Zapfhähne für Diesel und Super 95-Treibstoff
APA/HANS KLAUS TECHT
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E10-Sprit soll Umwelt und Wirtschaft helfen

Seit April ist in Benzin, das in Österreich verbraucht wird, nicht mehr fünf, sondern zehn Prozent Bioethanol enthalten. Der höhere Anteil soll das Klima schonen und die heimische Wirtschaft stärken. Das bisher von der Agrana exportierte Ethanol bleibt ab jetzt großteils in Österreich.

An den Tankstellen gibt es statt E5- nun E10-Superbenzin. Die Verdoppelung des Bioethanol-Anteils im Benzin spare ab sofort 200.000 Tonnen CO2 und 20 Prozent Feinstaub pro Jahr in Österreich ein, so die Ankündigung von Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP), Agrana-Chef Markus Mühleisen und ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold bei einer Pressekonferenz in der Bioraffinerie Pischelsdorf (Bezirk Tulln).

„Gewinner der E10-Einführung ist die österreichische Klimabilanz“, so der Agrana-Chef. Rund 60 Prozent des von der Agrana produzierten Bioethanols musste bisher ins Ausland exportiert werden, weil es im heimischen Benzin nicht zugelassen war. Nun könne man den größten Teil am heimischen Markt verwenden, erklärte Mühleisen. Pernkopf verwies auf die positiven Auswirkungen der E10-Einführung auf Umwelt und Wirtschaft. „Statt wertvollen Bio-Treibstoff weiterhin zu exportieren, kann er jetzt sofort im Inland genutzt werden: Energie aus der Heimat statt aus Russland oder von den Saudis.“

E20 soll neues Ziel sein

Das neu gemischte Benzin sei mittlerweile für fast alle Automotoren geeignet. Laut einer ÖAMTC-Auswertung der Bestandsfahrzeuge Anfang 2023 – ohne Fahrzeuge mit einer Erstzulassung vor mindestens 30 Jahren – vertragen 98,3 Prozent der Benzin-Pkw in Österreich den zehnprozentigen Bioethanolanteil. Auf einer von Branchenvertreterinnen und Branchenvertretern gegründeten Informationsplattform können sich Autofahrerinnen und Autofahrer über den neuen Treibstoff informieren.

An den Benzinpreisen werde sich durch E10 allerdings nichts ändern. Seit April hätten sich die Preise „im Rahmen der normalen Bewegung“ entwickelt, so ÖAMTC-Direktor Schmerold. Um den Fahrzeugbestand in Europa zudem weiter klimafreundlicher zu machen, sei E20 „mittelfristig für Europa eine vernünftige Zielsetzung“. Aus Sicht des ÖAMTC könne die Einführung von E10 nicht das Ende sein. Es brauche einen europäischen Schulterschluss, um eine höhere Beimengung von Ethanol in Benzin zu erreichen, so Schmerolds Appell.

Jahrelange Diskussion um Ethanol-Erhöhung

Hintergrund für die jetzige Einführung des Biosprits ist die Novelle der Kraftstoffverordnung, die seit Anfang 2023 in Kraft ist. Die Novelle schreibt E10 zwar nicht direkt vor, allerdings verpflichtet das Gesetz die Tankstellenbetreiber, die Treibhausgasemissionen schrittweise zu senken. Jahrelang war die Einführung des Bio-Sprits Thema, in Deutschland ist E10 etwa schon seit Jahren in Verwendung.

Im Herbst 2012 blies der damalige Landwirtschafts- und Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) die Einführung von E10 aufgrund politischen Gegenwindes zwei Wochen vor dem geplanten Termin ab. Die Erhöhung der Bioethanol-Beimischung bei Benzin von fünf auf zehn Prozent verankerte dann die türkis-grüne Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm 2020-2024. Der beigemischte Bioethanol-Anteil gilt als klimaneutral, da das freigesetzte CO2 zuvor beim Wachsen der Pflanzen aus der Luft gebunden wurde.

Aus Reststoffen, nicht aus essbaren Lebensmitteln

Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace kritisieren indes die Einführung von E10 und befürchten die zunehmende Verdrängung von weltweiten Anbauflächen für Lebensmittel. Das sei zumindest für die Agrana kein Thema, denn das Bioethanol werde durch Reststoffe gewonnen, die ohnehin nicht auf dem Teller landen könnten, so das Unternehmen.

Österreich kann seinen Bioethanol-Bedarf selbst decken. Die Agrana stellt aus dem Stärkeanteil von Futtergetreide wie Mais und Weizen Ethanol her, mit dem Eiweißanteil wird Eiweißfutter produziert – mehr dazu in Spritmangel: Höherer Ethanol-Anteil möglich (noe.ORF.at, 18.7.2022).