„Panikattacken sind mir geblieben“

Rund um die Vorwürfe der zweifelhaften Therapien und Versuchen mit Malaria-Erregern erhebt nun auch ein 66-jähriger Niederösterreicher schwere Vorwürfe. Dem Mann sei neben der Malaria-Therapie auch Valium in hoher Konzentration verabreicht worden, sagt er im noe.ORF.at-Interview.

Anfang der Woche sagten zwei ehemalige Wiener Heimkinder, für medizinische Versuche in der Wiener Hoff Klinik missbraucht worden zu sein. Da es aktuell keine Unterlagen dazu gibt, sollen diese Vorwürfe nun vom AKH und der Medizin-Uni untersucht werden.

Peter S. wollte nicht zur Schule gehen und sei deshalb in die Klinik gekommen, sagt er. Der 66-Jährige erhebt schwere Vorwürfe. Bis zu 40 Milligramm Valium seien ihm täglich verabreicht worden und er sei auch mit Malaria infiziert worden, sagt er im Interview mit noe.ORF.at.

noe.ORF.at: Warum sind sie damals in die Klinik gekommen?

Peter S.: Ich war ein äußerst lernunwilliges Kind und bei meinen Lehrern nicht sehr beliebt. Ein Lehrer hat meine Eltern dazu gedrängt, dass ich zu einem Psychologen gehen soll. Die werden dann mein Leben in die richtige Bahnen leiten. Ich bin dann beim Professor Hoff vorgeführt worden, sozusagen. Er hat mich gefragt, was ich machen will. Ich habe gesagt, ich will Schauspieler werden, eine pubertäre Geschichte.

noe.ORF.at: Welche konkreten Vorwürfe erheben Sie heute?

Man hat mich von Anfang an unter Sedativa gesetzt, sprich Valium, in einer Dosierung von zehn bis 40 Milligramm. Man hat mir auch ein anderes Medikament gegeben. Da kann man nicht sitzen, nicht stehen, man fühlt sich sehr schlecht. Unter Einwirkungen dieses Medikaments bin ich zu gewissen Tätigkeiten angehalten worden.

Spritze

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noe.ORF.at: Was meinen Sie da konkret?

Ich würde sagen Handarbeiten, Beschäftigungstherapie.

noe.ORF.at: Andere Betroffene berichten davon, mit Malaria-Erregern infiziert worden zu sein. Können Sie sich auch daran erinnern?

Eine Person hat mir das Blut abgezapft. Dann wurde es mir wieder eingespritzt, worauf ich die Malaria hatte. Ich habe zwei Wochen daran laboriert. Dann musste ich Tischtennis spielen, da habe ich meine ersten Herzrhythmusstörungen bekommen. Dann hat man mich von der Malaria befreit. Da war ich schon demoralisiert. Man hat aber munter weiterexperimentiert, um aus mir den Menschen zu machen, den die Gesellschaft gerne gesehen hätte.

noe.ORF.at: Wie lange waren sie in der Klinik, wissen Sie das noch?

Es ist 50 Jahre her und ich hatte es verdrängt. Es ist jetzt erst wieder hochgekommen, als ich das gehört habe. Man wollte mich einer Elektroschocktherapie unterziehen. Ich habe einige gesehen, die diese Therapie hinter sich hatten. Die sind schäumend und zuckend auf der Erde gelegen. Dann habe ich mir gedacht, mit mir nicht. Mit Hilfe von Freunden habe ich es geschafft, zu flüchten. Ich bin dann per Autostopp nach Frankreich geflüchtet.

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noe.ORF.at: Leiden Sie noch an Folgeschäden aus dieser Zeit?

Mit Sicherheit, eine bis heute dauernde Diazepam-Abhängigkeit. Im Lauf der Jahre sind mir Panik-Attacken geblieben. Bis heute kann ich das Haus nicht verlassen ohne entsprechende Medikation. Das muss ich nehmen, sonst kriege ich einen Entzug. Panikattacken und Angstzustände sind mir geblieben.

noe.ORF.at: Hat man sich je bei Ihnen entschuldigt oder sie entschädigt?

Nein, keinesfalls. Ich habe nie mehr wieder etwas gehört und wollte auch nichts hören, weil eine gewisse Paranoia geblieben ist.

Das Gespräch führte Benedikt Fuchs, noe.ORF.at.

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