Eduard Aberham
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„Menschen im Blickpunkt“

„Glaube an Semmering-Aufschwung“

Kaum jemand kennt den Semmering und seine Geschichte so gut wie Eduard Aberham. Der frühere Langzeit-Direktor des Grand Hotel Panhans glaubt an den Wiederaufschwung des Kurortes mit seinen großen Hotelprojekten. „Nur einen Fehler“ dürfe man nicht machen.

Eduard Aberham ist ein Quell an Informationen über die Blütezeit und das Verwelken des Nobel-Kurortes, in dem sich vor mehr als hundert Jahren noch die Weltprominenz die Klinke der Hoteltüren in die Hand gegeben hat. Bevor er das Panhans 27 Jahre lang geführt hat, hatte er ein buntes Leben, wie er sagt. Eigentlich hätte er das elterliche Gasthaus in Petronell-Carnuntum (Bezirk Bruck an der Leitha) übernehmen sollen. Aber es kam die „Sturm- und Drangperiode“, wie er es bezeichnet.

Aberham fuhr zur See, jobbte in Irland, in Südafrika, fuhr mit einem Auto quer durch Afrika nach Hause, besuchte eine Universität in Amerika, kehrte dann als Wirtschaftsanalytiker für Hilton International nach Wien zurück, wurde Direktor eines neu eröffneten Kurzentrums und landete schließlich als Direktor des Grand Hotel Panhans auf dem Semmering.

Der letzte „Leuchtturm“

Das Panhans war damals noch ein Treffpunkt der Reichen und Schönen, der letzte Leuchtturm aus der „goldenen Ära“ der 1920er-Jahre, der auch noch zur Jahrtausendwende Glamour versprühte. Allerdings nicht mehr lang, im Jahr 2012 ging es in Konkurs, wurde dann von einer ukrainischen Gesellschaft übernommen.

Eduard Aberham
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Aberham (r.) gemeinsam mit ORF-NÖ-Redakteur Robert Salzer in der Panhans-Baustelle

2017 begannen Renovierungsarbeiten, die heute noch nicht beendet sind, im Gegenteil. Ein Teil ist saniert, seit einiger Zeit aber steht die Baustelle. Nicht zuletzt der Krieg in der Ukraine blockiert weitere Investitionen der ukrainischen Besitzer – die Aberham aber nicht kritisiert: „Es war keine ‚Bruchbude‘, aber die Renovierung war nötig. Die Investoren haben es so gestaltet, wie sie es sich vorstellen. Ich würde das alles als guten Willen sehen und die Absicht, dass sie daraus etwas machen wollen.“

Josephine Baker als Star im Wirtshaus

Seit der Pensionierung 2011 verlegte sich Aberham auf das Schreiben. Zwei Bücher hat er schon geschrieben, eines entsteht gerade mit dem bezeichnenden Arbeitstitel „Sehnsuchtsort Semmering“. Zu finden sein werden darin Anekdoten wie die um die französische Star-Tänzerin Josephine Baker, deren sündiger, leicht bekleideter Auftritt in Wien verboten wurde und die stattdessen beim Wirt in Maria Schutz (Bezirk Neunkirchen) tanzte.

Sie sei damals im Panhans zu Gast gewesen, sagt Aberham: „Nachdem die katholische Kirche und die damals schon aktive NSDAP den Auftakt ihrer Welttournee in Wien verhindert hatten, fuhren der damalige Direktor und einige weitere Freunde mit ihr zum Wirten in Maria Schutz. Der Wirt Martin Auer spielte mit der Harmonika auf und sie begann auf dem Tisch zu tanzen. Der Start ihrer Welttournee war also, nachdem die Kirche ihn in Wien verhindert hatte, ausgerechnet im Wallfahrtsort Maria Schutz. Diesen Tisch vier gibt es noch immer in dem Gasthaus – mit Foto und Statue von Josephine Baker.“

Geheime Treffen von Weltpolitikern

Weniger amüsant ist ein überliefertes Treffen beim sogenannten „Bilderbaum“ ganz in der Nähe des Panhans, wie Aberham recherchierte: „Dort soll vor dem Ersten Weltkrieg König Peter von Serbien im Geheimen den deutschen Reichskanzler Bernhard von Bülow getroffen haben, der jahrelang Stammgast im Panhans war. Ihn soll er gebeten haben, sich beim österreichischen Kaiserhaus für ein Ende der Repressalien gegen Serbien einzusetzen. Bülow lehnte ab.“

Panhans wird saniert
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Derzeit ruhen die Renovierungsarbeiten im Panhans

Man könne heute nur spekulieren, meint Aberham: „Hätte Bülow zugesagt und sich beim österreichischen Hof eingesetzt, hätte man dort den Druck auf Serbien verhindert, wäre es vielleicht nicht zu Sarajewo gekommen, vielleicht nicht zum Ersten Weltkrieg und in der Folge auch nicht zum Zweiten Weltkrieg. Wer weiß.“

„Zukunft wird neue Geschichte schreiben“

Auch die glorreiche Vergangenheit des Semmerings zerschellte an den Kriegen. Vom Zentrum eines Weltreichs an den Rand eines kleinen Rest-Staates gerückt, in der Bedeutungslosigkeit versunken. Aber Eduard Aberham ist überzeugt, dass der Semmering wieder aufleben wird, vor allem weil Südbahnhotel und Kurhaus mit großem Aufwand revitalisiert werden: „Man darf dabei nur einen Fehler nicht machen – man darf keine Hotels daraus machen.“

Immerhin seien das Panhans oder das Südbahnhotel „keine Hotels in dem Sinne, wie wir es heute verstehen, gewesen“, meint der Ex-Direktor: „Das waren Begegnungsstätten mit viel Atmosphäre, wo die Gesellschaft extra hingefahren ist, wo Geschäfte gemacht wurden. Wenn ich im Skiurlaub wo schlafen will, kann ich in billigeren Hotels auch nächtigen, da gibt es auch Bett und Dusche. Ins Panhans ist man nicht nur zum Schlafen gefahren. Diese Chance können die neuen Hotels bieten. Die Zukunft wird eine neue Geschichte schreiben.“