„Piramo e Tisbe“: Erstaufführung in Altenburg

Im Stift Altenburg, im schönsten Barocksaaltheater Österreichs, zeigt TEATRO BAROCCO das musikalische Drama „Piramo e Tisbe“. Erstmals ist J. A. Hasses Meisterwerk in Österreich in einer „Originalinszenierung“ zu sehen.

Die Handlung ist ein barockes Drama vom Feinsten: Tisbe liebt Piramo, doch ihr Vater zwingt sie zur Heirat mit einem Fremden. Tisbe widersetzt sich der unfreiwilligen Heirat. Der fatale Irrtum passiert: Piramo ersticht sich, da er Tisbe von einem wilden Tier getötet glaubt. Tisbe folgt ihm in den Tod. Tisbes Vater erkennt nun die Folgen seines Starrsinns und tötet auch sich.

Sendungshinweis

„Theaterfest“, 30.6.2016

Bernd R. Bienert, Intendant von TEATRO BAROCCO, inszeniert „Piramo e Tisbe“ in rekonstruierten Bühnenbildern und Kostümen im Stil der Mozart-Zeit. Das Ensemble Teatro Barocco musiziert auf historischen Instrumenten.

Megan Kahts als Tisbe in Piramo e Tisbe im Stift Altenburg

Barbara Palffy

Megan Kahts in „Piramo e Tisbe“

Die südafrikanische Sopranistin Megan Kahts verzeichnete kürzlich als Susanna in Bienerts Produktion „Le Nozze di Figaro“ von Mozart im Schlosstheater Laxenburg bei Publikum und Presse einen großen Erfolg. In Johann Adolf Hasses 1768 entstandenem musikalischen Drama „Piram e Tisbe“ übernimmt sie als Tisbe die Haupt- und Titelrolle der neuen Produktion.

Bernd R. Bienert begründete 2012 mit seinem TEATRO BAROCCO ein Festival, das sich explizit mit dem Musiktheaterschaffen von Wolfgang Amadeus Mozart und dessen künstlerischem Umfeld auseinandersetzt und das dessen heute weitgehend unbekannte Vielfalt an verschiedenen Formen (Melodram, Singspiel, Intermezzo, Opera buffa, Opera seria usw.) Schritt für Schritt dem Repertoire zurückerobert.

Bienert entdeckt und bespielt historisch bedeutende Theaterräume wie das ehemalige kaiserliche private Opernhaus der Habsburger in Schloss Laxenburg. Schon 2012 rekopnstruierte er in Stift Altenburg bei Horn das Saaltheater der Benediktiner - nach dem Vorbild des Salzburger Benediktiner-Universitätstheaters der Mozartzeit - speziell zu diesem Zweck.

Bienert: „Ein barockes Gesamtkunstwerk“

„TEATRO BAROCCO bespielt mit der monumentalen barocken Bibliothek des Stiftes Altenburg das wohl schönste Barocksaaltheater Europas“, sagt Bernd R. Bienert selbstbewusst. Nur hier komme es zu einer nirgendwo anders erreichten Echtheit und Authentizität von Aufführungsort und Epoche im Sinne eines barocken Gesamtkunstwerks.

noe.ORF.at: Warum haben Sie sich für dieses Stück entschieden?

Bernd R. Bienert: Die Oper „Piramo e Tisbe“ ist das Hauptwerk Joseph Adolph Hasses, der als “Il divino Sassone” in die Operngeschichte einging. Maria Theresia bezeichnete ihn als ihren Musiklehrer über 38 Jahre hinweg. In dieser vorletzten Oper, die Hasse komponiert hat, kündigt sich gleich mehrfach ein Zeitenwechsel an.

Hasse selbst hat in diesem Werk 1768 die Reformen Glucks bereits reflektiert und auf seine ganz persönliche Weise verarbeitet, doch trat zugleich mit dem erst zwölfjährigen Mozart eine vollkommen neue Epoche der europäischen Musikgeschichte auf den Plan, die Hasses Musiktheaterschaffen in den Schatten zu stellen drohte. Schon kurz danach, 1771 überflügelte der junge Mozart den bis dahin angesehensten Opernkomponisten der Zeit Maria Theresias. Hasse wird daher oft mit dem ihm zugeschriebenen Ausspruch zitiert: “… dieses Kind, (Mozart) wird uns noch alle in den Schatten stellen!”.

Bernd Roger Bienert Intendat TATRO BAROCCO im Stift Altenburg

Nadja Meister

Bernd R. Bienert

noe.ORF.at: Wo sehen Sie Ihren Spielort im Gesamtauftritt des Theaterfests positioniert?

Bienert: Unter dem Zuspruch einer immer grösser werdendem Fangemeinde zeigt TEATRO BAROCCO seit 2012 äußerst erfolgreich in ihrer für heute ungewöhnlichen Form, nämlich im originalen historischen Aussehen der Mozartzeit, vollendete Opernaufführungen. TEATRO BAROCCO ist damit zugleich Solitär, der das Angebot des Theaterfest um den (Rück-) Blick auf die europäische Theater- und Operngeschichte im Zusammenhang mit Kunsthistorik und Opernentwicklung ergänzt, als auch Bereicherung der Angebote des Theaterfests, um Theater- und Opernerlebnisse in historischer Aufführungspraxis, die bisher in Österreich in dieser Form noch nie zu sehen waren.

noe.ORF.at: Wie sehen Sie Ihren Spielort in drei Jahren? Wie wollen Sie ihn entwickeln?

Bienert: Schritt für Schritt soll in den nächsten Jahren das Bewusstsein für die unbedingte Notwendigkeit einer historischen Aufführungspraxis auch auf der Bühne, parallel zu der mittlerweile obligaten „historischen“ Orchesterpraxis, der öffentlichen Wahrnehmung vor Augen geführt werden. Bei TEATRO BAROCCO geht es insbesondere darum, das Interesse an einer geschichtshistorisch korrekten Aufführungspraxis auch in unserer modernen Gesellschaft zu verankern.

noe.ORF.at: Warum glauben Sie, dass die Besucherinnen und Besucher zu Ihnen kommen? Wegen des Stücks, der Inszenierung, des Ambientes oder der Region?

Bienert: Unser Publikum kommt mittlerweile sowohl aus der Region als auch aus dem gesamten Niederösterreich, aus dem eineinhalb Stunden entfernten Wien und aus dem gesamten österreichischen Bundesgebiet zu uns nach Stift Altenburg. Immer mehr Gäste kommen aus dem Ausland, von Italien bis Deutschland.

TEATRO BAROCCO bespielt mit der monumentalen barocken Bibliothek des Stiftes Altenburg das wohl schönste Barocksaal-Theater Europas. In der nur hier zu erlebenden, einmaligen Einheit von Stückauswahl, Spielstil in der Regie und Ausstattung der Mozartzeit, in Musik und Architektur, gelingt es in Stift Altenburg, eine nirgendwo anders erreichte Echtheit und Authentizität von Aufführungsort und Epoche im Sinne eines barocken Gesamtkunstwerkes zu formen, die unser Publikum von nah und fern jedes Jahr aufs Neue begeistert.

noe.ORF.at: Was ist die Botschaft des Stücks?

Bienert: Das Thema der Oper Hasses und seines Librettisten Coltellini ist der Aufschrei um die späte Einsicht menschlicher Erkenntnis, dass gegen die innere Vernunft nicht gehandelt werden darf. Das immer währende antike Thema, von der unsterblichen Liebe zwischen “Piramo e Tisbe", ist vergleichbar mit Shakespeares „Romeo und Julia“ und daher heute genauso gültig, wie vor vielen tausenden Jahren. Die Botschaft des Stücks ist daher jene, dass Zuneigung und echte Liebe zwischen Menschen niemals von außen verordnet werden kann und Unglück über alle bringt, falls dies dennoch so gehandhabt wird.

noe.ORF.at: Wie setzen Sie Ihren Spielort bzw. die Bühnenmöglichkeiten in Ihre Inszenierung ein?

Bienert: TEATRO BAROCCO in Stift Altenburg ist ein barockes Gesamtkunstwerk. Es ist absolut einmalig in Österreich, dass der Innenraum und die Architektur des Aufführungsortes, in Altenburg ist es eine der monumentalsten und kunsthistorisch schönsten barocken Klosterbibliotheken der Welt, mit dem Bühnenbild und den Kostümen, sowie mit der Regie und dem Stück und dessen Musik harmonisch korrespondieren, und damit geschlossen einer historischen Epoche der Kunstgeschichte zuzuordnen sind. So wird eine nirgendwo anders erreichte künstlerische und historische Einheit erzielt, die das Publikum in die Zeit der Entstehung von „Piramo e Tisbe“, einer der größten Opern der Musikgeschichte, zurück führt.

noe.ORF.at: Wovor haben Sie Angst? Vor dem Publikum, kranken Hauptdarstellern, Kritikern oder als Sommertheaterregisseur bezeichnet zu werden??

Bienert: Seit 2012 hat TEATRO BAROCCO in Stift Altenburg den kunsthistorisch höchst bedeutenden Aufführungsort der monumentalen Stiftsbibliothek, mit den grandiosen Fresken Paul Trogers, durch eine Besinnung und Rückführung auf innere und immer währende Werte mit Opernaufführungen der Mozartzeit vollkommen neu definiert. Unser Publikum und unsere Künstlerinnen lassen gemeinsam beim Betreten des Stiftes alle weltlichen Probleme hinter sich, es umfängt sie ein Gefühl der inneren Ruhe. Das Verstehen und Einswerden mit unserer Geschichte bewirkt ein zufriedenes Erlebnis in glücklichen gemeinsamen Stunden, die nur der Kunst geweiht sind.

Das schreibt die Kritik über „Piramo e Tisbe“

„Es ist eine Art von widerständigem Theater, das Regisseur Bernd Bienert mit seinem Teatro barocco nun schon zum fünften Mal im prunkvollen Bibliothekssaal des Stifts Altenburg verwirklicht: Der Anspruch, historische Aufführungspraxis nicht nur musikalisch (mit einem farbenreich spielenden Ensemble unter Emanuel Schmelzer-Ziringer), sondern auch szenisch zu verwirklichen, steht quer zur herrschenden Bühnenpraxis – und entwickelt im Wechselspiel von Distanz und Nähe seinen eigenen Reiz."
Walter Weidringer, "Die Presse“

Mehr über „Piramo e Tisbe“

Die Premiere von „Piramo e Tisbe“ in Stift Altenburg war am 25. Juni. Weitere Aufführungen sind am 2., 9., 16., 23. und 30. Juli, Vorstellungsbeginn ist jeweils um 19.00 Uhr.

Darsteller: Megan Kahts, Maria Taytakova, Peter Widholz und Gabriel Wanka.
Intendanz, Regie, Bühne und Kostüme: Bernd R. Bienert
Musikalische Leitung: Emanuel Schmelzer leitet das Ensemble Teatro Barocco

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