Ernst Wolfram Marboe gestorben

Der langjährige ORF-Programmintendant Ernst Wolfram Marboe ist am Donnerstag im Alter von 73 Jahren gestorben. Er war mehr als drei Jahrzehnte im ORF tätig. Marboe war unter anderem auch Intendant der Raimundspiele Gutenstein.

Marboe wurde am 10. August 1938 in Wien geboren. Er lebte viele Jahre in Perchtoldsdorf. Die Liebe zur Kultur erbte er wohl von seinem Vater Ernst Marboe (1909 bis 1957), der in den 1950er Jahren Leiter der Bundestheaterverwaltung sowie Mitglied des Direktoriums der Salzburger Festspiele und Gründer der Austria Wochenschau war.

Ernst Wolfram Marboe

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Ernst Wolfram Marboe

Ernst Wolfram Marboe absolvierte nach dem Realgymnasium Schottenbastei ein Regie- und Schauspielstudium am Max-Reinhardt-Seminar und ein Studium der Theaterwissenschaften und Germanistik an der Universität Wien. Von 1962 bis 1964 leitete er das Wiener Studententheater. Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre war er u. a. als Assistent und Inspizient bei den Bregenzer und den Salzburger Festspielen tätig. Er war in diesem Zeitraum auch Mitarbeiter bei Opernhäusern in Stuttgart, Hamburg und Frankfurt sowie der Österreichischen Gesellschaft für Literatur.

Karriere beim ORF ab 1961

Im ORF fing Marboe zunächst ab 1961 als Autor und Regisseur an. Im Jahr 1971 wurde er zum Leiter der Abteilung Hörspiel und Literatur im Landesstudio Niederösterreich bestellt. Am 1. März 1976 wurde er zum Intendanten des Landesstudios Niederösterreich gewählt, am 15. Oktober 1978 zum Intendanten von FS2. Ab 1. August 1984 war er Fernseh-Programmintendant. Nach Differenzen wegen einer TV-Produktion wurde Marboe im September 1993 unter dem damaligen Generalintendanten Gerd Bacher vom ORF-Kuratorium abberufen.

Marboe moderiert 1978 "Licht ins Dunkel"

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Ernst Wolfram Marboe moderiert „Licht ins Dunkel“ (1978)

Der Miterfinder und Organisator der Aktion „Licht ins Dunkel“ verhalf der Kultur im Fernsehen zu einem neuen Stellenwert, indem er die unterschiedlichen Facetten im Programm verankerte. Marboe reaktivierte die TV-Übertragungen aus der Wiener Staatsoper und aus den größten Opernhäusern der Welt.

Radiohinweis

Radio NÖ sendet heute ab 20.04 Uhr ein „Radio NÖ Spezial im Gedenken an Ernst Wolfram Marboe“ mit Erinnerungen des Verstorbenen und mit Reaktionen von Wegbegleitern.

Er betätigte sich gleichzeitig als Förderer der typisch österreichischen Volkskultur, räumte auch ausgefalleneren Kulturangeboten in der Reihe „Kunst-Stücke“ einen fixen Sendeplatz ein und schuf schließlich mit dem „Cafe Central“ eine Einrichtung für regelmäßige Kulturgespräche im Fernsehen.

Mit Orden, Titeln und Goldener Kamera geehrt

Marboe erhielt für seine Tätigkeiten zahlreiche Auszeichnungen, u. a. die Goldene Kamera 1978 für die Sendung „Licht ins Dunkel“, das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich sowie u. a. Ehrenzeichen der Bundesländer Niederösterreich, Salzburg, Wien und Steiermark. 2006 erhielt er den Berufstitel „Professor“ für sein „verdienstvolles Wirken auf den Gebieten Kultur, Bildung und Wissenschaft“.

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Mit Raimunds Werken eng verbunden

Marboe erhielt 1995 den Raimund-Ring der Raimund-Gesellschaft, weil er mit dem „Verschwender für Kinder“ (1980), mit „Simsalabim - Der Barometermacher auf der Zauberinsel“ (1985) und schließlich zu Weihnachten 1991 mit dem „Diamanten des Geisterkönigs“ die neuesten elektronischen Möglichkeiten in den Dienst des stets textlich und damit inhaltlich unverfälscht dargebotenen Dichters Ferdinand Raimund gestellt habe, hieß es in der Begründung.

Von 2000 bis 2007 war Marboe Intendant der Raimund-Spiele in Gutenstein. In dieser Zeit inszenierte er alle acht Theaterstücke Raimunds. Ernst Wolfram Marboe war verheiratet und Vater von vier Kindern.

„Fernsehpionier und großartiger Gestalter“

„Mit ihm verliert Österreich einen genialen Fernsehpionier und unermüdlichen Kulturbotschafter, der sich im In- und Ausland einen verdienten Namen gemacht hat“, sagte ORF Generaldirektor Alexander Wrabetz.

"Mit Ernst Wolfram Marboe verliere Österreich einen der großen Gestalter der Fernsehgeschichte. In all seinen Funktionen im ORF habe er Meilensteine im Programm gesetzt, die vielen Zuseherinnen und Zusehern noch heute in Erinnerung seien. Als Generalist - Journalist und Autor, Dramaturg und Regisseur, Moderator und Manager - habe er nicht nur ORF-Radio und -Fernsehen bereichert, sondern auch Kultur und Wissenschaft Österreichs im Allgemeinen. Marboes Verdienste wirkten nachhaltig und seien noch immer Vorbild für Generationen, so Wrabetz.

„Ernst Wolfram Marboe vereinigte in sich alles, was ein erfolgreicher Fernsehmacher braucht: ein untrügliches Gespür für das Publikum, bedingungslose Leidenschaft für das Produkt, Intellektualität und einen scharfen Verstand - gepaart mit dem unbeirrbaren Festhalten an Visionen“, so ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner. „Er war uns - und insbesondere mir persönlich - Vorbild und wird es bleiben.“

„Vielen Menschen engagiert geholfen“

Kardinal Christoph Schönborn würdigte Marboe als einen „engagierten und selbstbewussten Katholiken, der durch seine geradlinige christliche Haltung die Welt der Medien und der Kunst in Österreich wesentlich geprägt hat“. Als Mensch und ORF-Gestalter habe er „viel Licht in das Dunkel der Menschen gebracht“, sagte der Wiener Erzbischof und hob die starke Verbundenheit des Verstorbenen mit der katholischen Kirche hervor.

Durch die „Jahrhunderterfindung“ der Sendung „Licht ins Dunkel“ sei es Marboe gelungen, den Blick der Medien auf Menschen in Not zu lenken, betonte Caritas-Präsident und ORF-Stiftungsrat Franz Küberl. Marboe war „ein ganz Großer der öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ und habe „viel dazu beigetragen, dass der ORF im positivsten Sinn populär wurde“. Für Küberl war der Verstorbene „ein Mann mit Esprit, Kreativität und Kraft“: „Sein Herz hat für die Menschen in Not geschlagen“ - mehr dazu in „Leidenschaft zeichnete ihn aus“.