Konstituierende Landtagssitzung
APA/HELMUT FOHRINGER
APA/HELMUT FOHRINGER
Politik

Umstrittener Coronafonds wird beschlossen

Eines der umstrittensten Vorhaben der ÖVP-FPÖ-Landesregierung in Niederösterreich wird am Donnerstag im Landtag beschlossen. Mit dem CoV-Fonds sollen Schäden ausgeglichen werden, die während der Pandemie entstanden sind. Von den anderen Parteien kommt Kritik.

Der Coronafonds ist nur einer von 16 Tagesordnungspunkten. Die Arbeit des neuen Landtags, die bei der ersten Sitzung nach der Wahl mit nur sechs Tagesordnungspunken etwas holprig begonnen hatte, kommt auf Touren – auch inhaltlich. Mehrere Gesetzesbeschlüsse stehen auf dem Programm. Allem voran der Coronafonds, der mit 31,3 Millionen Euro dotiert ist.

Die einzelnen Richtlinien, was wie konkret eingesetzt wird, wird in den kommenden Wochen von der Landesregierung beschlossen. 200.000 Euro davon sind für die Rückzahlung von Strafen reserviert, die nachträglich als verfassungswidrig erkannt worden sind. Der Großteil des Fonds aber soll für Kinder und Jugendliche verwendet werden, die unter der Pandemie besonders gelitten haben, mit Förderungen von Sport, Schulaktivitäten oder Nachhilfe. Auch Long-Covid-Opfer sollen demnach unterstützt werden.

Tourismusfinanzierung wird verändert

Auf der Tagesordnung steht auch eine Änderung des Tourismusgesetzes. Nach Jahrzehnten wird die Finanzierung des Tourismus – also der Niederösterreich-Werbung, der sechs Destinationen und der Tourismusprojekte in den Gemeinden – auf neue Beine gestellt.

Der Interessentenbeitrag wird für die 20.000 Betriebe abgeschafft (bisher zwischen zehn und 2.300 Euro pro Jahr und Betrieb), die dadurch eingenommenen zehn Millionen Euro werden ab 1. Jänner 2024 durch die Einhebung einer einheitlichen Nächtigungstaxe lukriert. Zum überwiegenden Großteil sind das 2,50 Euro bzw. in Kurorten 2,90 Euro pro Gast – mehr dazu in Tourismusabgabe soll abgeschafft werden (noe.ORF.at; 21.5.2023).

Innenstadt Dürnstein
ORF / Seiser
Mit der Abschaffung des Interessentenbeitrags soll im Landtag eine Erleichterung für Tourismusbetriebe beschlossen werden

Neu ist auch das Gemeindepaket, das künftig Mutterschutz und Karenzmöglichkeit für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister enthalten soll. Zusätzlich wird damit die bisherige Möglichkeit des nicht-amtlichen Stimmzettels abgeschafft. Ab der Gemeinderatswahl im Jahr 2025 soll nur noch mit einheitlichen Stimmzetteln gewählt werden, auf denen alle Parteien und Listen eingetragen sind. Zusätzlich können bis zu fünf Vorzugsstimmen vergeben werden. Damit ist die bis jetzt vor allem von der ÖVP immer wieder verteidigte Version des nicht-amtlichen Stimmzettels mit nur einer Partei Geschichte – mehr dazu in ÖVP hält an nicht-amtlichen Stimmzetteln fest (noe.ORF.at; 24.1.2020).

ÖVP: „Taktgeber der Landesgesetzgebung“

Diese Gesetze seien Neuland und Niederösterreich damit „Taktgeber der Landesgesetzgebung“ in Österreich, sagte ÖVP-Klubobmann Jochen Danninger. Die von anderen Parteien oft kritisierte Rückzahlung von CoV-Strafen mache nur ein Prozent der Gesamtsumme aus. Der Fonds sei kein „Kotau vor den Schwurblern“, wie Danninger wörtlich formulierte, sondern der Versuch, Wunden zu schließen.

