Die neu gewählte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner im Rahmen der Konstituierenden Sitzung
APA/HELMUT FOHRINGER
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Politik

Mikl-Leitner mit 24 Stimmen gewählt

Bei der konstituierenden Landtagssitzung ist am Donnerstag Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) erneut zur Landeshauptfrau gewählt worden – mit nur 24 von 41 gültig abgegebenen Stimmen. Insgesamt wären 56 Stimmen möglich gewesen.

Erhielt Mikl-Leitner nach der Wahl im Jahr 2018 noch 53 der 56 Stimmen im Landtag, waren es am Donnerstag nur noch 24. Gültig waren 41 Stimmen, da eine einfache Mehrheit ausreichend ist, ist Mikl-Leitner nun erneut Landeshauptfrau von Niederösterreich.

SPÖ, Grüne und NEOS hatten bereits im Vorfeld angekündigt, die ÖVP-Landeschefin nicht zur Landeshauptfrau zu wählen. Damit die ÖVP dennoch eine Mehrheit erzielt, hatte die FPÖ angekündigt, ungültig zu wählen. Die Freiheitlichen hatten ja bereits im Wahlkampf beteuert, Mikl-Leitner nicht ihre Stimme zu geben, schlossen jedoch ein Arbeitsübereinkommen mit der ÖVP, nachdem die Verhandlungen mit der SPÖ gescheitert waren – mehr dazu in Wie Mikl-Leitner & Co. gewählt werden (noe.ORF.at; 22.3.2023).

Jochen Danninger gratuliert Johanna Mikl-Leitner bei konstituierender Sitzung
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Indem 15 ungültige Stimmen abgegeben wurden, reichten 24 Stimmen, um Mikl-Leitner zur Landeshauptfrau zu machen

Erste Amtszeit ohne absolute Mehrheit

Mikl-Leitner gilt als erfahrene Politikerin, die seit Jahrzehnten wichtige politische Funktionen bekleidet – sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. So war sie unter anderem ÖVP-Landesgeschäftsführerin, Nationalratsabgeordnete und Landesrätin, bevor sie 2011 als Innenministerin in die Bundesregierung wechselte. In die Landespolitik kehrte sie 2016 zurück – sie wurde Landeshauptmann-Stellvertreterin, danach kürte sie die ÖVP zur neuen Landesparteiobfrau. Im April 2017 wurde sie zur ersten Landeshauptfrau von Niederösterreich gewählt.

Bei der Landtagswahl 2018 konnte Mikl-Leitner mit 49,6 Prozent der Stimmen die absolute Mandatsmehrheit der ÖVP verteidigen. Im Wahlkampf für die Landtagswahl im Jänner 2023 kämpfte sie auch gegen die schlechten Umfragewerte der Bundes-ÖVP. Bei der Wahl Ende Jänner verlor die ÖVP in Niederösterreich dann nicht nur die absolute Mandatsmehrheit im Landtag, sondern auch die Mehrheit in der Landesregierung.

In der künftigen Landesregierung wird Mikl-Leitner als Landeshauptfrau für die Bereiche Wirtschaft, Tourismus, Kultur und Personalangelegenheiten zuständig sein, außerdem für europäische Integration, EU-Erweiterung und die Außenbeziehungen des Landes.

Wilfing führt Landtagspräsidium an

Vor der Wahl zur Landeshauptfrau stand bei der konstituierenden Sitzung noch die Angelobung der Abgeordneten sowie die Wahl des Landtagspräsidiums an. Erster Landtagspräsident wurde erneut Karl Wilfing (ÖVP). Er wurde mit 51 der 56 Stimmen gewählt.

Der 62-jährige Poysdorfer (Bezirk Mistelbach) studierte Publizistik und Politikwissenschaften. Er begann eine Karriere als Beamter im Familienministerium. Wilfing war Gemeinderat, in den 1990ern Bundesrat, ab 2000 Bürgermeister in Poysdorf und Landtagsabgeordneter.

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Karl Wilfing im Februar 2023
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Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP) stammt aus Poysdorf
Gottfried Waldhäusl 2022
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Gottfried Waldhäusl (FPÖ) ist nun nicht mehr Landesrat, sondern Zweiter Landtagspräsident
Eva Prischl im Februar 2023
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Für Eva Prischl (SPÖ) ist das Amt der Dritten Landtagspräsidentin eine Premiere im Landtag

2011 bis 2018 fungierte er als Landesrat u. a. für die Bereiche Verkehr und Bildung. Eines seiner größten Projekte war die Weinviertelautobahn. Nach der Landtagswahl 2018 wurde er von der ÖVP für das Amt des Ersten Landtagspräsidenten vorgeschlagen. 2019 eröffnete er dann in dieser Funktion den letzten Abschnitt der Weinviertelautobahn.

Waldhäusl wechselt von Landesregierung ins Präsidium

Mit Gottfried Waldhäusl hat die FPÖ Niederösterreich einen ihrer längstdienenden Landespolitiker als Zweiten Landtagspräsidenten nominiert. Er wechselt von der Landesregierung in das realpolitisch wohl weniger einflussreiche Landtagspäsidium. Er wurde mit 38 der 56 Stimmen gewählt. Der 58-jährige Waldviertler war in den letzten Jahren Asyllandesrat und dabei auch in zahlreiche heftige politische Kontroversen involviert.

