Nitsch Mistelbach Museum Ausstellung
ORF/Viktoria Waldhäusl
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kultur

„Hermann Nitsch – Das 6-Tage-Spiel“ eröffnet

Das Nitsch Museum in Mistelbach lässt in Kooperation mit der Albertina Hermann Nitschs Orgien-Mysterien-Theater wieder aufleben. Verglichen mit den Aktionen selbst wirkt die Ausstellung steril – Proteste gab es am Tag der Eröffnung dennoch.

Wer an Hermann Nitsch denkt, denkt wahrscheinlich nicht nur an die Farbe Rot, sondern auch an Blut, Nacktheit und tote Tiere und deren provokante Verbindung mit christlichen Symbolen wie dem Kreuz. All das kommt auch in der aktuellen Schau des Nitsch Museums in Mistelbach vor, die sich in Kooperation mit der Albertina dem „6-Tage-Spiel“ und damit den Kern von Nitschs Gesamtwerk widmet. Es ist die erste Ausstellung seit dessen Tod im Frühjahr 2022.

Zu sehen sind etwa Bahren, auf denen bei der ersten Gesamtaufführung 1998 in Prinzendorf (Bezirk Gänserndorf) Teilnehmende mit Tierblut und Eingeweiden überschüttet wurden, aber auch Fotos und Videos der Aktionen sowie Texte und Partituren. Die Schau findet in Kooperation mit der Albertina in Wien statt.

Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken, Riechen

Die Ausstellung vermittelt Nitsch vor allem visuell, während er selbst mit seinem Orgien-Mysterien-Theater alle Sinne ansprechen wollte – also nicht nur das Sehen, sondern auch Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen. „Es ist sehr schwierig, nahezu unmöglich, das reale Geschehen mit seiner Unmittelbarkeit in einer Ausstellung zu berücksichtigen“, sagt Michael Karrer, Kurator und Künstlerischer Direktor des Museums. „Wir versuchen das aber sehr wohl. Wir hören zum Beispiel einiges von seinen Kompositionen. Aber es ist nicht vergleichbar mit dem tatsächlichen realen Geschehnis einer Aktion.“

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Nitsch Mistelbach Museum Ausstellung
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Die aktuelle Schau zeigt das „6-Tage-Spiel“ und damit den Kern von Nitschs Gesamtwerk
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Es ist die erste Ausstellung seit seinem Tod von Hermann Nitsch im Frühjahr 2022
Nitsch Mistelbach Museum Ausstellung
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Zu sehen sind etwa Bahren, auf denen bei der ersten Gesamtaufführung 1998 in Prinzendorf Teilnehmende mit Tierblut und Eingeweiden überschüttet wurden
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Am Samstag wurde die neue Ausstellung eröffnet
Nitsch Mistelbach Museum Ausstellung
Manfred Thumberger
Nitsch Mistelbach Museum Ausstellung
Manfred Thumberger
Nitsch Mistelbach Museum Ausstellung
Manfred Thumberger
Nitsch Mistelbach Museum Ausstellung
Feyerl
Bilder von Nitschs „6-Tage-Spiel“, das den Aktionskünstler über Österreich hinaus bekannt machte
Nitsch Mistelbach Museum Ausstellung
Feyerl

Im Vergleich zu Nitschs Aktionen, in denen Tiere über nackten Menschen ausgeweidet und in den Innereien von Schweinen gewühlt wurde, wirkt die Ausstellung geradezu steril. Aber vielleicht macht diese Sterilität das Orgien-Mysterien-Theater leichter zugänglich, wenngleich der Ekel alles andere als ein Kollateralschaden von Nitschs Aktionen war – vielmehr hat er den Ekel ebenso wie die Ekstase als Notwendigkeit auf dem Weg zur seelischen Reinigung gesehen.

Man muss nicht alles verstehen, um zu empfinden

Verstehen muss man das alles nicht unbedingt, sagt Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina gegenüber noe.ORF.at: „Ich glaube, dass Kunst tiefer empfunden werden kann, wenn man mehr weiß. Das gilt für alles: Jemand, der das Geheimnis der Eucharistie versteht und nicht glaubt, da schlagen sich 13 Männer den Magen voll, versteht das letzte Abendmahl des Leonardo da Vinci besser. Aber wenn man das alles nicht weiß, empfindet man trotzdem die Intensität, die Hermann Nitsch in seine Aktionen gebracht hat.“ Im Übrigen habe er oft das Gefühl, dass die Gegner von Hermann Nitsch ihn „bis zu einem gewissen Grad besser verstehen als viele seiner Freunde“, so Schröder.

Protestierende forderten Schließung des Museums

Beide sind am Samstag nach Mistelbach gekommen: Die, die Nitsch verehren, und seine Gegner – sie forderten die Schließung des Museums. Nicht die aktuelle Ausstellung empört sie, sondern Passagen aus „Die Eroberung von Jerusalem“. In dem 1973 erschienenen Buch schreibt Hermann Nitsch unter anderem über sexuelle Gewalt an Kindern.

Nitsch Mistelbach Museum Ausstellung
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Etwa 80 Menschen protestierten gegen einen Text von Hermann Nitsch über sexuelle Gewalt an Kindern

Die Kundgebung richtet sich „gegen Glorifizierung von Sodomie, Blasphemie, Vergewaltigung, Mord und Pädophilie“. Seitens des Museums werden die Vorwürfe zurückgewiesen. „Man hat dieses Buch schon immer verwendet, um ihm etwas vorzuwerfen“, sagt seine Witwe Rita Nitsch gegenüber noe.ORF.at. „Religionsbeleidigung, Pornografie, Tierquälerei – immer was gerade aktuell war. Und jetzt ist es eben Kindesmissbrauch.“