Shakespeare hinter Gittern

Über eine Theaterrolle nachzudenken sei vielleicht leichter, als über das eigene Leben nachzudenken: Inhaftierte Jugendliche spielen deshalb innerhalb der Justizanstalten Theater und fangen an, sich mit Shakespeare auseinanderzusetzen.

Die Gefängnismauern sind hoch, die Zellen klein und der Alltag, der ist trist. Letzeres versucht man in der Justizanstalt Gerasdorf zu ändern. Hier sitzen jugendliche Straftäter, wegen Diebstahls, Körperverletzung, Raubes oder auch wegen Mordes ihre Strafe ab.

Doch wenn man sich mit ihnen beschäftigt, werden die Häftlinge zu anderen Menschen, heißt es. Das haben sieben Burschen und drei Frauen der Anstalt Gerasdorf aus Schwarzau auf der Bühne der Jugendstrafvollzugsanstalt gezeigt.

Mehr Selbstbewusstsein durch die Bühne

Das Stück „Ein Sommernachtstraum“ von William Shakespeare wird zwar nur hinter den Gefängnismauern aufgeführt, dennoch hat es eine große Wirkung. Es bringe einerseits Selbstbewusstsein, andererseits aber auch Teamgeist. Es sei gut, gemeinsam an etwas zu arbeiten und dabei zu bleiben im Sinne von Durchzuhalten, sich gegenseitig zu unterstützen, sagt der Leiter der Justizanstalt Schwarzau Gottfried Neuberger.

Bühne

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Jugendliche Straftäter spielen Gefängnis.

Eine therapeutische Wirkung kann auch die Leiterin der Justizanstalt Gerasdorf erkennen. „Die Jugendlichen müssen sich in eine Rolle hineinversetzen die sie vielleicht in ihrem Leben auch spielen. Aber nachdenken über die Rolle ist vielleicht leichter als nachzudenken über sich selbst“, sagt Margitta Neuberger-Essenther.

TV-Hinweis: „Theater hinter Gittern“, zu sehen in „NÖ heute“, 19.00 Uhr, ORF 2

Regisseur Manfred Michalke arbeitet mit Randgruppen. Bei seinen Projektpartnern macht er keinen Unterschied. So würde er nie jemanden danach fragen, weshalb er im Gefängnis sitzt, oder wie lange er noch dort ist. Für den Regisseur seien das Fragen, die mit der Ausübung der Rolle auf der Bühne nichts zu tun haben.

„Sympathie mit Menschen hinter den Taten“

Verbrecher einfach wegzusperren, davon hält man sowohl in Gerasdorf als auch in Schwarzau nichts. „Ich habe auch keine Sympathie mit der Tat, aber ich habe Sympathie mit den Menschen hinter der Tat, die oft eine furchtbare Geschichte haben. Das entschuldigt nicht, aber man versteht oft, wie so etwas Furchtbares passieren kann. Eines darf man nicht vergessen: Wenn auch manchmal gelacht wird im Gefängnis, lustig ist es nicht“, sagt Anstaltsleiter Gottfried Neuberger.

Vor allem wenn man daran erinnert wird, dass sich die Gefängnistore für Jahre hinter einem geschlossen haben.