Ruth Klüger: „Man hat eine Stinkwut“

Am Samstag eröffnet die Autorin und Feministin Ruth Klüger den „Blätterwirbel“ in St. Pölten. Sie überlebte mehrere Konzentrationslager, ihre Bücher wurden zu weltweiten Bestsellern. Dem ORF NÖ gab sie eines ihrer seltenen Interviews.

Ruth Klüger kam 1931 in Wien zur Welt, sie wird Ende Oktober 80 Jahre alt. „Für mich ist die Wurzel meines Lebens in dieser Stadt, aus der ich nur wegwollte“, sagt die Autorin über ihre Geburtsstadt. Ruth Klüger kam als Kind gemeinsam mit ihrer Mutter ins KZ. Sie überlebte die Konzentrationslager Theresienstadt, Christianstadt und Groß Rosen und das Vernichtungslager in Auschwitz.

Nach der Flucht mit ihrer Mutter und ihrer Pflegeschwester emigrierte Klüger 1947 in die USA. Sie studierte Germanistik und Anglistik und lebt als Literaturwissenschaftlerin in Irvine/Kalifornien. Mit ihrer ersten literarischen Veröffentlichung, „weiter leben“ im Jahr 1992 fand Ruth Klüger überwältigendes Echo bei Kritik und Publikum.

„Diese Wut steckt noch immer in mir“

Aus der Zeit im KZ ist ihr ein Gefühl geblieben, das der Wut: „Man macht sich vor, dass man überleben wird. Man hat eine Stinkwut. Daran erinnere ich mich deutlich, und diese Wut steckt noch immer in mir, dass das passiert ist.“

„Wenn man älter wird, hat man immer mehr Erinnerungen. Sie hauen auf einen ein. Ich komme nicht zurecht damit. Es muss ja nicht sein. Ich sage immer, dass es mir sehr gut geht. Was damals war, ist unerklärlich. Trotzdem versucht man, es zu erklären.“ Die Erfahrungen im Konzentrationslager wird Klüger nicht mehr los.

Ruth Klüger

APA/Neubauer

Ruth Klüger beim Interview

Auch das Gefühl während der Flucht hat Klüger ein Leben lang begleitet, wie sie im Gespräch mit Hannes Steindl erklärt: „Ich laufe immer weg, wenn eine Situation schwierig wird. Ich stelle mich nicht hin und kämpfe. Mein Tendenz ist weg und woanders hin. Das ist eine Lebenseinstellung. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass meine Mutter und ich aus dem letzten Konzentrationslager geflohen sind. Daran denke ich gerne zurück.“

„Stecken mitten in einer Leserevolution“

Mit der autobiograpischen Aufarbeitung ihrer Erlebnisse berührte Klüger Millionen Leser auf der ganzen Welt. Bei der Eröffnung des Festivals „Blätterwirbel" in St. Pölten am Samstag war sie der Stargast. Sie hielt den Eröffnungsvortrag mit einem e-book in der Hand, ein Gerät, in das die Literaturwissenschaftlerin viel Hoffnung setzt. „Ich bin ganz begeistert davon. Wir stehen mitten in einer Leserevolution. Das Lesen wird bleiben, aber das Papier wird verschwinden. Dort lassen sich ganze Bibliotheken speichern.“ Egal ob analog oder digital, Bücher von Ruth Klüger sollten in jeder Bibliothek stehen.

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Auszüge aus dem Interview mit Ruth Klüger sehen Sie am Abend in „NÖ heute“, das ganze Gespräch gibt es nur hier in noe.ORF.at.