E-Zigarette
APA/dpa/Friso Gentsch
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Gesundheit

E-Zigaretten weiterhin umstritten

Die Tabakindustrie bewirbt seit Jahren E-Zigaretten als „Alternative“ zu herkömmlichen Zigaretten. Diese sind aber weiterhin umstritten, wie aus Stellungnahmen bei den Praevenire Gesundheitstagen in Seitenstetten (Bezirk Amstetten) hervorging.

1,8 Millionen Österreicherinnen und Österreicher greifen noch immer täglich zur Zigarette. Die Allgemeinmediziner-Initiative AMplus brachte vor kurzem eine Broschüre zur „Harm Reduction“ (Schadensminderung; Anm.) bei Nikotinabhängigen heraus. „Es gibt gute Programme zur Raucherentwöhnung. Wir bieten sie an. Die Erfolge sind aber noch bescheiden. Wir sehen aber auch Leute, die nicht imstande sind, völlig mit dem Rauchen aufzuhören“, so der oberösterreichische Hausarzt Erwin Rebhandl am Dienstag bei den Praevenire Gesundheitstagen in Seitenstetten zu dem Projekt.

Für solche Personen könnten auch E-Zigaretten oder ähnliche Produkte für eine gewisse Zeit eine „sinnvolle Alternative“ darstellen. Das Ziel müsse aber immer das Wegkommen vom Rauchen und vom Nikotinkonsum sein, erklärte Rebhandel.

ÖGK: „Auch E-Zigarette kann süchtig machen“

Deutlich anders sieht dies der Obmann-Stellvertreter der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss: „Ich habe zu dieser ‚Harm Reduction‘ ein gespaltenes Verhältnis.“ Die Tabakindustrie wolle offenbar via E-Zigaretten & Co. einfach die herkömmlichen Zigaretten durch andere Produkte ersetzen. „Leider werden diese Produkte breit beworben und als Life-Style-Produkte angesehen. Da habe ich ein Problem damit.“ Auch diese Produkte könnten süchtig machen. Das oberste Ziel müsse es sein, dass die Politik gesundheitsschädliches Verhalten anspreche und den Zugang zu schädlichen Produkten erschwere.

Auch international gibt es rund um die E-Zigaretten, Verdampfer etc. eine heftige Debatte. Die britische Regierung hat erst vor wenigen Wochen angekündigt, einer Million Rauchern E-Zigaretten kostenlos zur Verfügung zu stellen. Man erwartet sich eine weitere Verringerung des Konsums der klassischen Zigaretten. Völlig ungeeignet sind die „Vaper“ (Dampfer; Anm.) für Jugendliche. Eine US-Studie aus dem Jahr 2021 zeigte, dass Jugendliche, die E-Zigaretten rauchen, ein dreifach höheres Risiko haben, als Erwachsene später zu den Glimmstängeln zu greifen.

„Spitäler werden nicht billiger werden“

Ebenso Thema bei den Gesundheitstagen in Seitenstetten waren die Kosten für Spitäler in Österreich. Diese würden sprichwörtlich kaum „billiger“ werden, erklärten Experten. „Das Spital hat ein Anrecht darauf, adäquat finanziert zu werden. Die Patienten ‚stürmen‘ nicht die Spitäler“, sagte der ehemalige Generaldirektor der städtischen Wiener Spitäler, Wilhelm Marhold. Der Arzt und Experte mit jahrzehntelanger Erfahrung im Spitalswesen trat mit Zahlen des Gesundheitsministeriums strikt politischen Aussagen entgegen, welche immer wieder eine starke Zunahme der in Krankenhäusern erbrachten Leistungen – stationär und ambulant – anführen.

Laut Marhold würde die Zahl der Ambulanzpatienten in Österreich seit zehn Jahren stagnieren. 2012 seien es rund 17,1 Millionen Patienten gewesen, im Jahr 2021 rund 17,3 Millionen. Die Zahl der stationären Aufnahmen in den Krankenhäusern ist laut den Daten des Gesundheitsministeriums zwischen 2012 und inklusive 2021 sogar um 21 Prozent gesunken.

