Dritte Piste: Sammelklage wird vorbereitet

Die Gegner einer dritten Piste für den Flughafen Schwechat wollen im Sommer eine Sammelklage einbringen, um das Projekt zu verhindern. Sie befürchten Gesundheitsschäden und eine Wertminderung der Häuser.

Die Gegner der dritten Piste auf dem Flughafen Wien-Schwechat bringen sich in Stellung. Mehr als 200 Personen haben Interesse an der Teilnahme an einer Sammelklage bekundet, gab Rechtsanwalt Wolfram Proksch, der die betroffenen Anrainer vertritt, am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Wien bekannt.

Klagsgrund sind drohende Gesundheitsschäden durch den Bau der Piste sowie Wertverluste von Liegenschaften. Proksch will die ersten Klagen im Sommer einbringen. Gespräche mit Prozessfinanzierungsgesellschaften liefen - mit wem, verriet der Anwalt auch auf Nachfrage nicht.

EuGH stellt Schadenersatz in Aussicht

Basis der nun möglichen Sammelklage ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom März, das Anrainern des Flughafens die Chance auf Schadenersatz wegen einer Wertminderung ihrer Häuser eröffnet. Allerdings müssen sie dazu nachweisen, dass die Tatsache, dass beim Ausbau des Flughafens keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt wurde, Ursache für die Wertminderung ihres Eigentums ist.

Grundsätzlich muss die UVP nicht eine Wertminderung von Liegenschaften im Umkreis des Flughafens beurteilen, sondern die Auswirkung von Lärm auf Menschen, so der EuGH in dem im März veröffentlichten Urteil (C-420/11). Allerdings schützt die EU-Richtlinie „Vermögensschäden, soweit sie die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen von Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt sind“. Außerdem weist das Gericht der EU darauf hin, dass es einen Rechtsanspruch auf die UVP gibt, der in diesem Fall nicht erfüllt wurde.

Der EuGH wurde vom Obersten Gerichtshof (OGH) mit der Situation auf dem Flughafen Wien befasst. Der Flughafen wurde seit 1995 mehrmals erweitert, ohne dass es eine UVP gab. Die Anrainerin Jutta Leth, Obfrau eines Dachverbandes von Bürgerinitiativen, hat über ihren Anwalt Proksch wegen Wertminderung ihres Hauses - das sie schon lange vor 1995 bewohnt hat - die Republik auf 120.000 Euro Schadenersatz geklagt. Der OGH hat dann den EuGH um Auslegung von EU-Recht in Zusammenhang mit diesem Fall gebeten.

Zwölf Mio. Euro Gesundheitskosten

Erneut wiesen die Bürgerinitiativen heute auf die gesundheitlichen Schäden in Zusammenhang mit dem Bau der dritten Piste hin. Durch den geplanten Ausbau seien statt der derzeit 240.000 Flugbewegungen pro Jahr bis zum Jahr 2030 etwa 460.000 über Wien und dem Umland geplant. Dabei würden 330.000 Tonnen Kerosin verbrannt, wovon rund 500.000 Menschen in Wien und Niederösterreich betroffen wären.

Allein die Lärmbelastung aufgrund des fehlenden Nachtflugverbots berge zahlreiche Erkrankungsrisiken - wie Herz- und Kreislauferkrankungen, Schlafstörungen oder Depressionen. Martin Tögel von der Bürgerinitiative Liesing sprach von jährlichen Gesundheitskosten in der Höhe von zwölf Mio. Euro, die der Fluglärm alleine in Liesing, Breitenfurt und Perchtoldsdorf verursacht.

Der von den Bürgerinitiativen eingesetzte Immobilienexperte Eduard Issel wies einmal mehr auf den Wertverlust der vom Fluglärm belasteten Gebiete hin. Die Preise für Eigentumswohnungen in nicht belasteten Gebieten seien älteren Daten zufolge um rund zehn Prozent höher.

Flughafen: Studie spricht von Wertsteigerung

Flughafensprecher Peter Kleemann kann die Vorwürfe der Wertminderung und der Gesundheitsbeeinträchtigung nicht nachvollziehen. Von Wertminderung könne keine Rede sein, denn in einer jüngst veröffentlichten Studie ist in diesen Bereichen - etwa in Zwölfaxing - von Wertsteigerungen der Grundstücke in der letzten Zeit die Rede. Die Quadratmeterpreise lägen in Schwechat bei 290 bis 340 Euro je Quadratmeter und in Zwölfaxing bei 200 bis 255 Euro „mit steigender Tendenz“, heißt es in einer Aussendung.

Es sei „geradezu absurd“, zu verlangen, dass „es einer UVP bedurft hätte, dass jemand, der in Zwölfaxing lebt, erfährt, dass es hier Flugverkehr gibt“. Es habe für alle in den Nachbargemeinden klar sein müssen, dass der Flughafen wächst. Auch habe der Flughafen „alle zum damaligen Zeitpunkt von der Behörde geforderten Genehmigungen und Auflagen eingeholt und erfüllt“ und auf Wunsch der EU-Kommission für manche Projektteile einen Ex-post-Umweltverträglichkeitsbericht vorgelegt.

Es habe außerdem das europaweit größte Mediationsverfahren, das mehrere Jahre dauerte, gegeben, in dem sich zahlreiche Bürgerinitiativen eingebracht hätten. Jetzt seien es wieder andere Bürgerinitiativen, die diese Klage vorbereiten, so Kleemann. Außerdem laufe derzeit eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die dritte Piste, bei der nicht nur die Piste, sondern auch alle anderen Elemente des Systems Flughafen geprüft werden.

Links: