Mikl-Leitner im ZIB2-Studio
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Politik

Mikl-Leitner: „Grundvertrauen“ zu FPÖ

Die ÖVP-FPÖ-Zusammenarbeit in Niederösterreich sei eine „tragfähige Beziehung“, beharrt Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Manche Punkte des Arbeitsübereinkommens – etwa Deutschpflicht in Schulpausen oder CoV-Strafrückzahlungen – hat sie im „ZIB2“-Interview abgeschwächt.

Dass sie am Donnerstag in der konstituierenden Landtagssitzung mit nur 24 Stimmen – dem historisch schlechtesten Ergebnis – zur Landeshauptfrau gewählt wurde sei „nicht entscheidend“, so Mikl-Leitner. Die ÖVP Niederösterreich sei trotz Verlust der absoluten Mehrheit „mit Abstand die stärkste Partei in Niederösterreich“. Sie kam bei der Landtagswahl Ende Jänner auf 39,9 Prozent. Die zweitplatzierte FPÖ, mit der Mikl-Leitners ÖVP nun ein Arbeitsübereinkommen geschlossen hat, kam auf 24,2 Prozent.

Gemeinsam würde man „65 Prozent der Wählerinnen und Wähler“ repräsentieren: „Mehr Wählerwille geht nicht“, verteidigt die ÖVP-Landesobfrau das viel kritisierte Bündnis. Dass sie ihr eigener Partner – die FPÖ – aber nicht einmal in der konstituierenden Sitzung des Landtags wählte, sondern ihr stattdessen mit ungültigen Stimmen ins Amt verhalf, bezeichnete sie als „Prozedere“, das man gefunden habe, damit beide gewählt sind.

Fragen zu ÖVP-interner Kritik an der Zusammenarbeit und zu Zweifeln an der Umsetzbarkeit mancher Punkte im Programm, geäußert etwa von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, Innenminister Gerhard Karner oder dem ehemaligen EU-Kommissar Franz Fischler (alle ÖVP), wich Mikl-Leitner aus. Sie antwortete stattdessen, dass die Gräben gesamtgesellschaftlich „immer tiefer und tiefer geworden sind. Alles hat begonnen mit Kopfschütteln über Meinungen der anderen, aber dann hat das umgeschlagen in Hass. Diese Gräben wollen wir schließen.“

Mikl-Leitner (ÖVP) zur neuen Koalition in NÖ

Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) spricht über ihre Wahl zur niederösterreichischen Landeshauptfrau und das Koalitionsabkommen zwischen ÖVP und FPÖ. Das Koalitionsabkommen wird von viel Kritik begleitet. Bei der konstituierenden Landtagssitzung ist Mikl-Leitner am Donnerstag erneut zur Landeshauptfrau gewählt worden

Nur ein Prozent des CoV-Fonds für Strafrückzahlungen

Eine Lösung dafür sei der CoV-Fonds, meint Mikl-Leitner im „ZIB2“-Interview mit Moderatorin Marie-Claire Zimmermann. Von diesem 30 Millionen schweren Fonds sei nur ein Prozent für die Rückzahlung verfassungswidriger CoV-Strafen vorgesehen, sagte Mikl-Leitner – also etwa 300.000 Euro. „99 Prozent dieser 30 Millionen sind für Behandlungen und Therapien von psychischen Erkrankungen“, verwies sie auf Statistiken und Untersuchungen zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie.

Der Fonds stehe allen offen – auch jenen, „die sich immer an die Regulative gehalten haben. Mit diesem Fonds haben wir die Chance, Menschen zusammenzubringen, die Gesellschaft zu einen.“ Mehrere Verfassungsjuristen äußerten bereits ihre Zweifel an der Umsetzbarkeit, die Landeshauptfrau verwies hier auf Experten, die bestätigt hätten, dass es eine „rechtliche Grundlage“ gebe und alles „Rechnungshof-konform“ sei. „Das ist uns wichtig und es ist geprüft worden und wir prüfen es jetzt noch einmal.“

Deutsch in Schulpausen: Jede Schule soll selbst entscheiden

Im Arbeitsprogramm ist von einer „Forcierung der Verwendung der deutschen Sprache auch in Pausen und am Schulhof durch Aufnahme in die schulautonom zu beschließenden Hausordnungen“ als Maßnahme zu lesen. Das sei aber keine Aufgabe an die Schulen, sondern ein Ermöglichen. Einzelne Schulen könnten das bei Bedarf im Rahmen der Schulautonomie einführen: „Das soll nicht Hürde, sondern Hilfe sein.“ In Wiener Neustadt gebe es eine Schule, wo diese Regel eingeführt worden sei und dort würden die Kinder „unglaublich profitieren“, so Mikl-Leitner.

FPÖ-Bundesparteichef Herbert Kickl äußerte sich am Rande einer Pressekonferenz in Salzburg zum schwarz-blauen Arbeitsübereinkommen, bei dem es den Freiheitlichen laut ihm gelungen sei „mit 25 Prozent der gesamten Regierungsarbeit unseren freiheitlichen Stempel aufzudrücken.“ Mikl-Leitner dazu: „Er war nicht dabei und ich kenne alle diese Verhandlungen und Punkte. Wenn zwei Parteien ein Arbeitsprogramm aufsetzen und umsetzen, dann kommt man sich natürlich näher, selbstverständlich gibt es hier auch Kompromisse. Kompromisse zu machen, ist keine Niederlage.“

Hier verwies die ÖVP-Landesobfrau auf die SPÖ, die ihre erste Präferenz gewesen sei und die von diesen Kompromissen noch etwas „lernen könne“. Mit der SPÖ sei man etwa im Bereich Integration bei Maßnahmen nicht auf einen grünen Zweig gekommen, ebenso beim Thema Eigentum, meint Mikl-Leitner: „Hier war kein Arbeitsübereinkommen möglich.“

Konstituierende Landtagssitzung

Nach Ankündigung der schwarzblauen Regierungszusammenarbeit ist Johanna Mikl-Leitner am Donnerstag zur Landeshauptfrau gewählt worden. Wie erwartet mit einer sehr geringen Zustimmung. In ihrer Regierungserklärung hat sich Mikl-Leitner dafür ausgesprochen, Brücken zu bauen.

„Grundvertrauen“ in Verhandlungen entstanden

Sieht man von den inhaltlichen Überschneidungen zwischen ÖVP und FPÖ ab, war das Verhältnis zwischen Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) und Mikl-Leitner von viel persönlicher Kritik – Stichwort „Moslem-Mama-Mikl“ – geprägt. „Ich denke, dass wir hier eine Basis gefunden haben, aus den Verhandlungen ein gewisses Grundvertrauen aufgebaut haben. Jetzt ist es Zeit, über Inhalte zu reden und diese umzusetzen.“

Bei einem Kapitel im Arbeitsübereinkommen gibt es jedoch erste Meinungsverschiedenheiten. Der Zweite Landtagspräsident Gottfried Waldhäusl (FPÖ) sieht in dem Punkt „Ausbau der hochrangigen Straßeninfrastruktur insbesondere in strukturschwachen Regionen wie dem nördlichen Niederösterreich“ ein Comeback der Waldviertelautobahn. Laut ÖVP gibt es solche Pläne jedoch nicht – mehr dazu in ÖVP und FPÖ uneinig über Waldviertelautobahn (noe.ORF.at; 23.03.2023).