Goessl hat sich als einer der ersten seiner Generation mit monochromer Malerei beschäftigt. Er habe lange gebraucht, um sich „das Malen selbst beizubringen“, sagte Goessl einmal gegenüber der Austria Presse Agentur. Danach habe er sich „in hyper-selbstkritischer Weise“ dem Markt verweigert.
Als jüngstes von fünf Geschwistern am 6. März 1929 in Kronberg (Bezirk Mistelbach) geboren, schloss Goessl seine Ausbildung zum Grafiker 1950 ab, heiratete 1953 die Modeschöpferin Christine Pusch und bezog mit ihr ein Wohnatelier in Wien. Er besuchte Herbert Boeckls Abendakte an der Akademie der bildenden Künste, war mit Fritz Wotruba und dessen Kreis befreundet und verkehrte in der Kunstszene des Café Hawelka.
Bis in die 1970er-Jahre war Goessl neben seinem künstlerischen Schaffen als Werbegrafiker und Schaufenstergestalter für Wiener Innenstadtgeschäfte tätig. 1970 bis 1980 lebte er zurückgezogen und arbeitete an der Entwicklung seiner spezifischen malerischen Techniken. Da er sich mit den künstlerischen Positionen seines Jahrgangs nicht identifizierte, beschloss er, sein einzelgängerisches Werk auch durch die Änderung seines Geburtsjahres, zuerst auf 1930 (schließlich auf 1931) aus diesem Zusammenhang zu nehmen.
Inspiriert durch Pop Art und monochrome Malerei
Ein Aufenthalt in New York 1967 brachte die Begegnung mit Pop Art, Colour Field Painting und monochromen Bildideen, die sein malerisches Werk fortan inspirierten. Es entstanden auratische Raumbühnenbilder und eine Serie „Faltungen“, seit den 1980er-Jahren nahmen seine Bildoberflächen durch körnige Pigmentsandmixturen plastische Gestalt an. Aus den Jahren 2000 bis 2005 stammen große Formate wie die „Große Litanei“, die Farbgebung wurde vorübergehend sehr dunkel. In der jüngsten Zeit gewann die Farbigkeit wieder an Leuchtkraft.
Goessls Arbeiten stehen in deutlichem Gegensatz zu den informellen, meist von expressiver Gestik bestimmten Tendenzen seiner Zeitgenossen. Seine Abstraktion führt zu einem spirituell anmutenden, koloristischen Malstil, dessen Entwicklung von frühen kubistischen Einflüssen über fröhlich-flächigen Pop zur meditativen Tiefe der späteren Gemälde führt. Als Einzelgänger legte er in aller Stille ein vielfältiges Werk vor.
Ein grüblerischer Einzelgänger abseits des Kunstbetriebes
„Als gut informierter, aber grüblerischer Einzelgänger bewegte sich Rudolf Goessl gerne etwas abseits des Kunstbetriebes. Auf der existenziellen Suche nach dem ‚Eigentlichen‘ schuf er während der vergangenen fünf Jahrzehnte in aller Stille sein bedeutendes, variantenreiches Werk, das seine Rolle, als ‚missing link‘ zur Generation der ‚neuen Wilden‘ belegt", so seine Galeristin Andrea Jünger.
2014 erhielt Goessl den Würdigungspreis für bildende Kunst des Kulturpreises des Landes Niederösterreich. Im Frühjahr 2013 würdigte die Landesgalerie für zeitgenössische Kunst in St. Pölten den Künstler mit einer umfassenden Einzelausstellung unter dem Titel "Verwandlungen“. Zuletzt zeigte die Galerie Jünger in der Taubstummengasse in Wien-Wieden die Ausstellung „Die Tiefe der Farben“. In ihrem Nachruf zitiert die Galerie den Verstorbenen: „Ich bin ganz Farbe“.