Schiefergasbohrungen ab 2020

Der Öl- und Gaskonzern OMV will den riesigen Schiefergasvorrat im nördlichen Weinviertel in NÖ ab dem Jahr 2020 ausbeuten, falls das Vorhaben nach den Probebohrungen technisch, wirtschaftlich sowie ökologisch vertretbar zu realisieren ist.

Man wolle dabei einen österreichischen Weg gehen, der ohne jede schädliche Chemie auskommt, bekräftigen Vertreter der OMV sowie ein Experte der Montanuniversität Leoben vor Journalisten in Poysdorf (NÖ). Die Kritik - vor allem an den US-Förderpraktiken - sehe man sich genau an. Mit den Vorräten könnte ganz Österreich rund 30 Jahre lang versorgt werden.

Förderung ganz ohne Chemie

Ab Sommer 2013 sollen zwei Probebohrungen bei Herrnbaumgarten und danach beim benachbarten Poysdorf bis in zirka 6.000 Meter Tiefe durchgeführt werden. Die Gesamtinvestitionssumme liegt bei 130 Millionen Euro.

Bis Anfang 2015 soll die technische Machbarkeit klar sein, dann will man bis 2018/19 die Wirtschaftlichkeit prüfen. 2019/20 könne man dann sagen, ob eine Förderung darstellbar sei, wobei über allem die Ökologie stehe, sagte Christopher Veit, Geschäftsführer der OMV Austria, die in der Region seit Jahrzehnten vor allem Öl gewinnt.

Nur Wasser, Sand und Maisstärke werden eingesetzt

Fläche der Bohrplätze

Die beiden Bohrplätze seien jeweils zirka drei Hektar (30.000 m2) groß - etwas größer als bei normalen Bohrungen, die selten so tief gehen. Etwa zwei Hektar würden für die Bohranlagen, ein Hektar für die Wassertanks benötigt, sagte Spörker am Montag in Poysdorf.

Auch bei nachfolgenden Bohrungen werde man auf einen möglichst geringen Flächenbedarf achten, man plane lediglich einen Sondenplatz (mit bis zu 25 Bohrungen) pro 25 km2, also einen Abstand von fünf Kilometer.

Beim „Aufbrechen“ des Schiefergesteins, damit das Erdgas auch herausfließen kann, werde man gänzlich ohne Chemie und auch ohne Biozide auskommen, sagten OMV-Deep-Gas-Abteilungsleiter Hermann Spörker und Herbert Hofstätter von der Montan-Uni, an dessen Institut das umweltschonende Verfahren maßgeblich mitentwickelt wurde.

„Wir setzen nur Wasser, Sand und Maisstärke ein“, hieß es. Außerdem sei das Grundwasser nicht in Gefahr, diese Schichten lägen viel höher und seien ausreichend geschützt. Das zum „Aufbrechen“ des Gesteins (Fracking) eingebrachte Wasser werde mit UV-Licht keimfrei gemacht. Rückgeholtes Wasser und gefördertes Gas würden über Pipelines bzw. in geschlossenen Kreisläufen abtransportiert.

Montanuni-Professor Hofstätter zerstreute die Bedenken hinsichtlich einer möglichen Kontaminierung mit radioaktivem Material aus dem Boden, etwa Radium. Im Wiener Becken gebe es keine Radioaktivität - das wisse man aufgrund der mittlerweile 70-jährigen Bohrerfahrung in diesem Raum.

Gegend geologisch erfolgversprechend

Die Gegend um Poysdorf/Herrnbaumgarten im nördlichen Weinviertel ist geologisch gesehen besonders erfolgversprechend was Erdgas betrifft, sagte OMV-Deep-Gas-Abteilungsleiter Spörker.

Informationsstand der Bürgerinitiative

ORF

Umweltschützer machen gegen Gasbohrungen mobil

Weiter westlich seien Druck und Temperatur erdgeschichtlich nicht hoch genug gewesen, um aus organischem Material Gas entstehen zu lassen, weiter östlich Richtung Slowakei und Tschechien lägen die gasführenden Schichten in zu großer Tiefe (8.000 bis 9.000 Meter), um an eine Förderung zu denken.

Eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sei nicht nötig, man plane aber eine unabhängige Umwelt- und Sozialverträglichkeitsstudie, so Christopher Veit, Geschäftsführer der OMV Austria.

OMV: „Region könnte profitieren“

Schiefergasförderung durch Fracking komme etwa vier- bis fünfmal teurer als eine konventionelle Gasgewinnung, bestätigte Veit. Die OMV Austria hat im Wiener Becken in den vergangenen Jahrzehnten rund 3.500 Bohrungen vorgenommen und aktuell 1.200 Bohrtürme.

Laut Veit beschäftigt sie 700 eigene Mitarbeiter und weitere 700 als Contractingpersonal. „80 Prozent der Leute, die bei uns arbeiten, kommen aus der Region“, sagte der OMV-Vertreter. Die Kommunen könnten durch die Kommunalsteuerpflicht über den Verband der Erdölgemeinden profitieren, direkte Zahlungen an Poysdorf und Herrnbaumgarten gebe es aber nicht.

Auch Politik werde überzeugt

Wenn es der OMV gelinge, die Shale-Gas-Förderung ökologisch vertretbar mit Clean Fracking durchzuführen, werde auch die Politik gewonnen werden können, zeigte sich Veit optimistisch - angesprochen auf Kritik von Umweltminister Niki Berlakovich. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (beide ÖVP) stehe einer solchen Gewinnung positiv gegenüber. Mehr dazu in Schiefergas entzweit Ministerien. Zudem würde dieser Methode dann auch international die Industrie folgen, so der OMV-Experte.

Eine Erdbebengefahr schloss Spörker aus, angesprochen auf Vorkommnisse bei Shale-Gas-Bohrungen bei Blackpool in Großbritannien. Dort bestünden andere geologische Gegebenheiten. Außerdem seien die Erdstöße dort mit 1,5 und 2,5 nach Richter sehr schwach gewesen, alles unter 3 sei vom Menschen nicht spürbar. „Wir erwarten keine Erdbeben“, sagte Spörker weiter.

NGO’s weiterhin strikt dagegen

Derzeit befindet sich die OMV bei ihrem Megagasfund in der Informationsphase - „wir suchen das Gespräch mit den Menschen in der Region und auch mit den NGO’s (Nichtregierungsorganisationen, Anm.)“, so Veit. Für Montagabend ist eine erste große Infoveranstaltung geplant.

Dennoch „schießen“ sich Umweltorganisationen weiter auf die seit Herbst bekannten OMV-Pläne ein. Greenpeace verlangte vorige Woche auch für Österreich ein Verbot für die Förderung von Schiefergas, wie es in Frankreich und Bulgarien besteht. Global 2000 erneuerte am Montag die Kritik, verlangte ein Moratorium und legte der OMV nahe, sie solle - „statt auf riskante Technologien zu setzen - lieber in erneuerbare Energie wie etwa Geothermie investieren“. Das tut die OMV aber ohnedies. Vor allem dürfe es keine Bohrung ohne UVP geben, verlangt Global 2000.

Link:

Schiefergas: Bürger machen mobil