Kunstraum Niederoesterreich Ausstellung OMSK Social Club
T(( ))mb, 2023, Courtesy of OMSK Social Club/Photo: Jonas Schoeneberg
T(( ))mb, 2023, Courtesy of OMSK Social Club/Photo: Jonas Schoeneberg
Kultur

Kunstraum: Was ist Fiktion, was Realität?

Der Kunstraum Niederoesterreich in Wien zeigt die Ausstellung „T( ( ) )mb“. Das Künstlerkollektiv OMSK erkundet dabei die Grauzonen zwischen Fiktion und Wirklichkeit. OMSK möchte „ein immersives Real-Game-Play-Szenario" präsentieren.

„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, schrieb Ludwig Wittgenstein. Sprache, so der Philosoph, definiert das Terrain unseres Weltbezugs. Ihre Grenzen sind dabei nicht starr. Im Gegenteil: Sprechen ist für Wittgenstein ein spielerischer Akt. „Indem wir kommunizieren – eine Diskussion führen, uns mit Freund:innen austauschen, uns streiten etc. –, loten wir gemeinsam die Möglichkeiten eines bestimmten Kommunikationsraums aus: Wir spielen ein ‚Sprachspiel‘. Wir verhandeln die Grenzen der Sprache neu und damit, potenziell, auch die unserer Welt“, schreibt der Kunstraum Niederoesterreich auf seiner Website.

Die Frage, wie Sprachspiele unser Bewusstsein formen, führt ins Zentrum der künstlerischen Praxis von OMSK Social Club. Die Spiel-Metapher ist in OMSKs Fall wörtlich zu nehmen: „Die Installationen und Performances des Kollektivs folgen den Mustern von sogenannten LARPs (live action role plays), Hybriden aus Improvisationstheater und Pen-&-Paper-Rollenspielen – mit dem Unterschied, dass OMSK die Grenzen zwischen Fiktion und Realität, Spiel und Alltag in seinen Arbeiten systematisch verwischt. Die Gruppe selbst definiert ihre Praxis denn auch als RGP: ‚Real Game Play.‘“

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Kunstraum Niederoesterreich Ausstellung OMSK Social Club
T(( ))mb, 2023, Courtesy of OMSK Social Club/Photo: Jonas Schoeneberg
„T ( ( ) ) mb“ wird im Kunstraum Niederoesterreich in der Wiener Herrengasse 13 dienstags bis sonntags bis 29. Juli gezeigt
Kunstraum Niederoesterreich Ausstellung OMSK Social Club
T(( ))mb, 2023, Courtesy of OMSK Social Club/Photo: Jonas Schoeneberg
Mit „T ( ( ) ) mb“ lädt OMSK zu einer Erkundung dessen ein, was jenseits der „Grenzen unserer Sprache und Welt“ liegt
Kunstraum Niederoesterreich Ausstellung OMSK Social Club
T(( ))mb, 2023, Courtesy of OMSK Social Club/Photo: Jonas Schoeneberg
Im Zentrum steht eine Gruppe von fünf Personen mit einem ebenso ambitionierten wie ungewöhnlichen Projekt: die systematische Entgrenzung sprachlicher Kommunikation
Kunstraum Niederoesterreich Ausstellung OMSK Social Club
T(( ))mb, 2023, Courtesy of OMSK Social Club/Photo: Jonas Schoeneberg
„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, lautet ein berühmter Satz Ludwig Wittgensteins. Sprache, so der Philosoph, definiert das Terrain unseres Weltbezugs.

Eine Mischung aus Ausstellung, Performannce und Film

Mit „T( ( ) )mb“ (gesprochen Tomb, englisch für Gruft), OMSKs neuester, für den Kunstraum Niederoesterreich produzierter Arbeit, präsentiert das Kollektiv ein immersives Real-Game-Play-Szenario an der Schnittstelle von Ausstellung, Performance und Film.

Hintergrund sei die Beobachtung, dass sich neuerdings auch Staaten für die transgressiven Potenziale von Sprachspielen interessieren. Als Beispiel wird das von 2017 bis 2020 durchgeführte Forschungsprojekt „Cassandra“ des deutschen Verteidigungsministeriums angeführt. Die Sprachspiele, auf die sich das Interesse von „Cassandra“ richtete, waren literarischer Art. Das Ziel laut OMSK: „Anhand fiktionaler Texte aus unterschiedlichen Teilen der Welt ‚drohende Konflikte und Krisen bereits in ihrer Latenzphase erkennen‘ und ein Maßnahmenset zur Prävention zusammenstellen. ‚Literatur als Frühwarnsystem‘, so das Motto des Projekts.“

Dass Staaten alle verfügbaren Daten und Möglichkeiten nutzen, um für Krisen gewappnet zu sein, sei weder überraschend noch beunruhigend – vorausgesetzt, sie gehen mit ihrem Wissen verantwortungsvoll um, so OMSK Social Club. Was aber geschieht, wenn ein Programm wie „Cassandra“ in falsche Hände gerät? Ausgehend von diesem besonderen Fall der Verquickung von Sprache, Kunst und Macht begibt sich OMSK mit „T( ( ) )mb“ auf die Suche nach Gegenmodellen.

OMSK Social Club erkundet Grauzonen

Seit seiner Gründung 2016 in Berlin erkundet das Künstlerinnen- und Künstlerkollektiv OMSK Social Club die Grauzonen zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Der Name der Gruppe – OMSK – ist eine Anspielung auf den Schriftsteller Fjodor M. Dostojewski. 1849 hatte der russische Zar den Dichter zu vier Jahren Festungshaft und Zwangsarbeit in Omsk verurteilt. Mit dem Zusatz „Social Club“ weist die Gruppe auf eine im 19. Jahrhundert aufkommende (gegen)kulturelle Praxis der englischen Arbeiterklasse hin: „Social Clubs waren Orte proletarischer Selbstorganisation, an denen Arbeiter:innen sich zum informellen politischen und sozialen Austausch zusammenfanden.“