Spatenstich für Jahrhundertprojekt

Nach jahrzehntelangen Debatten ist am Mittwochvormittag der Spatenstich für den Semmering-Bahntunnel erfolgt. Im Beisein zahlreicher Politiker fiel beim künftigen Nordportal in Gloggnitz der Startschuss für ein Jahrhundertprojekt.

Der neue Semmering-Bahntunnel wird umweltfreundlicher und sicherer als die alte Variante, sagen sowohl die ÖBB als auch das Land. Die Trassenführung wurde völlig geändert: Der mehr als 27 Kilometer lange Tunnel verläuft südlich von Gloggnitz nach Mürzzuschlag, durch ein geologisch und ökologisch weniger sensibles Gebiet.

Ghega-Strecke: Diese war die erste Gebirgsbahn der Welt und ist seit 1998 UNESCO-Weltkulturerbe - mehr dazu Bahnstrecke mit Weltbekanntheit.

Es gebe daher auch weniger Beeinträchtigungen für das Grundwasser und die Natur, betonen die ÖBB. Der Semmering-Bahntunnel wird nicht nur eine, sondern zwei Röhren haben. Auch die Zahl der Fluchtwege wurde deutlich erhöht. Außerdem bleibt die historisch wertvolle Ghega-Strecke über den Semmering als Ausweichstrecke bestehen.

Bereits in den 1980er Jahren begannen die ersten Planungen, mehrmals ist das Projekt „Semmering-Basistunnel“ - vor allem von niederösterreichischer Seite - politisch totgesagt worden. Eine 2006 begonnene Überarbeitung der Pläne brachte im Vorjahr schließlich grünes Licht sämtlicher Behörden

Grafik Semmering-Bahntunnel

APA/Hirsch

Grafik Semmering-Bahntunnel

Tunnel kostet 3,1 Milliarden Euro

Das vieldiskutierte Projekt ist für die ÖBB „ein wesentliches Schlüsselprojekt für die neue Südbahn als zentrale Achse auf der transeuropäischen Route von der Ostsee an die Adria“. Die Kosten für den 27,3 Kilometer langen, zweiröhrigen Eisenbahntunnel werden mit 3,1 Mrd. Euro beziffert.

Der Bau der eigentlichen Tunnelröhren ist ab 2014 geplant, die Inbetriebnahme für 2024. Die Vorarbeiten für das erste Baulos starteten bereits im vergangenen Februar im niederösterreichischen Gloggnitz und im steirischen Spital am Semmering bzw. Steinhaus.

Mehr als 30 Jahre lang über Projekt diskutiert

Gänzlich erledigt sind sämtliche Behördenverfahren aber noch nicht. Die Naturschutzorganisation „Alliance For Nature“ zieht nach wie vor gegen den Tunnelbau zu Felde, hat jeden Bescheid angefochten und auch erst am Montag wieder an der Rechtsstaatlichkeit des Spatenstichs gezweifelt. Teilweise stehen Entscheidungen auch tatsächlich noch aus - diese sollen aber nicht die aktuellen Arbeiten betreffen, versicherte man bei den ÖBB. Auch ein Teilverfahren in der Steiermark ist noch anhängig.

Kritik kam auch von der Gloggnitzer Bürgerinitiative BISS. Die Bürger seien vom Spatenstich ausgeschlossen, heißt es in einer Aussendung, und empört, dass der Festakt nur für geladene Gäste vorgesehen sei und nicht für die Betroffenen. So erreiche man kein Vertrauen bei den Bürgern, so BISS. Die ÖBB weisen diese Kritik zurück. Es sei organisatorisch nicht möglich, alle Bürger einzuladen. Es werde aber Veranstaltungen für die betroffenen Gemeinden geben, so die ÖBB.

Der Bau der beiden eigentlichen Tunnelröhren soll 2014 beginnen. Das Tunnelprojekt, über das seit den 1980er Jahren diskutiert worden war, bekam 2011 grünes Licht von den Behörden. Mehr als 30 Jahre hat es Politiker, Verkehrsplaner, Anrainer und auch die Gerichte beschäftigt. Sehen Sie hier ein Video der Chronologie des Semmering-Bahntunnels.

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Offiziellen Redner bei Spatenstich voll des Lobes

„Was lange währt, wird endlich gut“ - wenn dieser Spruch für etwas gut passt, dann wohl für die nun erfolgte Einigung - mehr dazu in Spatenstich für Semmering-Tunnel fix. Nach den jahzehntelangen Debatten waren am Mittwoch alle offiziellen Redner beim Spatenstich in Gloggnitz voll des Lobes. „Das Auto hat keine Chance mehr gegen den Zug“ heißt es da - und: es geht um die Zukunft unserer Kinder.

Es sei ein historischer Tag, sagte etwa ÖBB-Vorstandsvorsitzender Christian Kern beim feierlichen Spatenstich. Die Fahrzeit von Wien nach Graz solle um eine halbe Stunde verkürzt werden: „Sie werden in einer Stunde und 50 Minuten in der Grazer Innenstadt sein, und wenn Sie wissen, wie lange das mit dem Auto dauert, dann bedeutet das: In Zukunft ist das Auto gegenüber der Bahn nicht mehr konkurrenzfähig.“

Bures: „Umweltfreundliches Verkehrsmittel“

Der mehr als 27 Kilometer lange Tunnel zwischen Gloggnitz und Mürzzuschlag sei ein Schlüsselprojekt für die neue Südbahn, sagte Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ). Die geplanten Investitionen von mehr als drei Milliarden Euro seien auch in Sparzeiten sinnvoll: „Wir müssen sparen und intelligenter investieren in solche Projekte, wie sie hier sind. Das schafft heute Arbeitsplätze und morgen ein umweltfreundliches Verkehrsmittel, das dafür sorgen wird, dass unsere Kinder in Österreich auch noch Luft zum Atmen haben und wir nicht die Lkw-Lawinen auf den Straßen haben“, so Bures.

Spatenstich Semmering

APA/Georg Hochmuth

von links: ÖBB-Vorstand Christian Kern, LH Franz Voves, LH Erwin Pröll und BM Doris Bures in Gloggnitz

Pröll: „Ghega-Strecke bleibt in Zukunft aufrecht“

Niederösterreich hatte den ursprünglichen Semmering-Basistunnel jahrelang blockiert, der neue Bahntunnel sei ein völlig anderes Projekt, betonte Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), die neue Trassenführung sei umweltfreundlich und erfülle die wasserrechtlichen Bestimmungen.

„Und auf der zweiten Seite ist der Tunnel mittlerweile zweiröhrig geplant, ein ganz wesentlicher Sicherheitsaspekt, und auf der dritten Seite ist innerhalb dieser gesamten Konzeption klargestellt, dass die Ghega-Strecke auch in Zukunft aufrecht bleibt. Das ist für uns auch vom touristischen her etwas ganz Wichtiges“, sagte Pröll.

Voves: „Unglaubliche Vorteile für Standort“

Für die Steiermark sei der neue Bahntunnel von überragender Bedeutung, sagte der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ): „Diese Südbahn bedeutet natürlich für Niederösterreich, aber insbesondere auch für die exportorientierte Industrie in der Steiermark unglaubliche Vorteile für die nächsten Generationen und für den gesamten Standort. Das heißt, die Erreichbarkeit wird eine ganz andere sein, die Transportwege und –zeiten für unsere Wirtschaft werden ganz andere sein“, so Voves.

Der Semmering-Bahntunnel soll in zwölf Jahren, bis 2024, fertiggestellt sein.