Fall Kührer: „Dringender Tatverdacht“

Der Fall Kührer könnte unmittelbar vor einer Lösung stehen. Der am Mittwochabend festgenommende 51-jährige Wiener Michael K. steht für die Ermittler des Bundeskriminalamtes unter dringendem Tatverdacht. Das Alibi des Mannes sei widerlegt worden.

Bisher hatte der Verdächtige behauptet, zum Zeitpunkt des Verschwindens des 16-jährigen Mädchens in Tschechien gewesen zu sein. Die Ermittler könnten aber mittlerweile nachweisen, dass er, als Julia Kührer zuletzt gesehen wurde - nämlich als sie aus einem Bus in Pulkau ausstieg -, mit seinem Handy auf dem Hauptplatz in Pulkau eingeloggt war, sagte der Ermittlungsleiter des Bundeskriminalamts, Ernst Geiger, heute Mittag bei einer Pressekonferenz im Innenministerium in Wien. Außerdem habe die Zusammenarbeit mit der Grenzpolizei ergeben, dass der Mann erst einen Tag später als bisher angegeben in Tschechien eingereist sei.

Ernst Geiger vom Bundeskriminalamt und der niederösterreichische Landespolizeidirektor Franz Prucher anlässlich der Pressekonferenz zum "Fall Kührer"

APA/Helmut Fohringer

Ernst Geiger (li.) vom Bundeskriminalamt und der niederösterreichische Landespolizeidirektor Franz Prucher (re.) informierten über den aktuellen Ermittlungsstand im Fall Kührer

Ermittlungen gehen in Richtung Mord

Die Todesursache lasse sich nicht mehr zu 100 Prozent klären, betonte Geiger. Die Gutachten würden aber aussagen, dass der Tod des Mädchens „nicht bloß fahrlässig oder eigenverschuldet eingetreten ist“. Die Ermittlungen gehen in Richtung Mord, so Geiger. K., der weiterhin nicht geständig sei, sei „von Anfang an der Hauptverdächtige“ gewesen, erinnerte Geiger. Er sei Anfang Juli 2011 enthaftet worden, weil es keinen Sachbeweis gegeben habe. Die Verantwortung des Wieners habe nicht widerlegt werden können.

Die Ermittlungen seien freilich weitergeführt worden. So sei es - neben dem Sachbeweis - nun gelungen, das Alibi des Mannes sehr wohl zu widerlegen, betonte Geiger. So sei K. am Tag des Verschwindens von Kührer nicht in Tschechien gewesen. Sein Handy sei in seiner damaligen Videothek in Pulkau eingeloggt gewesen. Jugendliche seien in dem Lokal ein- und ausgegangen, hätten Getränke und auch Suchtmittel konsumiert. Es gebe viele Aussagen, die den behaupteten losen Kontakt des Verdächtigen mit Kührer widerlegen würden, sagte Geiger.

DNA-Analyse in Anlehnung an deutschen Mordfall

Mit der DNA-Spur des Verdächtigen auf einer Decke, in die Kührers Leiche eingewickelt war, gebe es nun einen ersten Sachbeweis, so der Kriminalist in der Pressekonferenz mit Niederösterreichs Landespolizeidirektor Franz Prucher. Für diesen Sachbeweis kam den Ermittlern der Erfahrungsaustausch mit deutschen Kollegen, konkret mit dem Landeskriminalamt Hessen, zugute. Im Mordfall Mirco sei eine sehr aufwendige Hauptschuppenanalyse durchgeführt worden und habe zum Erfolg geführt.

Die Durchführung einer derartigen DNA-Analyse sei daraufhin auch bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg angeregt und letztlich in Mödling durchgeführt worden. Ergebnis, so Geiger: „15 von 16 Merkmalspuren stimmten mit dem Profil des Verdächtigen überein.“ Die Folge war die - neuerliche - Festnahme von K. am Mittwoch gegen 18.00 Uhr - mehr dazu in Fall Kührer: Verdächtiger erneut verhaftet.

Die Einvernahme des Beschuldigten dauerte am Donnerstag an, sagte Geiger. Es gebe noch kein Geständnis, der Mann streite alles ab. Auch der Anwalt des Verdächtigen meldete sich bereits zu Wort. Sein Mandant habe mit dem Ableben Kührers „nichts zu tun“ - mehr dazu in Kührer-Anwalt: DNA-Spur „sagt noch nichts“. Am Freitagabend soll der Verdächtige nach Angaben von Geiger ins Landesgericht Korneuburg eingeliefert werden.

Elternanwalt sieht möglichen Durchbruch

Die Schülerin aus Pulkau im Weinviertel war seit 27. Juni 2006 abgängig gewesen. Am 30. Juni 2011 wurden ihre sterblichen Überreste in einem Erdkeller in Dietmannsdorf (Bezirk Hollabrunn) entdeckt.

Gerald Ganzger, der als Anwalt die Eltern von Julia Kührer vertritt, sieht in der Festnahme des Verdächtigen einen möglichen Durchbruch in dem Fall. Es sei freilich noch „zu früh, es zu beurteilen“, sagte er Donnerstagvormittag zur APA. Die DNA-Spur auf der Decke sei jedenfalls ein „sehr wichtiges, möglicherweise entscheidendes Indiz, das gefunden worden ist“.

Grafik mit Chronologie zum Verschwinden von Julia Kührer

APA/Margret Schmitt

Links: