Gehirnströme lenken durch Neurofeedback

Krankheiten, Störungen, ungewollte Verhaltensmuster können auf Fehlregulierungen der Gehirnaktivität zurückzuführen sein. Neurofeedback gilt dabei als mögliche neue Therapieform, um Fehlregulierungen selbst zu regulieren.

Auf einem Bildschirm fliegt ein bunter Schmetterling durch einen Kanal und sammelt dabei Punkte ein. Im Hintergrund läuft sanfte Musik. Die sechsjährige Phoebe sitzt in einem Stuhl vor dem Bildschirm und folgt dem Schmetterling mit ihren Augen. Sie leidet an Lern-und Konzentrationsschwierigkeiten. Durch Elektroden ist sie mit einer computergesteuerten Software verbunden, die die elektrische Aktivität ihres Gehirns aufzeichnet.

Sendungshinweis:
„NÖ heute“, 4.4.14

"Durch die Animationen, die wir auf dem Bildschirm darstellen, erkennt sich das Gehirn selbst und versucht seinen Rhythmus dem Feedback anzupassen,“ erklärt Thomas Flatz, EEG-Info Dozent für Neurofeedback am Neurofeedback-Institut in Pressbaum. „Dadurch werden die Animationen bunter, flüssiger und schneller.“ Ziele, die vorher definiert wurden, könnten so erreicht werden, so Flatz.

Biofeedback

ORF

Gehirnwellen für Spitzenleistung werden erhöht

Bei Phoebe sollen jene Gehirnwellen, die für Konzentration und Spitzenleistungen benötigt werden erhöht und jene die zu Ängsten und Stressgefühlen führen, reduziert werden. Dass sich ihre Gehirnwellen in einem idealen Rhythmus befinden, merkt Phoebe an der Vibration eines verkabelten Teddybärs.

Die Szenen am Bildschirm werden je nach Bedarf ausgewählt. „Wir versuchen Motive zu wählen, die Kinder aktivieren, damit sie wieder aktiv durchs Leben gehen. Wenn wir hingegen mit Kindern arbeiten, die an ADHS oder Hyperaktivität leiden, versuchen wir im Vorfeld Sequenzen auszusuchen, die die Kinder beruhigen, durch die es zu einer Entspannung kommt“, erklärt Flatz.

Anwendungsbereich laut Experten vielfältig

Neurofeedback wird auch oft bei Epilepsie, Schlafstörungen oder chronischen Kopfschmerzen eingesetzt. Martina Diessner ist seit einem halben Jahr Patientin im Neurofeedback-Institut. In Stresssituationen versucht sie sich an Sequenzen zu erinnern, die sie während der Neurofeedbacksitzungen gesehen hat. „Das funktioniert mittlerweile ganz gut. Heute ist mein fünfter Tag ohne Kopfschmerzen, das habe ich seit drei Jahren nicht erlebt“, sagt Diessner.

„Das Gehirn lernt mit der Zeit, die neue Aktivität, die durch das Neurofeedback mitgeteilt - also zurück vermittelt wird - beizubehalten“, erklärt Michaela Gleußner, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie. In der Regel seien 15 bis 20 Sitzungen dafür ausreichend.

Spezielle Form des Biofeedbacks

Neurofeedback ist eine spezielle Form des Biofeedbacks und wurde in den 1960er Jahren in den USA entwickelt. Dort wird es heute verbreitet bei Kriegsveteranen eingesetzt, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden. In Österreich ist die Methode bisher wenig bekannt und wird von den Krankenkassen nicht bezahlt. Auch die Forschung zur Wirksamkeit von Neurofeedback steckt noch in den Kinderschuhen: Erste Projekte laufen derzeit an den medizinischen Universitäten Wien und Graz.