Im Vorfeld der Wahl wurde daher in außerplanmäßigen Wortmeldungen in der Sitzung von SPÖ und Grünen dazu aufgerufen, Waldhäusl nicht zum Zweiten Landtagspräsidenten zu wählen. Für Aufregung sorgte er etwa, als er 2018 in Drasenhofen ein mit Stacheldraht gesichertes Quartier für auffällig gewordene minderjährige Flüchtlinge eröffnet. Nach Protesten wurde das Quartier geschlossen.

Waldhäusl musste sich danach wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs vor Gericht verantworten, Rücktrittsaufforderungen lehnte er ab. Im Vorjahr wurde er in erster Instanz freigesprochen – mehr dazu in Amtsmissbrauch: Freispruch für Waldhäusl (noe.ORF.at; 23.9.2022). Erst kürzlich sorgte er bei einer TV-Diskussion erneut für Aufregung. Gegenüber eine Schülerin mit Migrationshintergrund sagte er, dass bei einer strengeren Asylpolitik „Wien noch Wien“ wäre – mehr dazu in Waldhäusl bekräftigt Sager „zu 100 Prozent“ (noe.ORF.at; 2.2.2023).

Waldhäusl mit Wilfing bei Angelobung
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Gottfried Waldhäusl wurde mit 38 der 56 Stimmen zum zweiten Landtagspräsidenten gewählt

Waldhäusl ist seit 1990 politisch tätig, von 1998 bis 2018 war er Landtagsabgeordneter der FPÖ, davon auch fünf Jahre Klubobmann der Freiheitlichen. Ab 2018 war Waldhäusl Landesrat. Als Zweiter Landtagspräsident wird Waldhäusl wohl nicht mehr so oft in der Tagespolitik mitmischen, er könnte sich politisch stärker in seiner Heimatstadt Waidhofen an der Thaya engagieren.

Prischl wechselt vom Bundesrat in den Landtag

Für die Dritte Landtagspräsidentin Eva Prischl (SPÖ) ist es das erste Mandat im niederösterreichischen Landtag. Sie wurde einstimmig gewählt. Die Landeshauptstadt kennt sie aber in- und auswendig: Sie war dort Tourismusdirektorin, Ende Jänner ging sie in Pension. Dementsprechendes Fachwissen hat die frühere Bedienstete des Magistrats St. Pölten im Bereich Tourismus.

Die 60-Jährige setzte sich seit 2018 als Bundesrätin auch für die Themen Wohnen, Kunst und Kultur, Freizeit und Pensionen ein. Sie wuchs in Wilhelmsburg (Bezirk St. Pölten) auf und war dort auch zehn Jahre lang im Gemeinderat tätig.

Eva Prischl (SPÖ)
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Eva Prischl ist nun Dritte Landtagspräsidentin

Pernkopf erneut Landeshauptfrau-Stellvertreter

Im Anschluss an die Wahl der Landeshauptfrau wurden deren Stellvertreter gewählt. Die ÖVP hatte wenig überraschend Stephan Pernkopf nominiert. Er war bereits in der letzten Legislaturperiode Mikl-Leitners Stellvertreter. Er wurde am Donnerstag mit 37 der 56 Stimmen gewählt.

Auch er kann auf langjährige Erfahrung in der Landespolitik zurückblicken, seit 2009 ist er Teil der Landesregierung, zunächst als Landesrat, später als Landeshauptfrau-Stellvertreter. Zudem ist er Obmann des niederösterreichischen Bauernbundes. In der neuen Legislaturperiode wird Pernkopf für die Bereiche Landwirtschaft, Energie, Umwelt, Wissenschaft und Forschung und Feuerwehren zuständig sein.

Landbauer: Von der Liederbuchaffäre zum LH-Stellvertreter

Wegen des Proporzsystem steht auch der FPÖ einer der beiden LH-Stellvertreter zu. Dass FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer dieses Amt übernimmt, haben angesichts der letzten Jahre wohl nur die wenigsten Politikbeobachter vermutet. 2018 wurden in seiner schlagenden Burschenschaft Liederbücher mit antisemitischen und NS-verherrlichenden Texten gefunden.

Landbauer trat aus der „Germania zu Wr. Neustadt“ aus und von all seinen politischen Funktionen zurück. Er wurde von der Staatsanwaltschaft als Zeuge geführt, 2018 wurde das Verfahren gegen die Burschenschaft wegen Verjährung eingestellt. Kurz darauf kehrte er in die Politik zurück.

