Pendlerpauschale
M. Schuppich – stock.adobe.com
M. Schuppich – stock.adobe.com
Politik

Erhöhtes Pendlerpauschale sorgt für Diskussion

2022 hat der Bund wegen stark gestiegener Spritpreise das Pendlerpauschale erhöht. Ende Juni läuft die Maßnahme aus. Mehrere Stimmen in Niederösterreich fordern eine Verlängerung, darunter die ÖVP. Das ÖVP-geführte Finanzministerium ist zurückhaltend.

Die Spritpreise in Österreich sinken seit Wochen wieder. Nach einem Höchstwert von mehr als zwei Euro pro Liter im vergangenen Jahr, sind Diesel und Benzin an den heimischen Tankstellen wieder deutlich billiger geworden. Das bedeutet offenbar auch ein Ende der Entlastungen für Autofahrer.

Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) kündigte vor eineinhalb Wochen an, dass das befristet erhöhte Pendlerpauschale und der Pendlereuro mit Juni 2023 auslaufen werden. Von der Erhöhung würden zudem Besserverdienerinnen und -verdiener massiv profitieren. Sozial-treffsicher sei diese Maßnahme demnach nicht. Zugleich sprach sich Gewessler für eine sozial-gestaffelte und ökologischere Neugestaltung aus.

„Unerträglicher Zynismus“

Der Klubobmann der ÖVP Niederösterreich, Jochen Danninger, wirft Gewessler deshalb in einer Aussendung am Montag „Abgehobenheit“ und „unerträglichen Zynismus“ vor. Anlass dafür ist die Aussage Gewesslers, dass von der Pendlerpauschale vor allem gutverdienende SUV-Fahrer profitieren würden. Pendlerinnen und Pendlern aus entlegenen Regionen „legt die Ministerin aus ideologischen Gründen Steine in den Weg“, meint Danninger.

Die Spritpreise seien weiter auf einem hohen Niveau, heißt es in der Aussendung weiter. Außerdem sei das Pendlerpauschale für viele Personen ein substanzieller Teil, damit sie zu ihrem Arbeitsplatz fahren. Ohne Verlängerung der Erhöhung drohe die Gefahr, dass sich diese Menschen einen anderen Arbeitsplatz in der Nähe ihres Wohnortes suchen, erklärte ein Sprecher von Danninger gegenüber noe.ORF.at.

Kein Geld vom Land

Das erhöhte Pendlerpauschale sollte laut Landes-ÖVP um zwölf Monate verlängert werden. Die Frage, ob das Pendlerpauschale derzeit Besserverdiener bevorzuge wie von Gewessler erwähnt, ließ der Sprecher offen. Für den Fall, dass der Bund das Pendlerpauschale nicht verlängert, werde das Land aber nicht einspringen und diese Förderungen gewähren. Das sei eine Bundesregelung, betont der Sprecher.

Blick auf den Verkehr auf der Südosttangente, A23, in Wien
APA/GEORG HOCHMUTH
600.000 Menschen pendeln in Niederösterreich, viele von ihnen sind dabei auf das Auto angewiesen

Zuständig ist in dieser Frage aber nicht die Klimaministerin, sondern das ÖVP-geführte Finanzministerium. Finanzminister Magnus Brunner beriet sich vergangene Woche noch mit Experten über die Sinnhaftigkeit einer Fortführung. Auf Anfrage der APA hieß es damals nur: „Alle Maßnahmen werden auf ihre Notwendigkeit und Wirksamkeit analysiert. Aufgabe des BMF ist und bleibt, die langfristige Entwicklung und das Budget im Auge zu behalten.“

Pendler erhalten in Österreich eine pauschale Unterstützung, das Pendlerpauschale, das je nach Entfernung vom Arbeitsplatz und Möglichkeit auf Öffis umzusteigen gestaffelte Fixbeträge umfasst. Dazu kommt der „Pendler-Euro“, der derzeit als Steuerfreibetrag die Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer senkt. Davon profitieren Menschen umso stärker, je mehr sie verdienen. Im Vorjahr wurde das Pendlerpauschale um 50 Prozent erhöht, während der Pendler-Euro sogar vervierfacht wurde.

Debatte im Landtag

Die Verlängerung des erhöhten Pendlerpauschale war erst vergangene Woche im Landtag Thema. Die SPÖ hatte darüber eine Debatte unter dem Titel „Pendlerinnen und Pendler nicht auf der Strecke lassen! Pendlerpauschale verlängern, Teuerung stoppen!“ initiiert. In dieser Frage sprach sich auch die FPÖ für die Fortzahlung des erhöhten Betrages aus.

Damit nicht Gutverdiener am meisten profitieren, fordern Arbeiterkammer und ÖGB bereits seit Monaten eine grundlegende Änderung der Pendlerförderung, ebenso Wirtschaftsforscher, etwa am Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo. AK und ÖGB haben erst vor kurzem wieder gefordert, dass statt des Steuerfreibetrags ein Absetzbetrag eingeführt wird, der unmittelbar die Lohnsteuer verringert und damit allen gleich stark zugute käme.

Außerdem brauche es eine Ökologisierung, etwa mit einer zusätzlichen Förderung bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, fordern AK und ÖGB. In diese Richtung ziele auch der Vorstoß von Klimaministerin Gewessler, die sich eine sozial-gestaffelte und ökologischere Neugestaltung des Pendlerpauschale wünscht, hießt es am Montag auf Nachfrage.

„Machtwort des Bundespräsidenten“

Zugleich warf Danninger Gewessler vor, dass sie Straßenbauprojekte „verschleppt“ und bezog sich dabei auf die Schnellstraßen S1, S8 und S34. Der Klubobmann erwartet sich „jetzt endlich ein Machtwort des Bundespräsidenten“, Gewessler müsse das Straßenbaugesetz einhalten und umsetzen. Die Verkehrsministerin kündigte vergangenen Herbst eine strategische Prüfung an. Mit der Prüfung soll es möglich sein, den Lobautunnel aus dem Gesetz zu streichen und Alternativen zu entwickeln.

Das Land ließ diesen Schritt damals juristisch prüfen, demnach sei das Verfahren gesetzeswidrig. Die Bundes-ÖVP machte aber umgehend klar, dass es mit ihr keine Gesetzesänderung geben werde. Und auf eine Entscheidung durch das Gericht will die ÖVP Niederösterreich in dieser Frage nicht warten. Vielmehr soll eben der Bundespräsident tätig werden, der formal zwar keine Kompetenzen hat, aber „eine moralische Instanz“ ist, wie es heißt.

Dieses Machtwort soll Alexander Van der Bellen nur an die Klimaministerin richten, nicht an die Gerichte, die derzeit die Straßenbauprojekte S1 und S8 prüfen und damit auch verzögern, stellt der Sprecher von Danninger klar. Für die Landes-ÖVP gehe es nur darum, dass das Ministerium bzw. die Asfinag im Hintergrund allfällige Planungen und Arbeiten zum Bau der Schnellstraßenprojekte vorantreibt.