Impressionen des zweiten Tages des Sechstagespiels auf Schloss Prinzendorf
HERMANN NITSCH GMBH/FOTO FEYERL
HERMANN NITSCH GMBH/FOTO FEYERL
Kultur

Nitsch: „Der Tag des Dionysos“ am Sonntag

Am Pfingstsonntag wird Schloss Prinzendorf (Bezirk Gänserndorf) ab Sonnenaufgang für einen Tag lang zur Bühne für den dritten Tag, den „Tag des Dionysos“, des Sechs-Tage-Spiels des Orgien Mysterien Theaters von Hermann Nitsch.

Vier Orchester, zwei Blasmusikkapellen, ein Lärmorchester, ein Chor, ein Synthesizer und ein Streichquartett bilden die musikalische Basis für das Fest. Das Gesamtkonzept stammt von dem im April 2022 im Alter von 83 Jahren verstorbenen Maler und Aktionskünstler Hermann Nitsch. Regie führen Leonhard Kopp und Frank Gassner, die musikalische Leitung liegt bei Andrea Cusumano. Tag drei beginnt vor Sonnenaufgang am Pfingstsonntag und dauert bis Sonnenaufgang am Pfingstmontag.

Ein Fest der Sinne und des Rausches soll stattfinden

„Der dritte Tag ist Dionysos gewidmet, dem griechischen Gott des Weines, der Freude, der Trauben, der Fruchtbarkeit und der Ekstase“, heißt es in der Einladung zum dritten Tag. „Dieses einmalige Klangerlebnis soll durch den Einsatz von Wein intensiviert werden. Der Klangrausch, der Wein, die Aktionen und die Prozessionen durch die umliegenden Weingärten und Kellergassen steigern das Spielgeschehen zu höchster Intensität. Ein Fest des Rausches, ein Fest der Sinne findet statt.“

Sechstagespiel in Prinzendorf, Tag 1
APA/Hermann Nitsch GmbH/Foto Feyerl
Prozession am Nachmittag des ersten Tages (30. Juli 2022)

Die Besucherinnen und Besucher werden zu Spielteilnehmerinnen und -teilnehmern, denen es frei steht, „die Musik zu genießen, die Aktionen aus nächster Nähe mitzuerleben, sich an den Geruchsproben zu erfreuen, an den Heurigenbänken zu sitzen, sich zu stärken, dem Nitsch-Wein zu frönen, spazieren zu gehen, die Fackelzüge am Abend zu begleiten und den nächtlichen Sternenhimmel zu beobachten. Man muss nicht an jedem Ort sein, um das Gesamterlebnis mitzufeiern. An allen Orten wird gleichzeitig mit allen Sinnen gefeiert.“

Das Schloss und die Landschaft sind Teile des Spiels

Schloss Prinzendorf und seine Umgebung waren der perfekte Lebens- und Schaffensraum für Hermann Nitsch. Der Künstler hatte das Schloss 1971 gekauft, er wurde im Vorjahr dort beigesetzt. „schloss prinzendorf wurde mein theater. diese schlossanlage war die ideale voraussetzung für das orgien mysterien theater“, schrieb Hermann Nitsch über das Weinviertler Schloss.

Prozession am Nachmittag des ersten Tages des Sechstagespiels
FOTO FEYERL
Alle Besucherinnen und Besucher werden zu Teilnehmenden an dem Spiel

Das Sechs-Tage-Spiel, „das größte und wichtigste Fest“, ist speziell für diesen Ort konzipiert. Das Schloss mit Garten und Hof, die Stallungen, der Schüttboden, die sanfthügelige Landschaft mit ihren Weinbergen, Kornfeldern und Obstbäumen, sowie die Kellergassen des kleinen Ortes sind Teil der Inszenierung. „In der detailreichen Partitur finden sich nicht nur genaue Angaben, Anweisungen und Abläufe für die Musik und die Aktionen, es sind auch präzise Ortsangaben und Choreografien erfasst, sowie Geruchs- und Geschmackproben, Blumenarrangements und Speisenvorschläge“, kann man auf der Website der Nitsch Foundation lesen.

„Meine Arbeit soll mit allen fünf Sinnen erfahren werden“

Nitschs Idee zu einer sechs Tage und sechs Nächte dauernden Aktionsarbeit geht bis auf das Jahr 1957 zurück. Der damals mit dem Medium Literatur arbeitende Künstler konzipierte unter Einfluss der Gesamtkunstwerksbestrebungen eines Richard Wagner und Alexander Scrjabin sein synästhetisch ausgerichtetes, das heißt alle fünf Sinne beanspruchendes, Aktionstheater: das Orgien Mysterien Theater.

Hermann Nitsch
Heinz Cibulka
Hermann Nitsch (1938-2022)

„meine arbeit soll eine schule des lebens, der wahrnehmung und der empfindung sein und mit allen fünf sinnen erfahren werden“, so Nitsch. „Die Länge steht in Analogie zur Schöpfungsgeschichte und versteht sich als Erweiterung aller monumentalen Kunstwerke. Alle seitdem, also seit den frühen 60er-Jahren durchgeführten Aktionen des Orgien Mysterien Theaters, müssen als Teilverwirklichungen des Sechs-Tage-Spiels verstanden werden.“

Die Tage eins und zwei als kompakte Filmdokumentation

Am Freitag werden im nitsch museum in Mistelbach die Tage eins und zwei des Sechs-Tage-Spiels von Hermann Nitsch in der Fassung von 2022 als kompakte Filmdokumentation präsentiert. Das Programm startet um 17.00 Uhr mit einer Führung durch die aktuelle Ausstellung „Hermann Nitsch – Das 6-Tage-Spiel“ mit Michael Karrer, dem künstlerischen Direktor des Hauses. Danach werden die Filme mit den wichtigsten Sequenzen der beiden Tage in chronologischer Reihenfolge gezeigt. Der Eintritt ist frei.