St. Pölten: „Wie Gulasch ohne Saft“

„Ein Land ohne Hauptstadt ist wie ein Gulasch ohne Saft“. Mit diesem legendären Spruch hat sich Niederösterreich 1986 auf die Suche nach einer eigenen Landeshauptstadt gemacht. Die Entscheidung fiel bekanntlich für St. Pölten.

Sendungshinweis

„Guten Morgen Österreich“, 18.8.2016

Vor 30 Jahren fasste der Landtag von Niederösterreich im Landhaus in der Wiener Herrengasse 13 den Beschluss für eine eigene Landeshauptstadt. Das fand damals alles in Wien statt - im heutigen Palais Niederösterreich.

Landeshauptmann Siegfried Ludwig (ÖVP) trat am 10. Juli 1986 auf den Balkon im Innenhof des Landhauses und verkündete: „Der Landtag von Niederösterreich hat vor wenigen Minuten die niederösterreichische Verfassung geändert und zwar in jener Richtung, dass St. Pölten ab sofort niederösterreichische Landeshauptstadt ist.“

Ortsportrait St. Pölten

ORF

Siegfried Ludwig (M.) verkündete am 10. Juli 1986, dass das Bundesland Niederösterreich mit St. Pölten ab sofort eine neue Landeshauptstadt hat

Seither hat sich einiges in der Stadt getan. Seit 2009 etwa findet jährlich im August das FM4-Frequency-Festival statt und lockt zehntausende Musik-Fans an. Vom 17. bis 20 August ist es übrigens wieder soweit.

Mit dem Zug in kurzer Zeit in die „alte“ Hauptstadt

Etwas ruhiger ist es an der Fachhochschule. St. Pölten ist zu einem bedeutenden Standort für Aus- und Weiterbildung geworden. 2.600 Lernwillige studieren untere anderem Medientechnik, Soziale Arbeit oder Bahntechnologie. Apropos Bahn: Die Zugfahrt zum Wiener Hauptbahnhof dauert jetzt nur mehr 28 Minuten, zum Flughafen in Schwechat ist es knapp eine Stunde Fahrtzeit.

Ortsportrait St. Pölten

ORF

Zehntausende Besucherinnen und Besucher stürmen jedes Jahr das FM4-Frequency-Festival in St. Pölten

Wer nicht mit dem Zug, sondern mit dem Auto nach St. Pölten kommt und einen Parkplatz sucht, kennt folgendes Thema vermutlich: Die Ausgrabungen am Domplatz. Kaum eine Sache polarisiert in der Stadt so sehr wie diese. Die Archäologen halten den Parkplatzsuchenden aber einiges entgegen: Sie haben hier unglaubliche Dinge gefunden: An die 11.000 Skelette, die zum Teil 7.000 Jahre alt sind, oder die Grundmauern einer romanischen Kapelle.

Gesunde Bedingungen vor hunderten Jahren

Oder Details über die Lebensbedingungen im mittelalterlichen St. Pölten, wie Stadtarchäologe Ronald Risy erklärt: „Hier gab es im Vergleich zu anderen Städten offenbar relativ gesunde Lebensbedingungen. Wir haben eine eher geringe Anzahl an Pathologien und Krankheiten, und einen eher gesunden Ernährungszustand der Bevölkerung.“

Ortsportrait St. Pölten

ORF

Mit feinsten Geräten wie Pinselchen werden die Skelette bearbeitet

St. Pölten schreibt Geschichte

Die Skelette sind zum Teil in einem sehr guten Zustand. In Feinarbeit werden sie von den Archäologen mit Pinselchen bearbeitet. Interessant ist auch, dass man durch die Erkenntnisse in St. Pölten einige Seiten in den Geschichtsbüchern umschreiben wird müssen. Etwa, dass Columbus die Syphilis von Amerika nach Europa gebracht hat. „Wir haben hier eindeutig Fälle aus dem 14. Jahrhundert, die an Syphilis erkrankt waren und damit deutlich früher, als Christoph Columbus nach Europa kam. Bisher war das umstritten, und damit kann die Medeizingeschichte umgeschrieben werden“, so Risy.

Bis 2018 schaut man am Domplatz noch, welche Geschichten sich unter der Oberfläche verbergen. Was danach mit dem Domplatz passieren soll, ist noch nicht ganz geklärt. Dafür gibt es aber mehrere Konzepte, so könnten etwa Gastronomiebetriebe und Schanigärten entstehen.

Links: