Matthäuspassion in Grafenegg
ORF
ORF
Kultur

13 Chöre singen Matthäuspassion in Grafenegg

Etwa 400 Musikerinnen und Musiker haben am Sonntag im ausverkauften Auditorium in Grafenegg (Bezirk Krems) gezeigt, wie vielfältig die niederösterreichische Chorszene ist. 13 heimische Chöre sangen gemeinsam die Matthäuspassion.

Zehn Erwachsenenchöre, zwei Jugendchöre, ein Kinderchor, sechs Solistinnen und Solisten sowie das Originalensemble Barucco: Sie alle standen am Sonntag gemeinsam auf der Bühne des Auditoriums in Grafenegg. Unter der künstlerischen Leitung von Dirigent Heinz Ferlesch wurde die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach (1685–1750)zu neuem Leben erweckt – durchaus kein leichtes Unterfangen: „Die Choräle der Matthäuspassion sind die Juwelen des Werks. Sie sind äußerst farbreich und vielschichtig komponiert und stellen für jeden Chor eine Herausforderung dar“, so Ferlesch.

Dennoch stellten sich zahlreiche Sängerinnen und Sänger dieser Herausforderung – und das bereits seit geraumer Zeit. Geplant war das Konzert für 2020, aufgrund der Coronavirus-Krise musste es jedoch um drei Jahre verschoben werden. Die Freude am Singen ist erhalten geblieben. „Es gibt einen Satz, der lautet: Nicht wir machen uns, sondern die Musik macht uns“, so Ferlesch im Gespräch mit noe.ORF.at. Wer einmal die Erfahrung gemacht habe, mit anderen Menschen Musik zu machen oder zu singen, wisse, wie schön und beglückend das sei, so der Dirigent.

Gemeinsames Erlebnis beim Chorsingen

Dass nicht nur das Ergebnis beim Konzertsingen eine Rolle spielt, sondern auch das gemeinsame Erleben, bestätigt auch Manuela Göll. Sie ist Geschäftsführerin der Volkskultur Niederösterreich und Leiterin der Chorszene Niederösterreich. „Beim Singen kommen einfach alle Menschen zusammen. Egal ob groß, ob klein, ob alt, ob jung. Egal welcher Religion, egal welcher Herkunft“, so Göll. „Beim gemeinsamen Musizieren entstehen auch Freundschaften und Wertschätzung. Und das ist genau das, was Chorsingen ausmacht.“

Spektakel in Grafenegg

Ein großes musikalisches Spektakel hat im ausverkauften Auditorium in Grafenegg stattgefunden. Rund 400 Musikerinnen und Musiker zeigten bei der Aufführung der Matthäus-Passion.

Mit dem Partizipationsprojekt wolle man jedoch nicht nur das Publikum begeistern, sondern auch auf die Arbeit der Chorszene Niederösterreich aufmachen. „Die rund 1.400 Chöre des Landes – vom Kirchenchor bis zum Projektchor – sind ein wichtiger Teil unserer kulturellen Ausdruckskraft“, sagt Göll.

Chorinitiative „Österreich singt wieder“

Das Jubiläumskonzert der Chorszene Niederösterreich fand übrigens unter dem Motto „Österreich singt wieder“ statt. Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Chorinitiative des Chorverbands Österreich und des ORF.

In Grafenegg hat sich gezeigt: Die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher singen wieder – und das sehr gerne. „Mich berührt Musik auf eine Art und Weise, die ich vorher noch nie erlebt habe. Durch Musik kann ich mich so ausdrücken, wie ich es mit Worten oft nicht hinbekomme“, so Leon Feichter im Gespräch mit noe.ORF.at. Er ist Teil des Landesjugendchors Niederösterreich. „Beim Chorsingen kann man sich ohne negativen Druck, aber schon mit Verantwortung, weiterentwickeln und zu einem großen Gesamtbild beitragen“, ergänzt Feichter. Doch nicht nur das: Im Chor seien auch zahlreiche Freundschaften und Bekanntschaften entstanden. „Die werden für mich noch mit 80 wichtig sein.“

Musiker bilden gemeinsamen Klangkörper

Auch Ernst Süss, Mitglied des Cantus Vivendi, genießt die Gemeinschaft, aber auch das Gefühl beim Singen. „Wenn man sich selber spürt – den Körper, das Summen, die Resonanz – das verbindet mit den anderen zu einem großen Klangkörper. Das ist einfach unbeschreiblich“, so Süß.

Für Leon Feichter war die Matthäuspassion ein „Feuerwerk aller Gefühle“. Maria Stephelbauer, Sängerin im Chor Haag, beschreibt noch ein anderes Gefühl. „Man wird ein bisschen demütig, bei so einem großen Projekt mitzuwirken und auch die Geschichte der Passion mitzubekommen. Ich habe mich das ganze Stück so getragen gefühlt durch die Musik und durch den Chor“, so Stephelbauer.

Das Glück der Musikerinnen und Musiker bleibt jedoch nicht nur bei ihnen. „Jedes Stück hat seine eigene Atmosphäre. Das Schöne ist, dass man es immer mit anderen teilen kann. Nicht nur auf der Bühne mit den Musikern, sondern auch mit dem Publikum“, so Süss abschließend. Das Teilen mit dem Publikum scheint auch funktioniert zu haben. Nach dem Konzert wurden die Mitwirkenden mit Standing Ovations belohnt.