Das Gemeindepaket sei eine bisher einzigartige Unterstützung von Frauen im Bürgermeisteramt, verbunden mit der Hoffnung, noch mehr als die bisher 81 Bürgermeisterinnen in Niederösterreich für dieses Amt gewinnen zu können. Für das Gemeindepaket erhofft er sich – auch angesichts der Abschaffung der nicht-amtlichen Stimmzettel – eine breite Mehrheit im Landtag. Diese wird auch nötig sein, eine Zwei-Drittel-Mehrheit ist vorgeschrieben.

FPÖ: Kritik an SPÖ, Grünen und Neos

Die FPÖ stellt auch den sogenannten Coronafonds in den Mittelpunkt. Dass er von SPÖ, Grünen und NEOS abgelehnt wird, sei „ein Zeichen für die Totalopposition dieser drei Parteien“, sagte FPÖ-Klubobmann Reinhard Teufel. Statt die Gräben zuzuschütten, wollten sie das Land aus rein parteipolitischen Interessen spalten, so Teufel.

Die Abschaffung der nicht-amtlichen Stimmzettel sei eine langjährige Forderung der FPÖ gewesen. In der Aktuellen Stunde, die die FPÖ zusammen mit der ÖVP beantragt hat, wird außerdem über den künftigen Umgang mit dem Wolf in Niederösterreich debattiert. Es habe einen guten Grund gehabt, warum der Mensch den Wolf aus unseren Breiten vertrieben habe, sagt Teufel. Der Wolf sei eben ein gefährliches Raubtier.

SPÖ will Pendlerpauschale verlängern

Die SPÖ hat eine Aktuelle Stunde beantragt, in der die Bundesregierung aufgefordert werden soll, das in der Pandemie erhöhte Pendlerpauschale in dieser Höhe zu verlängern. Es würde mit 30. Juni auslaufen, bis jetzt wurde es nicht verlängert.

Zusätzlich fordert die SPÖ eine Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes von 42 auf 54 Cent und einen Öffi-Bonus von 200 Euro pro Jahr. Wenn es nach FPÖ und ÖVP gehen würde, wäre die Teuerung in dieser Sitzung gar kein Thema, kritisierte SPÖ-Klubobmann Hannes Weninger. In einem Dringlichkeitsantrag fordert die SPÖ einen Mietpreisdeckel, einen Energiepreisdeckel und die vorübergehende Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel.

Grüne wollen EVN „völlig in Landeshand“

Die Grünen fordern in einem Antrag, dass das Land sukzessive weitere Aktien-Anteile an der EVN erwerben solle, bis die Möglichkeit eröffnet wäre, den Landesenergieversorger von der Börse zu nehmen und wieder zu 100 Prozent in Landeseigentum zu übernehmen. Dann habe man die Möglichkeit, den Strompreis zu beeinflussen. Die Steiermark habe das im Februar getan und den Strompreis um 21 Prozent gesenkt – mehr dazu in Rabatt: Energie Steiermark senkt Strompreis erneut (steiermark.ORF.at; 24.5.2023).

Dieser Antrag wird zwar im Landtag behandelt, wurde aber im zuständigen Ausschuss schon abgelehnt. Klubchefin Helga Krismer übte in diesem Zusammenhang auch Kritik an der geplanten Sonderdividende für die EVN-Aktionäre. Sie fordert, dass stattdessen das Geld in günstigere Tarife und den Netzausbau investiert werden soll.

NEOS sieht „schwarz-blauen Husch-Pfusch“

In dieselbe Kerbe schlägt auch NEOS-Landessprecherin Indra Collini. Sie drängt auf eine Strompreisenlastung. Die Dividende dürfe nicht im Landesbudget versickern, sagte sie. Die gesunkenen Marktpreise müssten an die Kundinnen und Kunden der EVN weitergegeben werden. Collini sprach von einer chaotischen Arbeitsweise von ÖVP und FPÖ, man habe die Unterlagen zum Gemeindepaket und zum Corona-Hilfsfonds viel zu spät erhalten.

Collini befürwortet zwar die Rückzahlung verfassungswidriger Strafen, ortet beim Coronafonds aber einen „schwarz-blauen Husch-Pfusch“. Eine Gehaltsanpassung bei Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, wie sie im Gemeindepaket vorgesehen ist, hält sie für sinnvoll. Bezüglich der nicht-amtlichen Stimmzettel sei aber noch vieles unklar, sagte Collini, die bei der Wahl Chaos befürchtet.