Arbeitsübereinkommen
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Politik

Die ÖVP-FPÖ-Pläne im 36-Seiten-Pakt

Die Kritik am Arbeitsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ in Niederösterreich reißt weiterhin nicht ab. Die Pläne von Schwarz-Blau sind im 36-seitigen Arbeitsübereinkommen nachzulesen, von A wie Arbeit bis Z wie Zusammenarbeit – ein Überblick.

Viele Pläne, aber naturgemäß noch wenig Details, finden sich im Arbeitsübereinkommen von ÖVP und FPÖ. Viele Punkte sollen in den kommenden fünf Jahren noch ausverhandelt werden. Zentrale Vorhaben werden hier zusammengefasst:

Coronavirus

Die geplante Rückzahlung von verfassungswidrigen Coronavirusstrafen ist bereits bekannt und äußerst umstritten – mehr dazu in ÖVP-FPÖ-Pakt bringt CoV-Strafenrückzahlung (noe.ORF.at; 20.3.2023). Abgesehen davon will das Land als Arbeitgeber jene einladen, die wegen der Impfpflicht nicht in den Landesdienst aufgenommen wurden. Das Land hatte ja eine Coronavirus-Impfpflicht eingeführt und wieder aufgehoben. Die Betroffenen könnten jetzt erneut aufgefordert werden, sich zu bewerben, heißt es auf Nachfrage. Wie viele Personen betroffen sind, ließ sich am Dienstag nicht herausfinden.

Bildung

Sowohl im Kapitel über die Bildung als auch in jenem über die Integration findet sich der Plan, die Verwendung der deutschen Sprache auch in den Pausen und am Schulhof zu forcieren – und es in die autonom zu beschließenden Hausordnungen aufzunehmen. Mit dem Versuch, Deutsch im Schulhof sogar gesetzlich zu verankern, ist Schwarz-Blau in Oberösterreich vor einigen Jahren gescheitert. In Niederösterreich lehnen Direktorinnen und Direktoren sowie Pädagoginnen und Pädagogen die Pläne als „nicht umsetzbar“ ab – mehr dazu in Deutsch als Pausensprache „nicht umsetzbar“ (noe.ORF.at; 21.3.2023).

Familie und Kinder

Im Kapitel Familie ist von „echter Wahlfreiheit“ bei der Kinderbetreuung die Rede. Einerseits soll das von der ÖVP bereits im Herbst angekündigte Programm zum Ausbau der Kinderbetreuung umgesetzt werden – mehr dazu in Niederösterreich reformiert Kinderbetreuung (noe.ORF.at; 7.9.2022). Andererseits könnte es auch Geld geben, wenn Kinder im „Familienverband“ betreut werden. Eine Arbeitsgruppe soll klären, wie da etwa Spracherwerb und Integration sichergestellt werden können.

Integration

Apropos Integration, in diesem Kapitel ist Diverses zu lesen. Unter anderem auch, dass Asylwerber in der Grundversorgung mehr Sach- statt Geldleistungen bekommen sollen. Außerdem soll sich künftig der Bund um straffällig oder gewalttätig gewordene Asylwerber kümmern. Wie das umsetzbar ist, soll geprüft werden.

Pflege

Im Bereich der Pflege setzen ÖVP und FPÖ auf den Grundsatz „Daheim vor stationär“. Bei der Pressekonferenz, bei der ÖVP und FPÖ ihre Einigung bekannt gegeben haben, wurde auch ein Pflegescheck angekündigt. Der findet sich zwar nicht explizit im Arbeitsübereinkommen, soll aber ausgearbeitet werden, heißt es auf Nachfrage von den Verhandlern. Menschen ab der Pflegestufe drei, die zu Hause betreut werden, sollen in den Genuss des Schecks kommen. Das sind etwa 47.000 Personen. Sie sollen sich damit zusätzliche Leistungen finanzieren können. Die Höhe des Schecks ist noch Gegenstand von Verhandlungen.

Soziales und Kampf gegen die Teuerung

Maßnahmen gegen die Teuerung dominieren das Kapitel Soziales. Für Einkommensschwache soll es neben dem bereits bestehenden Heizkostenzuschuss eine weitere Unterstützung geben – unbürokratisch, wie betont wird. Die Höhe des zusätzlichen Zuschusses ist noch offen.

