler nicht noch einmal gemacht werden.“

Bisher habe auch keine Ordination Einbußen hinnehmen müssen, wenn ein PVZ in der Nähe errichtet wurde, so Wudy. Eine Erfahrung die auch Rafael Pichler vom PVZ St. Pölten teilt. Bedenken habe es gegeben, aber „unser Wachstum und die Zahl der Kollegen beweisen, dass das nicht der Fall ist“. Mehr Angebot heiße offenbar „auch mehr Nachfrage beziehungsweise eine überregionale Versorgung“, so Pichler. Sprich: Für ein PVZ nehmen die Patientinnen und Patienten offenbar auch längere Wegstrecken in Kauf.