Leerer Sitzungssaal des niederösterreichischen Landtags in St. Pölten
ORF / Felix Novak
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Politik

Wie Mikl-Leitner & Co. gewählt werden

Die Zustimmung für Landeshauptfrau Mikl-Leitner (ÖVP) bei ihrer Wiederwahl wird bei der konstituierenden Landtagssitzung dünn ausfallen. Nur 23 von 56 Mandataren werden sie wählen. Spannend wird auch die Wahl von FPÖ-Chef Udo Landbauer zu ihrem Vize.

TV-Hinweis

Die konstituierende Landtagssitzung wird am Donnerstag, 23.3., ab 9.55 Uhr live auf ORF2N und in der TV-Thek übertragen.

Am 22. März 2018 war die niederösterreichische Landespolitik noch eine andere. Wenige Monate zuvor hatte Johanna Mikl-Leitner bei ihrer ersten Landtagswahl überraschend die absolute Mehrheit der ÖVP verteidigt. Bei der konstituierenden Landtagssitzung im März schließlich wurde sie mit 53 der 56 Stimmen gewählt. Ein Ergebnis, das sich am Donnerstag jedenfalls nicht wiederholen wird.

Die Landeschefin der Volkspartei wird diesmal wohl nur die jene 23 Stimmen einfahren, die vom schwarzen Landtagsklub kommen. SPÖ, Grüne und NEOS kündigten zuletzt unisono an, nicht für Mikl-Leitner votieren zu wollen. Sie verfügen gemeinsam lediglich über 19 Stimmen. Wenn die 14 Mandatare der Freiheitlichen – wie angekündigt – ungültig wählen, reichen Mikl-Leitner bei insgesamt 56 Abgeordneten die eigenen 23 Stimmen, um zur Landeshauptfrau gekürt zu werden. Es zählen nur gültige Stimmen.

Claudia Schubert und Werner Fetz berichten am Donnerstag live

Die konstituierende Landtagssitzung wird am Donnerstag ab kurz vor 10.00 Uhr live in ORF2N übertragen. Claudia Schubert und Werner Fetz kommentieren die Übertragung.

Massive Kritik von SPÖ, Grünen und NEOS

Von der SPÖ wurde am Mittwoch per Aussendung angekündigt, dass ihre zwölf Abgeordneten gegen „Mikl-Leitner und die gesamte schwarz-blaue Landesregierung stimmen“ werden. ÖVP und FPÖ hätten ein „Programm der sozialen Kälte vorgelegt, das Niederösterreich nicht stärken, sondern schwächen und zusätzlich belasten wird“. Die Sozialdemokraten lehnen viele Inhalte „zutiefst“ ab – mehr dazu in SPÖ wird Mikl-Leitner nicht wählen (noe.ORF.at; 22.3.2023).

In ein ähnliches Horn stieß am Mittwoch bei einer Pressekonferenz NEOS-Landessprecherin Indra Collini. „Die ÖVP holt morgen die Ibiza-Koalition nach Niederösterreich“, kritisierte die pinke Fraktionsobfrau. Das Arbeitsübereinkommen von ÖVP und FPÖ bezeichnete sie als „rückwärtsgewandt“. Erwartet wurden für die konstituierende Landtagssitzung ein „unwürdiges Wahlschauspiel“, es gebe eine „Zwangsehe“ von Schwarz und Blau – mehr dazu in NEOS stimmt gegen Schwarz-Blau (noe.ORF.at; 22.3.2023).

Grünen-Landessprecherin Helga Krismer bemühte sich bis zuletzt um eine Parteienallianz gegen die FPÖ. Das Unterfangen scheiterte, in einer Aussendung am Mittwoch zog die Klubobfrau einen Vergleich mit dem Fußball. „Die NEOS sind grundsätzlich für eine andere Spielaufstellung bereit. Die SPÖ hat sich stets von der Reservebank aus angeboten. Leider will die ÖVP nicht mit Grünen, NEOS und SPÖ in die Verlängerung gehen und bleibt im Team mit der FPÖ. Es sei zu spät, meint die ÖVP.“ Diese Entwicklung bedaure sie zutiefst: „Ich sehe derzeit die Zukunft des Landes und das Wohl der Menschen auf dem Abstellgleis.“

Landtagssitzung 2018
APA/HERBERT PFARRHOFER
Ein Bild aus besseren Tagen: Der damalige SPÖ-Chef Franz Schnabl (l.) gratuliert Mikl-Leitner im März 2018 zur Wahl im Landtag

Probleme auch bei Wahl von LH-Stellvertretern

Die beiden Landeshauptfrau-Stellvertreter stehen den zwei mandatsstärksten Parteien zu – nominiert werden Stephan Pernkopf (ÖVP) und Udo Landbauer (FPÖ). Sie benötigen ebenfalls eine einfache Mehrheit, hier dürfte es folglich ähnliche Konstruktionen wie bei Mikl-Leitner geben.

Abgesehen von den eigenen Parteifreunden bräuchte Landbauer zumindest sechs Stimmen der Volkspartei, um SPÖ, Grüne und NEOS zu überstimmen. Die ÖVP hat angekündigt, die Wahl Landbauers zum Landesvize zu ermöglichen. Zu den Fragen, in welcher Form das passieren wird und ob sie auch die SPÖ-Landesräte wählen wird, hielt sich die Partei bisher bedeckt. Die Details des Abstimmungsverhaltens will der ÖVP-Klub jedenfalls erst am Donnerstag vor der Sitzung besprechen, hieß es am Mittwoch gegenüber noe.ORF.at.

Die übrigen Regierungsmitglieder, die Landesrätinnen und -räte von ÖVP, FPÖ und SPÖ, werden von ihren Klubs nominiert. Es handelt sich jeweils um eine gebundene Wahl – es sind also nur jene Stimmen gültig, die auf den Vorschlag entfallen. Eine Mehrheit ist nicht nötig. Leere Stimmzettel werden nicht berücksichtigt. Das gleiche Verfahren wird auch für die Wahl der Landtagspräsidenten und Bundesräte angewendet.

Neue Stimmzettel im Landtag

Neu sind die Stimmzettel, bei denen nun „Ja“ bzw. „Nein“ angekreuzt werden kann. Vorbild ist das Bundespräsidentenwahlgesetz, wie die Landtagsdirektion erläuterte. Aufgrund des Proporzsystems stehen der ÖVP als stimmenstärkste Kraft auf Basis des Wahlergebnisses von Ende Jänner vier der neun Mitglieder in der Landesregierung zu. Die zweitplatzierte FPÖ stellt drei, die SPÖ zwei Regierungsmitglieder. Die Volkspartei hat erstmals die absolute Mehrheit in der Landesregierung verloren. Bisher kamen sechs Mitglieder von der ÖVP und zwei von der SPÖ, ein Vertreter entfiel auf die FPÖ.

20 der 56 Abgeordneten sind in der kommenden Legislaturperiode neu im Landtag. Mit zehn neuen Gesichtern entfällt der Großteil auf die FPÖ, die bei der Wahl stark dazugewonnen hat. Auf SPÖ-Tickets ziehen fünf Mandatare neu ein, für die ÖVP vier. Die Grünen haben dank eines zusätzlichen Mandats einen neuen Abgeordneten. Sehr niedrig ist allerdings der Frauenanteil im niederösterreichischen Landtag – nicht einmal ein Viertel der Sitze wird durch Mandatarinnen besetzt, der zweitniedrigste Wert im Bundesländervergleich – mehr dazu in 20 neue Abgeordnete, aber kaum Frauen (noe.ORF.at; 21.3.2023).