„Die Kosten für den stationären Bereich sind in diesem Zeitraum von rund neun Milliarden Euro auf 11,7 Prozent gestiegen, also um 30 Prozent. Die Kosten für die Ambulanzen haben sich aber von 1,7 Mrd. Euro auf 3,5 Mrd. Euro erhöht. Das sind plus 105 Prozent“, sagte Marhold. Der Grund dafür liege offenbar in der „stillen“ Ambulantisierung vieler Leistungen, wobei in Österreich noch immer viel zu wenige Eingriffe in den Krankenhäusern ambulant oder tagesklinisch erfolgen. Marhold: „Wir erleben derzeit die Medizin des 21. Jahrhunderts, betreiben sie aber im Spital des 20. Jahrhunderts.“

Gute Bezahlung und Bedingungen für Personal gefordert

Für das Personal in den Krankenhäusern sind sowohl eine gute Bezahlung als auch gute Rahmenbedingungen notwendig. „Es geht nicht nur um Zahlen und Bezahlen. Es geht ums Betriebsklima“, erklärte der ehemalige Wiener Spitalsmanager. Die Personalengpässe in den Krankenhäusern würden aber nicht schnell zu beheben sein, verwies er auf lange Ausbildungszyklen, die demografische Entwicklung mit der Pensionierungswelle und den Konkurrenzkampf um Nachwuchs zwischen allen Wirtschaftsbereichen.

Bernhard Rupp von der niederösterreichischen Arbeiterkammer sagte, dass die „Schere zwischen Personalbedarf und vorhandenem Personal“ immer mehr aufgehe. „Wir brauchen eine gescheite Ausbildung und eine gescheite Bezahlung.“ Ein Polizist im ersten Ausbildungsjahr erhalte 2.100 Euro monatlich, ein Maurerlehrling mehr als 1.000 Euro Lehrlingsentschädigung. Lehrlinge im Pflegebereich würden monatlich nur 600 Euro erhalten.

Man müsse dringend an vielen sprichwörtlichen Schrauben drehen, um die Probleme zu bewältigen. „Die Kostendämpfung wird nicht gelingen. Man kann sich noch gar nicht vorstellen, was es kosten wird, diese Krise zu bewältigen“, betonte der Wiener Onkologe Michael Gnant.

Praevenire Gesundheitstage

Die Praevenire Gesundheitstage finden von 22. bis 26. Mai im Stift Seitenstetten statt. Jeder Tag widmet sich einem Themenschwerpunkt: Prävention, Diabetes, Onkologie, Darmgesundheit, Arzneimittelversorgung sowie Pflege und Betreuung

Experte ortet falsche Anreize für Wahlärzte

Zum Teil, zumindest derzeit noch bei der Ärzteschaft, sind es aber auch Allokationsfehler, die zu Engpässen in der medizinischen Versorgung führen. Josef Smolle, Gesundheitssprecher der ÖVP im Nationalrat, ehemals auch Rektor der MedUni Graz, führte dazu den wachsenden Wahlarztsektor und die Schwierigkeiten beim Nachbesetzen von Kassenordinationen an.

„Wir haben derzeit in Österreich 48.700 aktive Ärzte. Das ist ein unglaublicher Spitzenwert. Die Versorgungswirksamkeit korreliert aber nicht mit dem Einkommen. Wenn man als nicht versorgungswirksamer Wahlarzt mehr verdient als ein versorgungswirksamer Kassenarzt, dann muss man etwas tun“, sagte Smolle. Er erwarte von dem anstehenden neuen Finanzausgleich zwischen Bund und Bundesländern für das Gesundheitswesen erhebliche Veränderungen, weil allen Beteiligten die Notwendigkeit schneller Reformen bewusst sei.