LH Johanna Mikl-Leitner (öVP) im Rahmen der Konstituierenden Sitzung
APA/HELMUT FOHRINGER
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Politik

„Ein Kompromiss ist keine Niederlage“

In ihrer ersten Rede im Landtag hat die neu gewählte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ihre Zusammenarbeit mit der FPÖ verteidigt. „Ein Kompromiss ist keine Niederlage“, sagte sie. Der neue LH-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) sprach von einem „Neuanfang“.

Ohne die FPÖ namentlich zu nennen, versuchte die kurz zuvor angelobte Landeshauptfrau ihr viel kritisiertes Bündnis mit den Freiheitlichen zu „erklären“. Denn sie wolle den Begriff „Regierungserklärung“ wörtlich nehmen, schickte Mikl-Leitner voraus, um zu „erklären, wohin wir gehen“ und auch „woher wir kommen“. Sie verwies auf den harten und konfliktreichen Wahlkampf, „der die Risse und Gräben in unserem Land weiter vertieft hat“. Das wolle man nun hinter sich lassen und zusammenarbeiten. Man habe sich dazu entschieden, „aufeinander zuzugehen“. Das sei „im Interesse des Landes“ der richtige Weg, so Mikl-Leitner.

Die Arbeit solle „sachlich und vernünftig“ sein, „um wieder zu geordneten Verhältnissen zurückzukehren, nach denen sich alle sehnen“. Zudem stellte sie klar: „Ein Kompromiss ist keine Niederlage, sondern der Versuch, aus zwei unterschiedlichen Meinungen einen gemeinsamen Weg zu erarbeiten.“ Die Menschen wieder zusammenzuführen sei das Ziel der Landesregierung.

Maßnahmen „mit zweierlei Maß gemessen“

Teuerung, Krieg, Energie – diese Krisen würden das Land weiter fordern, allerdings solle man sich davor „hüten, dass wir vor lauter Reden über die Krisen die Krisen nicht selber auch noch verstärken“. Im Anschluss nahm sie auf mehrere Punkte des Arbeitsübereinkommens von ÖVP und FPÖ Bezug, die zuletzt viel diskutiert wurden – hier werde „mit zweierlei Maß gemessen“, so Mikl-Leitner.

So werde etwa die Wirtshausprämie in Tirol bereits seit vier Jahren umgesetzt, „dort wird sie als innovativ bezeichnet. In Niederösterreich wird sie jetzt als faschistisch bezeichnet.“ Die Rückzahlung verfassungswidriger CoV-Strafen werde laut Mikl-Leitner „von SPÖ und NEOS seit Jahren im Bund gefordert“. Und die Unterstützung der Behandlung psychischer Probleme von Kindern über den CoV-Fonds werde „seit Jahren von allen gefordert. In Niederösterreich wird das jetzt zu einem Schlag ins Gesicht umgedeutet.“

Zudem stellte die ÖVP-Landeschefin klar, dass sich Niederösterreich dazu bekennt, dass man sich für die Bekämpfung von Antisemitismus einsetzt und das jüdische Gemeinde- und Kulturleben in Niederösterreich fördern will. Das sei auch „zu jedem Zeitpunkt“ im Arbeitsübereinkommen nachzulesen gewesen. Es gab Kritik, dass eine entsprechende Passage zunächst im Entwurf enthalten, in der veröffentlichen Version aber nicht mehr zu finden war. Der Satz wurde dann online wieder eingefügt.

Sitzungssaal bei konstituierender Sitzung
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Johanna Mikl-Leitner „erklärte“ die Vorhaben der schwarz-blauen Regierungsmitglieder

Heizkostenzuschuss als erste Maßnahme

Insgesamt wolle das Programm „Leistungsträgerinnen und Leistungsträger in den Mittelpunkt“ stellen. Das seien etwa arbeitende Menschen, Eltern, die für ihre Kinder da sind, Unternehmerinnen und Unternehmer, Landwirtinnen und Landwirte und auch Freiwillige und Ehrenamtliche. Gleichzeitig wolle man jenen helfen, „die nicht für sich selber sorgen können“ oder „von den Krisen besonders betroffen sind“. Deshalb werde man bereits in den nächsten Tagen „als erste Maßnahme einen neuen Heizkostenzuschuss ausarbeiten“.

Mit dem Ausbau der Kinderbetreuung wolle man außerdem „Familien in den Mittelpunkt“ stellen. Auch das Tageselternangebot soll „noch attraktiver“ gestaltet werden. Wenn Eltern ihre Kinder zu Hause betreuen wollen, soll das aber ebenso unterstützt werden. Man setze auf „Wahlfreiheit“, so Mikl-Leitner.

In Sachen Pflege wolle man ein „Altern in Würde“ ermöglichen und setze auf „zu Hause vor stationär“. Diejenigen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen, sollen mit einem neuen „Pflegescheck“ unterstützt werden. Zudem sollen Maßnahmen zur Ausbildung von Pflegepersonal und Medizinern gesetzt werden und Maßnahmen, um sie nach Niederösterreich zu holen.

Integration: „Deutsch als Grundlage“

Beim Thema Integration wolle man den Fokus „stärker als bisher auf den Erwerb der deutschen Sprache legen“, das sei die „Grundlage für eine erfolgreiche Integration“ und ein friedliches Zusammenleben.

Niederösterreich sei außerdem ein „Land der Eigentümer“, deshalb werde es „keine neuen Abgaben auf Eigentum geben“. Man wolle Niederösterreich als Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort stärken, indem man in bestehende Forschungseinrichtungen investiert, aber auch ein „Silicon Valley der Biotechnologie“ etabliert. Sie verwies auf einen geplanten Biotech-Campus in Hainburg (Bezirk Bruck/Leitha), der schon vor längerer Zeit angekündigt wurde.

In der Arbeitsmarktpolitik wolle man „alle, die arbeiten können“, in ein Beschäftigungsverhältnis bringen, „möglichst in Vollzeit“. Zudem soll das Image der Lehre weiter gesteigert werden.

„Bekenntnis zum Individualverkehr“

In Sachen Mobilität sprach Mikl-Leitner von einem „Bekenntnis zum Individualverkehr“, denn Niederösterreich sei ein „Land der Pendler“. Auch hier soll es „Wahlfreiheit“ geben, man wolle die Verkehrssysteme „nicht gegeneinander ausspielen“, sondern „ganzheitlich und regionsübergreifend gestalten“. In einem Flächenbundesland brauche es „Schiene und Straße“.

Die Rede war weiters von einem „Bekenntnis zu Europa“, da man sehr vom Export abhängig sei. Hier gab es ja im Vorfeld Kritik, weil ein Teil der EU-Agenden bei Landeshauptfrau-Stellvertreter Landbauer liegt, der immer wieder mit EU-skeptischen Aussagen auffällt. Außerdem wolle man die Energieunabhängigkeit Niederösterreichs weiter vorantreiben und deshalb weiter in Windkraft und Photovoltaik investieren.

Den Weg als „Kulturland“ wolle man weitergehen, damit verbunden sei ein Bekenntnis zu Werten wie „Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz“, so Mikl-Leitner.

Udo Landbauer bei konstituierender Landtagssitzung
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Landbauer: „Mit Verantwortung sorgfältig umgehen“

Auch der neu gewählte Landeshauptfrau-Stellvertreter Landbauer trat ans Rednerpult und legte dar, was für ihn „Niederösterreich zuerst“ bedeutet. Man wolle „ernsthaft arbeiten und ehrlich handeln“, man wolle „für Heimat“ und für die „eigene Bevölkerung“ arbeiten. Man wisse, dass die Verantwortung, die der Politik bei der Wahl übertragen wurde, „eine geliehene ist“. Man wolle mit dieser Verantwortung sorgfältig umgehen „und das umsetzen, wofür wir gewählt worden sind“.

Der FPÖ-Landesparteichef sprach von einem „Neuanfang“. Verantwortung zu übernehmen sei nicht der einfache, aber „der richtige Weg“. Man wolle „Ordnung und Sicherheit“ schaffen, „Heimat pflegen“, die ältere Generation solle wertgeschätzt werden, den Jungen wolle man eine Perspektive geben.

„Wahlfreiheit“ für Familien

Familien würden einen besonderen Stellenwert einnehmen, wobei auch Landbauer betonte, dass die „Wahlfreiheit“ im Mittelpunkt stehe, es brauche auch Wertschätzung und Anerkennung für jene, die ihre Kinder zu Hause betreuen wollen. Landbauers zentrales Wahlkampfthema war Migration. Man wolle das „Asylchaos beenden“, es gebe ein „klares Bekenntnis zum Schutz der Grenzen“, sagte er im Landtag.

Schäden durch CoV-Maßnahmen „wiedergutmachen“

Auch auf die CoV-Maßnahmen nahm er Bezug. Diese hätten „mehr Schaden als Nutzen“ gebracht. Jetzt wolle man „die vorhandenen Schäden so gut es geht wiedergutmachen.“ Niederösterreich zeige hier vor, „wie es geht“.

„Die Vorverurteilung ist leichter als die Beurteilung der echten Arbeit für das Land“, richtete sich der FPÖ-Landesobmann an die Kritiker der schwarz-blauen Zusammenarbeit, „messen Sie uns daran, was wir umsetzen und mit welcher Kraft und mit welchem Gestaltungswillen wir an die Sache herangehen“.

Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP)
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Wilfing: „Wähler hat Konstellation im Landtag entschieden“

Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP) betonte in seiner Rede, dass die Wählerinnen und Wähler am 29. Jänner entschieden hätten, in welcher Konstellation sich der Landtag und die Landesregierung nun zusammensetzen. Und der Wähler habe „ein Anrecht darauf, dass wir in dieser Konstellation für unser Heimatland und die Menschen das Beste zusammenbringen“.

Alle Personen im Landtag würde „die Sorge um die Menschen und das Wohlergehen der Menschen in unserem Heimatland“ einen. Der Weg dorthin könne unterschiedlich sein, und man könne „trefflich darüber diskutieren, welcher Weg zum Ziel führt“. Wenn man jedoch davon überzeugt sei, dass jeder und jede das Beste möchte, dann müsse auch die Zusammenarbeit funktionieren, so Wilfing.