Wissenschaft

3D-Modell fühlt seltener Ohrerkrankung nach

Die Karl Landsteiner Privatuniversität in Krems und zwei US-amerikanische Unis sind bei der Erforschung einer seltenen Erkrankung des Innenohrs einen großen Schritt weitergekommen. Der Einsatz neuer 3D-Modelle führte zu neuen Erkenntnissen beim Ménière-Syndrom.

Übelkeit, Drehschwindel, Tinnitus und Schwerhörigkeit – die sogenannte Ménière-Krankheit bedeutet für Betroffene oft immense Einschränkungen der Lebensqualität. Die Behandlung ist, wie häufig bei seltenen Erkrankungen, schwierig.

Im Extremfall muss der Gleichgewichtsnerv durchtrennt oder das Gleichgewichtsorgan chirurgisch entfernt werden. Für leichtere Fälle hat sich eine Antibiotika-Behandlung bewährt. Dies konnte das Team der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) bereits vor fünf Jahren bestätigen, ohne allerdings den Wirkmechanismus zu kennen. Jetzt konnte man dem Rätsel um die Wirkung des Antibiotikums im Zuge einer internationalen Zusammenarbeit – gemeinsam mit der Harvard Medical School und der Johns Hopkins University (beide USA) – einen großen Schritt näherkommen.

Digitale Nachbildungen gaben Aufschluss

Der Entstehungsort der Erkrankung ist laut den Forscherinnen und Forschern das Gleichgewichtsorgan im Innenohr, in dem im Krankheitsfall ein Überdruck entsteht. Wesentlicher Teil des Innenohrs sind die höhlenartigen Erweiterungen am äußeren Ende des Schneckengangs, die als Sacculus und Utriculus bezeichnet werden, erklärt Béla Büki, Leiter der Ambulanz für Hör- und Gleichgewichtsstörungen am Universitätsklinikum Krems.

In der jüngst erschienenen Studie der Fachpublikation „Otology & Neurotology“ verglich das Team um Büki die Innenohren von neun Ménière-Patientinnen und Patienten mit denen von zehn gesunden Personen und stieß auf große Unterschiede. Dafür waren auf Basis anatomischer Schnitte digitale 3D-Modelle erstellt worden.

Rätsel um geheimnisvolles Ventil

„Sehr häufig war bei Betroffenen das Volumen des äußeren Schneckengangs als auch des Sacculus erweitert. Das konnten wir in den virtuellen 3D-Modellen eindeutig nachweisen,“ so Büki. Weiters zeigten die Auswertungen, dass auch das Volumen des Utriculus bei zahlreichen Betroffenen angestiegen war und Membranen verdickt waren.

Einen weiteren deutlichen Unterschied fanden die Forscher im Vergleich des bisher weitgehend unerforschten Bast’s Valve Ventils im Innenohr. „Tatsächlich war in allen untersuchten Fällen von Ménière-Betroffenen, bei denen auch der Utriculus angeschwollen war, das Bast’s Valve offen oder die umgebende Membran rissig“, so das Studienergebnis. Dies deutet dem Forschungsteam zufolge darauf hin, dass das Ventil eine druckregulierende Funktion haben dürfte. „Eine unschätzbar wichtige Beobachtung, wenn man bedenkt, dass die genaue Funktion dieses Ventils auch fast 100 Jahre nach seiner Entdeckung noch immer ungeklärt ist“, so das Team um Büki.