Tourismus und Gastronomie

Viel diskutiert wurde zuletzt über die Wirtshausprämie, die sich im Kapitel Tourismus und Gastronomie findet. Umstritten ist vor allem, dass Wirte dafür traditionelle Küche anbieten müssen. Verwiesen wird auf Tirol, wo die frühere schwarz-grüne Regierung vor einigen Jahren eine ähnliche Prämie etwa für die Übernahme eines Wirtshauses eingeführt hat. Voraussetzung ist dort, dass der klassische Wirtshauscharakter erhalten bleibt. Das sei auch das Ziel in Niederösterreich, so die Verhandler, zumal in den vergangenen 20 Jahren jedes dritte Wirtshaus zugesperrt hat.

Umwelt und Klimaschutz

Ein Kapitel ist den Themen „Umwelt, Klimaschutz, Energie und Raumordnung“ gewidmet. Die Energieunabhängigkeit soll vorangetrieben werden – und zwar durch den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien, ist darin zu lesen. Sehr ins Detail gehen ÖVP und FPÖ dabei nicht. Bürgerbeteiligungsmodelle sollen forciert werden. Der Bund wird außerdem aufgefordert, die Rahmenbedingungen für den Ausbau zu schaffen. Bezüglich Raumordnung will Niederösterreich eine Bodenstrategie fahren, die unnötigen Bodenverbrauch vermeidet. NGOs üben Kritik, zeigen sich überrascht und irritiert von den Inhalten. Der Pakt wird als „unambitioniert und widersprüchlich“ gesehen – mehr dazu in Große Kritik an fehlenden Klimaplänen (noe.ORF.at; 22.03.23).

Verkehr

Festhalten wollen ÖVP und FPÖ an umstrittenen Straßenbauprojekten, von der S1 samt Lobautunnel über die S8 bis hin zur S34. Diese wurden zuletzt von Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) gestoppt, sie sind aber im Bundesstraßengesetz weiter verankert. Neben einem Bekenntnis zum Verbrennungsmotor zeigt man sich gegenüber Akku- und Wasserstofftechnologien offen. Auch ein im Wahlkampf viel diskutierter Punkt findet sich wieder: die sogenannten Klimakleber. Gegen sie soll „entschlossen und rechtlich effektiv“ vorgegangen werden. Verwiesen wird da auf den Vorschlag des Landes für eine Versammlungsgesetz-Novelle, der im Wahlkampf dem Innenministerium übermittelt wurde – mehr dazu in Klimablockaden: Vorschlag für Änderung liegt vor (noe.ORF.at, 14.1.2023). In Niederösterreich gab es bis dato keine Klebeaktionen.

Wohnen

Die eigenen vier Wände sollen leistbar bleiben, so der Grundsatz im Kapitel Wohnen. Miete oder Eigentum ist hier egal, wobei Letzteres gestärkt werden soll. So sollen Genossenschaften den Mietern im gemeinnützigen Wohnbau nach fünf bis 15 Jahren verpflichtend ein Kaufangebot machen. Details sind noch offen. Außerdem soll die Wohnbauförderung an ein Mindestmaß an Deutschkenntnissen gekoppelt sein. Hier blicken ÖVP und FPÖ auf eine entsprechende Regelung im schwarz-blau-regierten Oberösterreich.

Das sind nur einige Details aus den Plänen von ÖVP und FPÖ, bei deren Formulierung auf die weibliche Form übrigens „im Geiste von Vernunft und Verantwortung“ verzichtet wird. Die Frage, wie künftig im Landesdienst geschlechtergerecht formuliert werden soll, ist ebenfalls ein Punkt, der sich im Arbeitsübereinkommen findet. ÖVP und FPÖ wollen eine Antwort auf diese Frage gemeinsam ausarbeiten und Klarheit schaffen, heißt es. Man wolle sich an den Vorgaben des „Rats der deutschen Rechtschreibung“ orientieren. Die Leitlinien für Publikationen des Landes sollen für den Landesdienst bindend sein – und auch den Hochschulen empfohlen werden.