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APA/HELMUT FOHRINGER
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Wirtschaft

EVN-Kunden „müssen aktiv werden“

Die EVN kündigt die Verträge von 300.000 Kundinnen und Kunden. Konsumentenschützer kritisieren die Vorgehensweise. Wer einen entsprechenden Brief erhält müsse jetzt „aktiv werden“, so eine AK-Expertin.

„Wichtig, bitte lesen“ – den Appell auf den Briefen, die die EVN derzeit an 300.000 Kundinnen und Kunden verschickt, sollte man dieses Mal ernst nehmen, ansonsten werden Ende Juni Strom und Gas abgedreht. Ab nächster Woche erhalten jene mit Optima-Klassik-Verträgen nach und nach diese Kündigungsschreiben.

„Den alten Optima-Verträgen ist ein Preisindex zugrunde gelegt“, erklärt EVN-Sprecher Stefan Zach, „auf dieser Basis würden sowohl der Stromtarif als auch der Gastarif mit 1. April deutlich ansteigen. Das wollen wir im Interesse der Kunden unbedingt vermeiden und machen Ihnen deshalb ein neues, günstiges und sicheres Angebot für zwölf Monate.“ Der Arbeitspreis ist etwas geringer, der monatliche Grundpreis höher als beim Optima-Klassik-Vertrag, es gibt aber derzeit auch günstigere Tarife am Markt.

Nach Klage in Wien: „Brauchen Rechtssicherheit“

Wien Energie hat einen anderen Weg gewählt: Tarife wurden automatisch umgestellt und erhöht. Der Verein für Konsumenteninformation hat das geklagt, das Verfahren läuft noch – mehr dazu in Tarifumstellung: VKI klagt Wien Energie (wien.ORF.at; 18.10.2022). Deswegen setze man bei der EVN nun diesen Schritt, Kundinnen und Kunden zu kündigen und zu bitten, einen neuen Vertrag abzuschließen. „Wir brauchen Rechtssicherheit“, betonte Zach, „und der VKI hat uns auch letztes Jahr im September für eine Preismaßnahme genau in diesem Tarifsegment geklagt und wegen der Gefahr einer zweiten Klage wollten wir das nicht machen.“

Nun muss die EVN 300.000 Betroffene erreichen: Aber schon beim Strompreisrabatt gab es Kritik an langen Wartezeiten am Telefon und in Kundencentern, auch das Ausfüllen wurde als zu kompliziert kritisiert. Dieses Mal will die EVN mehr Personal abstellen und mit einem Infobus durch niederösterreichische Orte fahren – falls „Wichtig, bitte lesen“ doch untergegangen ist.

Bei der Arbeiterkammer Niederösterreich hätten sich bereits EVN-Kundinnen und Kunden gemeldet. Viele Personen seien verunsichert, ob sie zum betroffenen Personenkreis zählen. „Die Telefone sind schon ein bisschen heiß gelaufen“, sagt Doris Augustin-Schneider, Juristin und Konsumentenberaterin der Arbeiterkammer Niederösterreich.

Doris Augustin-Schneider zur EVN

Was Betroffene der Kündigungen der EVN machen können, weiß Doris Augustin-Schneider von der Arbeiterkammer.

Betroffene bekommen eingeschriebenen Brief

Betroffene Haushalte würden jedenfalls einen eingeschriebenen Brief erhalten, außerdem könne man den Tarif auf der letzten Jahresrechnung nachlesen. Wer internetaffin ist, könne auch auf dem EVN-Kundenportal nachsehen.

Auch wenn ein solcher Brief zunächst für Verunsicherung sorgt, sollte man zunächst Ruhe bewahren. Dann sei es aber an der Zeit, aktiv zu werden, so die Expertin im „NÖ heute“-Interview: „Sie müssen tatsächlich jetzt etwas tun. Einerseits, die Entscheidung treffen: Möchte ich EVN-Kundin bzw. Kunde bleiben oder bin ich wechselwillig?“ Wer weiter seinen Strom von dem niederösterreichischen Energieversorger beziehen will, muss das Schreiben retournieren. „Hier appellieren wir dringend, dass man das per Einschreiben postalisch zurückschickt oder per Email.“

Vor Wechsel Tarife vergleichen

Wer seinen Stromanbieter wechseln will, kann über den Tarifkalkulator der E-Control Preise vergleichen und sich einen Überblick verschaffen, bevor er schließlich einen neuen Anbieter auswählt. Auch die Arbeiterkammer bietet Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Anbieter.

Augustin-Schneider richtet aber auch einen „dringenden“ Appell an den Energieversorger, „dass hier noch eine zusätzliche Kommunikationsschiene stattfindet.“ Es könnten Leute auf Kur oder auf Montage sein und deshalb den Brief nicht erhalten, merkt die Konsumentenschützerin an. „Diese Kundengruppe sind wohl die treuesten Kunden. Die haben es sich wohl auch verdient, dass sie noch einmal kontaktiert werden, um zu verhindern, dass man ab 1. Juli vertragslos ist und die Abschaltung drohen kann.“