Udo Landbauer (FPÖ) und Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bei konstituierender Sitzung
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Udo Landbauer ist mit 25 Stimmen zum Landeshauptfrau-Stellvertreter gewählt worden

Landbauer studierte Management an einer Fachhochschule. Er ist seit jeher Berufspolitiker. Der 36-Jährige ist – gemeinsam mit dem früheren LH-Stellvertreter Josef Leitner (SPÖ) – der jüngste LH-Stellvertreter. Eines seiner zentralen Wahlkampfthemen war Asyl. In der Landesregierung wird er nun aber die Bereiche Verkehr, Sport und einen Teil der EU-Agenden übernehmen. Sein zweites zentrales Thema im Wahlkampf war die Kritik an der ÖVP und an Mikl-Leitner, deren Stellvertreter er nun ist.

Nachdem auch hier im Vorfeld erwartet wurde, dass es mehr Nein- als Ja-Stimmen gibt, wurden – ähnlich wie bei der Wahl der Landeshauptfrau – auch ungültige Stimmen abgegeben, um eine Mehrheit zu erreichen. Konkret waren es zwölf ungültige Stimmen, von den 44 gültigen Stimmen wurden bei 25 Ja angekreuzt.

ÖVP-Landesräte für Bildung und Finanzen zuständig

Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) bleibt in der neuen Legislaturperiode Landesrätin für Bildung und Soziales. Sie wird künftig auch für den Wohnbau verantwortlich sein. Sie wurde am Donnerstag mit 38 Stimmen gewählt. Eine Mehrheit ist bei der Wahl der Landesräte nicht notwendig. Die 49-Jährige ist seit dem Jahr 2018 Landesrätin und seit 2020 auch Obfrau des Niederösterreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes (NÖAAB).

Auch Ludwig Schleritzko (ÖVP) bleibt als Finanzlandesrat bei seinen Agenden. Er wurde wie Teschl-Hofmeister mit 38 Stimmen gewählt. Zusätzlich wird er für die niederösterreichischen Landeskliniken zuständig sein. Auch die Gemeindeaufsicht bleibt in seinem Ressort. Der 44-jährige Waldviertler ist seit 2017 Landesrat für Finanzen.

Einschätzungen vom Landtag-NÖ

ORF-Reporterin Katharina Sunk berichtet aus St. Pölten von der konstituierenden Landtagssitzung.

Asylagenden bleiben bei FPÖ

Christoph Luisser wird als neues FPÖ-Regierungsmitglied Nachfolger von Waldhäusl als Asyllandesrat. Luisser wird auch für Sicherheit, Zivilschutz, den CoV-Hilfsfonds und den Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) zuständig sein. Der 46-Jährige ist seit 2020 Bezirksparteiobmann der FPÖ in Mödling. Er wurde mit 37 Stimmen zum Landesrat gewählt.

Susanne Rosenkranz wird – ebenso mit 37 Stimmen – neue Landesrätin der FPÖ. Sie ist in der Landesregierung künftig unter anderem für den Arbeitsmarkt, die Behindertenhilfe und den Konsumenten- und Naturschutz zuständig. Die 50-Jährige war bisher Stadträtin in Krems. Sie gilt als erfahrene Juristin und ist mit Volksanwalt Walter Rosenkranz verheiratet.

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Mikl-Leitner
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In der Landesregierung Mikl-Leitner III sind:
Stephan Pernkopf
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Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf, u. a. zuständig für Landwirtschaft, Umwelt und Wissenschaft
Schleritzko im Februar 2023
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Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) bleibt für Finanzen zuständig, auch die Landeskliniken fallen in sein Ressort
Teschl-Hofmeister
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Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) ist weiterhin für Bildung und Soziales zuständig, künftig auch für Wohnbau
Landbauer im März 2023
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Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) übernimmt die Bereiche Verkehr, Sport und einen Teil der EU-Agenden
Christoph Luisser Landesrat
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Landesrat Christoph Luisser (FPÖ) übernimmt die Asylagenden und wird auch für den CoV-Hilfsfonds sowie Sicherheit zuständig sein
Susanne Rosenkranz
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Landesrätin Susanne Rosenkranz (FPÖ) ist für den Arbeitsmarkt, die Behindertenhilfe und den Konsumenten- und Naturschutz zuständig
Sven Hergovich am 30. Jänner 2023
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Landesrat Sven Hergovich (SPÖ) wird voraussichtlich das Baurecht und die Aufsicht über SPÖ-Gemeinden übernehmen
Königsberger-Ludwig
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Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) bleibt Landesrätin für Gesundheit

Hergovich und Königsberger-Ludwig als SPÖ-Landesräte

Für die SPÖ wird Sven Hergovich neuer Landesrat. Er erhielt am Donnerstag die wenigsten Stimmen – nur 15 Abgeordnete wählten ihn. Der 34-jährige designierte Landesparteivorsitzende wird voraussichtlich für das Baurecht und die Gemeindeaufsicht für SPÖ-Gemeinden zuständig sein. Sein Wunschressort Arbeitsmarkt bekommt der frühere AMS-NÖ-Geschäftsführer nicht.

Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) erhielt 21 Stimmen und bleibt Landesrätin für Gesundheit. Die 57-jährige Amstettnerin ist weiterhin für die öffentliche Gesundheitsvwerwaltung, Kinder- und Jugendhilfe, Frauenhäuser und Obdachloseneinrichtungen zuständig.