HK Gruber
ORF
ORF
Politik

Kultur: „Unverständnis“ über ÖVP-FPÖ-Pakt

Besonders in der Kulturbranche regt sich breiter Unmut, seit bekannt ist, dass die ÖVP über ein Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ in die nächste Legislaturperiode starten wird. Das wurde auch bei der Festivaleröffnung von Imago Dei in Krems deutlich.

Freitagabend wurde das alljährliche Festival Imago Dei mit einem Schwerpunkt zum 80. Geburtstag des international gefeierten niederösterreichischen Komponisten Heinz Karl Gruber (Bild oben) eröffnet. Gruber hatte erst wenige Tage zuvor den Protestbrief niederösterreichischer Künstlerinnen und Künstler gegen die schwarz-blaue Zusammenarbeit unterschrieben.

Sein aktuelles Werk „Frankenstein, ein Pandämonium“ sei gespickt mit „brisanten und aktuellen“ Bezügen, so Gruber, der diesen Bezügen nichts mehr hinzuzufügen hätte. Vertont hat er in „Frankestein“ schaurige Kindergedichte von HC Artmann. Zu einer Bemerkung ließ er sich nach dem Konzert dann aber doch noch hinreißen: „Ich habe selbst während der Aufführung an die chiffrierten politischen Botschaften gedacht, die in diesen Texten vergraben sind. Das passt alles!“

Kritik: Von fehlender Achtung bis christlichen Mängeln

Ausgiebig diskutiert wurde die neue politische Situation bei der Veranstaltung in Krems jedenfalls unter Grubers zuhörenden Künstlerkolleginnen und -kollegen. Der Unmut in der Kunst- und Kulturbranche ist groß, wie sich dort zeigte. Vor allem die Rolle der ÖVP wurde von vielen unmissverständlich kritisiert.

„Wie eine christliche Partei mit dieser FPÖ ein Arbeitsübereinkommen machen kann, ist mir völlig unverständlich“, sagte etwa Schriftsteller Robert Menasse, „aber vielleicht kenne ich mich beim Christentum nicht gut genug aus.“

Sein Schriftstellerkollege Doron Rabinovici bezeichnete die niederösterreichische FPÖ als „einen Ausleger der FPÖ, der ja noch rechtsextremer ist, als die Partei sonst schon ist. Wenn sie (die ÖVP; Anm.) es sich mit denen gemein tut: Welche Achtung soll man dann noch vor solchen Politikerinnen haben? Gar keine.“

Robert Menasse
ORF
Eine der kritischen Stimmen aus der Kultur: Schriftsteller Robert Menasse zweifelt die christlichen Werte der ÖVP an

„Schleusenöffner“ für Bundesebene

Filmemacherin Ruth Beckermann nahm auch die Bundespolitik nicht aus der Verantwortung: „Nach der Rede des Herrn Bundeskanzler geht eh alles in die Richtung, dass sich die ÖVP quasi als die fast bessere FPÖ darstellt. Sie wird schon sehen, was ihr das bringen wird.“

Auch Komponist Christian Muthspiel ergänzte in Anspielung auf bundesweite Entwicklungen: „Wenn man bedenkt, was die jetzigen Protagonisten dieser Koalition von sich gegeben haben in den letzten Monaten und Jahren und wenn man sich vorstellt, dass Herr Waldhäusl jetzt Zweiter Landtagspräsident wird: Es ist ein wirklicher Schrecken und ich habe das Gefühl, dass das ein Schleusenöffner für Schlimmeres auf bundesweiter Ebene ist.“

Heftige Kritik an der ÖVP-FPÖ-Zusammenarbeit in Niederösterreich kam am Samstag auch vonseiten des Internationalen Auschwitz Komitees, das in dem blau-schwarzen Arbeitsübereinkommen ein „bitteres Signal“ sah. Für Überlebende des Holocaust und deren Angehörige sei das „empörend und grauenerregend“, so Vizepräsident Christoph Heubner – mehr dazu in Auschwitz Komitee kritisiert ÖVP-FPÖ-Pakt (noe.ORF.at; 18.3.2023).